Jurassic Park

Der Film mit der Ziege. Die T-Rex-Ausbruch-Szene: Gerade dort auf Filmmusik komplett zu verzichten ist schlicht groß (und wenn man Maestro Williams an Bord hat, sowieso). Dieser Live-Action/VFX-T-Rex (bei der Attacke auf die Kinder im stehen gebliebenen Geländewagen) strotzt wahrlich vor Präsenz, schnauft, brüllt und zerdeppert Blech.

Auf dem MCA-Album zu verschmerzen: Fehlen vom quirligen Track zum etwas albernen Mr. DNA-Lehrfilm – Hammond selbst orakelt ja, dass der nur ein Temp-Track war und noch gegen einen Marsch („Rummpummpumm…“) ausgetauscht wird. Dann läuft die Tour auch schon weiter.

Kurios, ein dicker Location/Logik-Bruch: Dort, wo der T-Rex den geschroteten Geländewagen einen tiefen Abgrund hinunter stößt, lag einige Sekunden zuvor noch das T-Rex-Gehege – mit Ziege und viel Grün drumherum. Nun ja, dass die Ziege weg ist hat jedenfalls Logik.

Musik-Feeling lässt vermuten, dass man sich im letzten Popcorn-Film vor SCHINDLER’S LIST (1993) unlimited austoben wollte. Das gelang streckenweise und war sicher wichtig. „Opening Titles“ wird, jedenfalls auf CD, ein recht sonderbarer Track bleiben, im Film läuft der besser durch. Phantastisch dagegen:

Track 4, „Journey To The Island“: Meer, Helikopter, Weite, Williams. So reist es sich gern. Wie eine Mücke zischt der in-Gen-Heli mit Parkgründer Hammond (Richard Attenborough), Experten (Sam Neill, Jeff Goldblum, Laura Dern) und Erbsenzähler Gennaro (Martin Ferrero) an Bord durchs Insel-Panorama. Nach der Landung empfängt man die Reisenden in Pastell-Polohemden – auf den Jeep-Türen prangt das Jurassic Park-Logo (der zuständige Grafiker ist ganz sicher bei Amblin Entertainment seinerzeit zum „Mitarbeiter des Monats auf Lebenszeit“ ernannt worden). Dann verriegeln schon die Polohemden die 10.000-Volt-Zäune. Beide Jeeps halten auf einer Wiese, es könnte ein Golfplatz sein. Erhaben, einfach nur erhaben – Auftritt: Brachiosaurier, Herdentiere. Optisch für `93er-Sehgewohnheiten fein gemacht – jedoch: Ohne Komponisten-Dino Williams wäre alles nur halb so schön. Dieser Track sollte Standard bei jedem Hubschrauber-Flug werden.

Track 1, „Opening Titles“: Einer der ungewöhnlichsten Williams-Tracks – seit Williams. Synthe-„Points“, „E-Geisterchor“, Flötentöne.

Track 3, „Incident At Isla Nublar“: Nicht die Filmversion. Dramatisch dennoch. Zu brummigen Suspense-Sounds knackt und birst es im Geäst. Angespannte Park-Security-Mannschaft – Elektroschocker und Gewehre tragen die hier nicht aus Gaudi. Der Gabelstapler arbeitet sich zur Andock-Station hindurch, seine Last wiegt schwer – ein klobiger Käfig, Inhalt: Möchte man gar nicht wissen. Es kommt zum Schlimmsten, ein Mensch stürzt, gerät in die Fänge vom angestachelten Dino. Panik, Feuer frei. Wie chancenlos wir wären, ist sofort bewiesen. Inferno aus Elektroschocker-Funken, Schüssen, Schreien, bissigen Dino-Augen und John-Williams-Action. Das Opfer wird umher gerissen – Jagdaufseher Muldoon (Bob Peck) ruft immer wieder: „Erschießt ihn!“ Bis heute ein Rätsel, ob Muldoon diese Bestie im Käfig meinte – oder endlich Erlösung seines verwundeten Security-Kollegen (niemand konnte den Mann retten) forderte.

Track 6, „Hatching Baby Raptor“: Koppelung zweier Stücke, die im Film so nicht zu hören sind. Eine Priese ALWAYS (1990) und eine gute Kelle Suspense – Hammond und seine Experten sind beim Schlüpfen eines von in-Gen gezüchteten Velociraptors dabei.

Track 7, „Welcome To Jurassic Park“: Dieses Stück nähert sich dem Movie-Outro an (und könnte „End Credits“ heißen). Seichtes Klavier, friedliches Theme (wie schön nach all dem Chaos, hier mit im rettenden Heli zu sitzen). Das vom Baumharz umgebene Insekt, Hammond als geschlagener Träumer, schlafende Kids, Sonne, Meer, Zugvögel. Der Heli wird immer winziger. Etwas, was nach Spinnweben vor dem Kamera-Objektiv aussieht, glitzert im Sonnenlicht. Spielberg-Mission: Auferstehung der Dinosaurier – erfüllt.

Track 9, „Dennis Steals The Embryo“: Teilweise JFK (1992)-Touch, Panflöten-Verunsicherung, E-Grusel. Der fette Hacker und Verräter Dennis (Wayne Knight) macht für Geld alles. Lebend wird der wohl nicht runter gelangen, von dieser Insel.

Track 12, „Remembering Petticoat Lane“: Damit kann man Babys einschlummern lassen. Tischszene mit Hammond, Dr. Sattler (Laura Dern) und Eiscreme. Der Parkgründer sinniert wehmütig zurück, trauert seinem Flohzirkus hinterher – in jungen Jahren beglückte Hammond viele Kinderaugen. Wer ältere Männer nicht traurig sehen mag, sollte rüber switchen – gleich zu Track 13.

Track 13, „Jurassic Park Gate“: Zeigt den Tour-Start des Experten-Teams, hinein in Hammonds Reich, mit Geländewagen-Autopilot, mächtigem Fackeltor, Dschungel-Percussion und Jurassic Park-Theme.

(20th-Anniversary-Download: 4 weitere Tracks, insgesamt 11 Min. Mit dabei: „Stalling Around“, eben jener „Temp-Track“ zum Mr. DNA-Lehrfilm. Und endlich auch die „History Lession“, typische Spielberg-Kid-Szene, die mal wieder zeigt wie ausgefuchst bohrende Kinder-Fragen in gestandenen Wissenschaftler-Ohren klingen. „Hungry Raptor“ und „The Coming Storm“ erklären sich von selbst.)

Manfred Schreiber, 4.9.2015

JURASSIC PARK

John Williams

MCA 008811085926

70:23 Min. / 16 Tracks

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