Nixon

Review aus The Film Music Journal No. 5/6, 1996

Oliver Stones Porträt über einen der meistgehassten Präsidenten der USA, von seinen Kindheits-Jahren bis zu seinem skandalösen Abgang. Grandios gespielt von Anthony Hopkins in seiner ohne Zweifel beeindruckendsten Phase. Der weitere Cast hört sich wie ein Who’s-who Hollywoods an: Powers Boothe, Joan Allen, Ed Harris, Bob Hoskins, E.G. Marshall, Paul Sorvino, J.T. Walsh, Mary Steenburgen, James Woods, Kevin Dunn, Larry Hagman, David Hyde Pierce u.a., alles agieren sie auf höchstem Niveau. Der über drei Stunden dauernde Film zeigt eindringlich und packend die letzten Monate und Tage eines Präsidenten, der sich stets bemühte beliebt zu sein, aber nie richtig an sein Volk herankam – und doch ein zweites Mal gewählt wurde. Mit nur 13 Millionen Einspielergebnis an den US-Kinokassen floppte das 44 Millionen Dollar Werk allerdings heftig – und bei uns war die Story um diesen Präsidenten damals scheinbar eher unbekannt und wenig anziehend. Vier Oscar-Nominationen setzte es ab: Anthony Hopkins, Joan Allen, Drehbuch und John Williams’ Musik.

NIXON (1995) beginnt furios: «The 1960’s: The Turbulent Years» ist ein bemerkenswertes Feuerwerk an orchestraler Vielfalt und Kraft. John Williams setzt Trompeten, Posaunen und Hörner mit tosenden Kesselpauken und Becken ein. Für mich ein grandioses Startstück von Williams, eines seiner Besten seit einiger Zeit. «Main Title… The White House Gate» darf als massgebend für den gesamten Score betrachtet werden. Dunkel, schwermütig, bedrückend – auch wenn mit dem Trompetensolo von Tim Morrison in «Growing Up in Whittier» ein befreiendes, melancholisches Gefühl aufkommt. «The Elsberg Break-in and Watergate» wird von einer düster dramatischen Stimmung umgeben. Kurze Reminiszenzen aus JFK (1991, «The Conspirators» und JURASSIC PARK (1993) werden geweckt – hier setzt Williams auch vermehrt Synthesizer ein.

In «Love Field: Dallas, November 1963» wendet der Komponist ein Klavierostinato an, um eine spannend unheimliche Atmosphäre zu erschaffen. Ausserdem arbeitet Williams mit drängenden Disharmonien und Clustern. Leider wird der Hörfluss der CD durch das traditionelle «The Battle Hymn of the Republic» gestört, weshalb vorwärts skippen oder rausprogrammieren angesagt sind. «Making a Comeback» verwendet Variationen des «Growing Up in Whittier»-Themas, diesmal ohne Trompete und mit merklich gedämpftem Optimismus ausgestattet («The Farewell Scene»). Erst in «Track 2 and the Bay of Pigs» taucht das NIXON-Thema aus der Einführung wieder in aller Deutlichkeit auf (Posaunen, Röhrenglocken, Staccati des tiefen Blechs und tiefe Holzbläser). «The Miami Convention, 1968» bedient sich ebenfalls in markanter Weise des Hauptthemas, ausgeprägter präsentiert als im vorhergehenden Stück.

NIXON ist ein beeindruckendes Werk der düster prickelnden, spannend brodelnden Marke aus John Williams’ Feder. Eine der feinsten Kompositionen des grossen Filmmusiker im bisher andauernden Jahrzehnt.

Mit der CD wird ein CD-ROM Teil geliefert, auf dem Interviews mit Regisseur Oliver Stone und John Williams zu sehen sind. Funktioniert nur unter Windows und natürlich mit CD-ROM Player.

Mehr zu NIXON gibt es im Artikel Ein Woche mit US-Präsidenten.

Phil 1996

 

NIXON

John Williams

Hollywood Records

68:13 Min.
13 Tracks