von Phil Blumenthal
Die 70er Jahre waren die Meisterjahre des Steven Spielberg. Nach seinen Lehrjahren im TV und der ersten Prüfung mit SUGARLAND EXPRESS (1974) folgten die Erfolge mit JAWS (1975) und CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (1977), dem stets als Riesenflop verschrienen, völlig überdrehten 1941 (1979; mit immerhin weltweit 92 Mio. $ und in den USA $31 Mio.) ehe er in den 80ern mit RAIDERS OF THE LOST ARK (1981) und E.T. – THE EXTRA-TERRESTRIAL (1982) endgültig Filmgeschichte schrieb. Diese Zeit war es auch, in der Spielberg mit seiner Filmschmiede Amblin (ursprünglich bereits 1970 gegründet), zu der Kathleen Kennedy und Frank Marshall stiessen, begann Filme zu produzieren, bei denen er nicht selber Regie führte. Es war ein grosser Traum des gerne träumenden Filmemachers, talentierten Regisseuren und Drehbuchautoren «ein Zuhause» zu geben. Als Production Company landete man mit GREMLINS einen Riesenhit. Es war der etwas verspätete Start in eine unvergessliche Phase mit tollen und weniger gelungenen Produktionen und eine Zeit, in der mich «Executive Produced by Steven Spielberg» Filme regelmässig in die Kinos zogen. Diese kleine Serie soll sich denn auch nur um Produktionen drehen, bei denen Spielberg manchmal mehr, manchmal weniger Einfluss hatte – und natürlich kommen die zugehörigen Scores nicht zu kurz.
Im ersten Teil befasse ich mich vorwiegend mit der Blütezeit und den zweifellos bekanntesten Titeln aus der Spielberg beziehungsweise Amblin Produktionsstätte. Es war eine unglaubliche Zeit, in der alleine von 1984 bis 1987 zwölf (12!) Filme in die Kinos kamen – nebst Spielbergs eigenen Streifen, bei denen er auf dem Regiestuhl sass (INDIANA JONES AND TEMPLE OF DOOM, 1984; THE COLOR PURPLE, 1985; THE EMPIRE OF THE SUN, 1987 und zwei Episoden seiner AMAZING STORIES Serie, 1985) und drauf und dran war einen Schritt zum «ernsthaften» Film zu unternehmen.
Talente und gestandene Regisseure wie Richard Donner, Joe Dante, Robert Zemeckis oder Barry Levinson standen hinter der Kamera. Chris Columbus wurde zu einem der gefragtesten Drehbuchautoren. Bruce Broughton, Dave Grusin, James Horner, Alan Silvestri oder Jerry Goldsmith setzten hinter Notenpapier. Heute erscheint eine solche Phase kaum mehr vorstellbar und irgendwie gibt es auch keine Bezeichnung, die diese Zeit treffend zusammenfasst. Es gab das Golden Age, man fand das Silver Age… Bronzezeit ist, wie wir wissen, einer anderen geschichtlichen Phase zuzuordnen. Ich nenne sie einfach die Spielberg-Zeit, in der Fantasien, Träume und magische Kindheitsnostalgien befuttert wurden.
I WANNA HOLD YOUR HAND (1979), USED CARS (1980) und CONINENTAL DIVIDE (1981) seien hier kurz, der Vollständigkeit halber aufgeführt. Einerseits waren sie noch keine «richtigen» Amblin Produktionen, andererseits erhielt zumindest eine davon keinen Score.
I WANNA HOLD YOUR HAND begleitet Freundinnen, unter anderem gespielt von Nancy Allen und Paul Newmans Tochter Susan Kendall Newman und drei Jungs bei ihrem Vorhaben, die Beatles, die damals (1964) für einen Riesenaufruhr in New York sorgten, in deren Hotel zu begegnen und sie in der Ed Sullivan Show zu sehen. Es herrschte eben Beatlemania! Robert Zemeckis führte Regie und schrieb mit Bob Gale das Buch dieser Komödie, deren kleines Geheimnis es ist, dass die Beatles zwar da aber doch nie zu sehen sind. Leider wollte kaum jemand Zemeckis Filmerstling gucken gehen und I WANNA HOLD YOUR HAND schaffte es nicht sein kleines Budget von 2.8 Mio. $ einzuspielen. Auf der Haben-Seite kommt zu stehen: Es war mit 1941 der Start einer fruchtvollen Zusammenarbeit zwischen Spielberg und Zemeckis. Der Film enthält natürlich Songs von den Beatles und keinen Score. Universal stimmte übrigens nur zu, Zemeckis als Regisseur anzuheuern, wenn Spielberg, sollte das «Experiment» misslingen, die Regie übernehmen würde – was konnte man schon verlieren? Vier der Schauspieler in I WANHA HOLD YOUR HAND sollten in 1941 ebenfalls Rollen erhalten.
USED CARS wurde ebenfalls von Robert Zemeckis inszeniert. Ein sinnfreier Klamauk mit Jeff Bridges und Jack Warden als verbittert konkurrierende Gebrauchtwagenhändler. Geschnitten wurde USED CARS von Spielberg-Begleiter Michael Kahn, für die Musik sorgte Patrick Williams (STEETS OF SAN FRANCISCO), der einen Score von Ernest Gold ersetzte. Obwohl der Film hervorragende Ergebnisse bei Testscreenings erhielt, schaffte es Columbia nicht USED CARS mit der benötigten Publicity zu unterstützen, was zusammen mit einem schlecht getimten Starttermin mit zum schlechten Einspielergebnis an den Kinokassen führte. 2013 veröffentlichte La-La Land Records ein Album mit Patrick Williams’ Musik, auch Ernest Golds Komposition ist auf dieser CD enthalten.
Nicht viel besser als obigen Produktionen erging es dem von Lawrence Kasdan geschriebenen und von Michael Apted in Szene gesetzten CONTINENTAL DIVIDE. James Belushi spielt einen Reporter, der sich mit dem Mob in Chicago anlegt. Der Verleger schickt ihn nach einem Anschlag auf sein Leben in die Rockys, um über eine «Adlerforscherin», gespielt von Blair Brown, zu berichten – aber vor allem, um Ernie aus der Schusslinie zu nehmen. Es kommt wie es kommen muss, die beiden so unterschiedlichen Typen finden zusammen. Obwohl Kasdans Script (der im gleichen Jahr mit seinem Drehbuch zu THE EMPIRE STRIKES BACK, 1981, vertreten war) von mehreren Studios umworben wurde und mit John Belushi einen der damals bestbezahlten Stars in Hollywood portierte, floppte der von John Bailey (SILVERADO; 1985) fotografierte Film. Es war der zweitletzte Streifen mit John Belushi, der 1982 an einer Überdosis Heroin und Kokain starb. Er wurde nur 33 Jahre alt.
Für die Musik sorgte mit Michael Small ein Komponist, der den 70er-Jahre-Thriller mit seiner Musik mitprägte. Ein Tonträger mit seinem Score ist bisher nicht erschienen.
Joe Dante tauchte mit dem JAWS-Nachahmer PIRANHA (1978) und THE HOWLING (1981) auf Steven Spielbergs Radar auf, doch in Sachen GREMLINS (1984)war es zunächst das Drehbuch von Chris Columbus, das auf Spielbergs Pult landete und in dem er eine ideale Möglichkeit als Startfilm von Amblin Entertainment sah. Columbus Buch war weitaus gruseliger und erhielt erst durch Dante und Spielberg seinen schwarzhumorigen und Altersgrenze senkenden Touch. Von Spielberg stammt unter anderem die Idee Gizmo nicht in den fiesen Obergremlin verwandeln zu lassen, sondern die Knuddeligkeit in Person den Film durchstehen und zum finalen Helden werden zu lassen. Bis heute ist Gizmo eine beliebtes «Plüschtierchen», bei alt und jung. Die menschlichen Helden, Billy und Kate, wurden von 13-jährigen zu berufstätigen, jungen Erwachsenen (Spielberg wollte weniger Parallelen zu E.T.), weshalb die etwas spezielle Situation entsteht, dass Billy nach wie vor bei seinen Eltern in einem mit Spielzeug vollgestopften «Kinderzimmer» wohnt. All die Änderungen am Drehbuch hatten eine Verschiebung der Dreharbeiten zur Auswirkung, weshalb Joe Dantes «It’s a Good Life» Episode für TWILIGTH ZONE-THE MOVIE (1983) seine erste Arbeit für Steven Spielberg war.
GREMLINS forderte seine Macher rund 10 Jahre ehe Computereffekte mit JURASSIC PARK (1993) langsam, aber sicher begannen die Filmwelt zu erobern. Um die 100 Gremlinspuppen mussten gefertigt und bewegt werden können. Effektezauberer Chris Walas begann mit den Arbeiten sieben Monate vor dem ersten Dreh und konnte auf das Wissen zurückgreifen, das man mit E.T. oder Walas’ Arbeiten an AN AMERICAN WEREWOLF IN AMERICA erlangte.
Es spielen Zach Galligan, Phoebe Cates, Corey Feldman und in einer kleineren Rolle Dick Miller, der in vielen Dante Filmen besetzt wurde.
Der Film beginnt in Chinatown, wo Papa Peltzer ein besonderes Geschenk für seinen Sohn Billy sucht. Er kauft einen geheimnisvollen Mogwai und übergibt ihn mit den dazugehörigen Warnhinweisen: Keinen Kontakt mit Wasser! Nie nach Mitternacht füttern! Nie dem Sonnenlicht aussetzen! Klar, dass das auch schon der Hinweis ist, was auf uns und die Bewohner des idyllischen Städtchens Kingston Falls zukommen wird. Denn genau das geschieht… Gizmo wird nass und «gebärt» eine Hand voll übler «Gizmo-Jungen», die sich schliesslich wegen einer stehen gebliebenen Uhr und der darauf folgenden Fütterung nach Mitternacht zu fiesen grünen, mit messerscharfen Krallen und Zähnen ausgestatteten Monstern entwickeln. Zunächst wird das Peltzer Haus heimgesucht, trotz erfolgreicher Gegenwehr von Mutter Peltzer, deren abgebrühte Killermethoden mit Mikrowelle, Küchenhäcksler und Messer unvergessen bleiben (wie auch der Angriff auf die gemeine Mrs. Deagle) und danach fällt der ganze Ort in die Hände der kleinen Monster.
In den USA spielte GREMLINS 150 Millionen $ ein, weltweit kam er auf ca. 200 Millionen. Joe Dante und Chris Columbus fanden sich in der A-Liste Hollywoods wieder und eine ganze Horde (pardon the pun!) an «Executive Producer» Filmen aus Spielbergs und Amblins Schmiede war geboren. Nicht zu vergessen, dass GREMLINS der erste Amblin Film war, der den unvermeidbaren «Steven Spielberg presents» Stempel trug.
Bereits mit TWILIGTH ZONE-THE MOVIE begann eine wunderbare Zweisamkeit zwischen Jerry Goldsmith und Joe Dante, die bis kurz vor des Komponisten Tod nach LOONEY TUNES: BACK IN ACTION (2003) reichte. Auf Goldsmith griff Steven Spielberg zwei Jahre vor GREMLINS bei POLTERGEIST (1982) zurück, wie wir alle wissen ebenfalls ein von Spielberg produzierter Film, bei dem er aber weit mehr Einfluss nahm. Dante war ein Fan von Goldsmith und die Zusammenarbeit an «It’s a Good Life» verlief bestens, also war der Schritt den Komponisten auch für GREMLINS (1984) zu engagieren ein kleiner. Dante servierte Goldsmith ein Stück temp music, das zu einem Injoke wurde: Berndard Herrmanns THE TROUBLE WITH HARRY. Goldsmith, nie ein Freund dieser temp tracks, schrieb seine eigene Version, die als Billys Thema zu hören ist. Gizmo gab er eine eigene, zuckersüsse Melodie, die der kleine Wicht im Film auch gleich selber singt. Ein weiteres Element war das schräge Motiv für die fiese «Dorfhexe» Mrs. Deagle und natürlich unvergessen, der Gremlins-Rag, neben Gizmos Thema sicherlich der bleibende musikalische Teil des Scores. Goldsmith empfand eine Verbindung von Synthesizer und Orchester ideal, um die Filme von Joe Dante zu untermalen. GREMLINS und das Sequel waren dabei zweifellos die Highlights und zu jener Zeit nicht für jeden Filmmusikgeschmack geschaffen. Längst aber ist GREMLINS, Film wie auch Musik, zum Klassiker geworden, der im Hause Phil eigentlich jede Weihnacht seine Aufwartung macht. Auch, aber nicht nur, um einen kurzen Blick auf Jerry mit Cowboyhut in der Telefonkabine zu erhaschen. Veröffentlicht wurde GREMLINS seinerzeit auf einer Kurz-LP bei Geffen mit 30 Minuten Laufzeit und vier Stücken von Goldsmith. Lange mussten die Fans warten bis Film Score Monthly in seiner Retrograde Reihe den kompletten, sehnsüchtig erwarteten Score veröffentlichte (und dazu auf CD 2 auch das alte Geffen Album).
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FANDANGO? Ja, tatsächlich. FANDANGO (1985) ist ein «executive produced by» Spielberg Film, allerdings wird er «uncredited», also ungenannt geführt. Aber eigentlich enthält der Film genügend Spielberg’sche Attribute, um hier aufgeführt zu werden, so lautet doch eine Dialogzeile: «Wir sind aber keine Jugendlichen mehr, Peter Pan», die Judd Nelson zu Kevin Costner sagt und ihn daran erinnert, dass es an der Zeit ist Verantwortung zu übernehmen. Es ist der erste Film, der unter Amblin Entertainment geführt wird. So kam es dazu: Kevin Reynolds, eigentlich Anwalt, dem es im Job zu langweilig wurde, schickte seinen Studentenfilm PROOF an Steven Spielberg und wurde eines Tages aus einer Vorlesung in das Büro eines Dozenten zitiert, Spielberg wolle ihn sehen. Zwei Tage später hatte Reynolds einen Vertrag im Sack, um einen Film zu schreiben und selber zu inszenieren. Was wie ein Märchen klingt, hat für Kevin Reynolds zu einer Karriere voller Probleme geführt. Warner gefiel Reynolds erste Schnittfassung nicht, FANDANGO selber geriet zum Flop und es dauerte einige Jahre ehe er THE BEAST (1988) fertig stellen konnte, dem ebenfalls kein Erfolg beschieden war. Erst mit ROBIN HOOD: PRINCE OF THIEVES (1991) und dank der Freundschaft zu Kevin Costner gelang der Durchbruch. Es war seine erste Arbeit als Regisseur ohne grosse Einwirkung auf Drehbuch und Produktion selber, die ihn in ein enges Korsett zwängte und ihn auch beinahe den Job kostete. Sein nächster Film RAPA NUI (1994) floppte wiederum und die bestens bekannten Probleme bei WATERWORLD (1995) führten zum Ende einer Freundschaft.
Das Road Movie FANDANGO erzählt episodenhaft von fünf Freunden, den «Groovers», die sich 1971 nach einer Party in ihrem Verbindungshaus zu einem Trip durch Texas aufmachen, um ihre letzten «freien» Tage zu erleben. Kenneth, der bald heiraten wird (ausgerechnet die Ex-Freundin seines besten Freundes) und Gardner wurden in die Armee aufgeboten.
In beeindruckenden Bildern aus einer Mischung aus Enge (die Szenen im Auto) und überbordender Weite (Texas…) zeigt Reynolds eine Geschichte voller Melancholie, nostalgischen Noten aber auch manchmal etwas gar platter Komik.
Wie sehr Spielberg bei FANDANGO Einfluss nahm, ist wenig bekannt – er war damals vor allem mit INDIANA JONES AND THE TEMPLE OF DOOM (1984) absorbiert. Es soll aber zu kreativen Differenzen zwischen Spielberg und Reynolds gekommen sein. Sicherlich können der Bund der Freundschaft, der Sprung der unbeschwerten Jugendlichkeit zum Erwachsenwerden, als bei Steven Spielberg oft verwendete Thematik beschrieben werden, also auch in FANDANGO.
FANDANGO waren Alan Silvestris erster Schritte im Spielberg-Universum, weitere sollten folgen. Doch Reynolds liess hier seine Schere walten: Von den 33 Minuten Musik verblieben lediglich deren 15 Minuten im Film. Weil Reynolds sich in die Musik zu seinem Abschlussfilm PROOF verliebt hatte, verwendete er die dort prominent eingesetzte Musik Schostakowitschs auch in FANDANGO, ausserdem wurden, zeitgemäss, Songs von Steppenwolf, Elton John und weiteren Künstlern eingepflanzt.
Silvestri setzt auf furiose Klänge des Orchesters, platziert aber auch Synthesizer (zum Beispiel in der Traumsequenz, die auf dem Album «Desert Dream» heisst und in der Gardner von seiner Ex-Freundin träumt), hingegen wurden die Elektronika, die in «Road Trip» zu hören sind, aus dem Film gestrichen. Die 2013 von Intrada veröffentlichte CD wurde von den Fans mit Spannung erwartet, stammt die Musik doch aus der früheren Silvestri Phase, in der auch BACK TO THE FUTURE (1985; in FANDANGO unüberhörbar) und ROMANCING THE STONE (1984), des Komponisten Durchbruch, entstanden sind.
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Steven Spielberg war ein Fan von Richard Donners SUPERMAN-THE MOVIE (1978) und brannte darauf, mit dem Regisseur gemeinsam ein Projekt auf die Beine zu stellen. THE GOONIES (1985) sollte es sein, für Warner Bros. produziert (und nicht etwa Universal, auf dessen Areal Amblin sein Gebäude hatte) und von Chris Columbus geschrieben, dem Spielberg, der sich als Original-Goon-Kid bezeichnete, erste Ideen zu THE GOONIES während GREMLINS nahelegte. Columbus kam Wochen später mit einem ersten Entwurf wieder und wurde flugs in den Amblin-Komplex eingemietet, um das Drehbuch zu vollenden.
Richard Donner, dessen «Nightmare at 20’000 Feet» aus der originalen THE TWILIGHT ZONE TV-Serie eine Lieblingsepisode Spielbergs ist – nicht von ungefähr wollte er diese Episode auch in der Kinoverfilmung haben -, holte sich sein Handwerkzeugs mit Fernseharbeiten. 1976 gelang ihm mit THE OMEN der Durchbruch in die Filmwelt, der schliesslich zur schwierigen Produktion mit SUPERMAN-THE MOVIE (1978) führte (während des Drehs zu SUPERMAN II (1980) wurde er gefeuert, seine Version ist allerdings auf Blu-ray erschienen). Es folgte ein milder Erfolg mit LADYHAWKE (1985) und ein Boxoffice-Hit mit LETHAL WEAPON (1987), der gleich zu mehreren Sequels führte.
Nicht einfach gestaltete sich auch die Produktion von THE GOONIES, bei der Spielberg einige Male ein Machtwort sprach und schliesslich auch seine Schnittfassung durchsetzte – ihm stand auch hier Michael Kahn zur Seite. So fiel vor allem die Beziehung des monströsen, aber liebenswürdigen Sloth und des rundlichen Chunk der Schere zum Opfer, aber auch einige Szenen mit Spezialeffekten, die Spielberg zuvor als gut erachtete (unter anderem der Kampf mit einem Riesenkraken, dessen Rausschmiss zu einem ziemlichen «Hoppala» gegen Ende des Films führt). Spielberg soll auch regelmässig am Set aufgetaucht sein, nach Aussagen eines der jugendlichen Darsteller gar jeden Tag – und er soll einige Arbeiten als «second unit director» gedreht haben. Trotzdem scheint Donner gute Erinnerungen an den Film, war er doch bei einigen Reunions mit von der Partie.
So oder so, THE GOONIES ist eine mehr als typische Spielberg-Produktion. Die Goonies sind eine Bande Jungs, die auf dem Dachboden des Hauses von Mikey (Sean Astin), das verkauft werden soll, um daraus einen Country Club zu machen, eine Schatzkarte finden. Zusammen machen sie sich auf, um das Abenteuer ihres Lebens zu erfahren. Doch da gibt es noch die fiesen Fratellis (Robert Davi, Joe Pantoliano und wundervoll: Anne Ramsey), die sich in einem Haus, das den Eingang zum möglichen Schatz darstellt, eingenistet haben und die Goonies rauswerfen. Doch Mouth, Data und Mikey versuchen mit Brand und dessen Freundinnen Andy und Stef erneut den Einstieg, während Chunk von den Fratellis gefangen genommen wird und zu Sloth, einem verunstalteten Riesen, gesperrt wird. Die Goonies müssen mehrere halsbrecherische Fallen überstehen, bis sie endlich zu dem erhofften Schatz auf einem alten Piratenschiff gelangen.
In den Hauptrollen sind Sean Astin, Corey Feldman, Josh Brolin, Martha Plimpton, Jonathan Ke Quan sowie die erwähnten «Fratellis» zu sehen. THE GOONIES wurde in den USA durchaus gut besucht und dort zur Nummer 7 in der Jahreshitliste. In Europa war der Film etwas weniger erfolgreich. Vielen ist er als TEMPLE OF DOOM für Kids in Erinnerung geblieben, mitunter auch weil Jonathan Ke Quan in beiden Filmen mitspielte. Die GOONIES sorgen jedenfalls für gute und spassige, kunterbunte Unterhaltung, die man auch heute noch bestens geniessen kann. Popcorn-Kino der besseren Sorte, ganz klar.
Die Albumveröffentlichung von THE GOONIES wurde zu einem «Kind seinerzeit», soll heissen es erschien ein Song Album mit lediglich einem Track von Dave Grusin. Der Cyndi Lauper Song «The Goonies ‹r› good enough», auch dank des dazugehörenden Videos, wurde zu einem Top-Ten-Hit. Wer mehr von Grusins Score hören wollte, musste auf ein Bootleg zurückgreifen oder warten bis Varèse Sarabande den Score 2010 im Club-Programm veröffentlichte. Doch eine zünftige Abenteuermusik ist THE GOONIES nicht. Für Dave Grusin kam das Engagement nicht wenig überraschend, hatte er doch zuvor und auch danach keinen Film dieses Genres betreut. Grusins Verspieltheit und eine gute Portion Schalk ist öfters auf seinen Jazzalben zu hören, filmmusikalisch betreute er jedoch meist ernstere Filme; HEAVEN CAN WAIT (1978) und TOOTSIE (1982) sind zwei löbliche und bestens bekannte Ausnahmen. Seine Erfahrungen mit THE GOONIES waren eher mässig, so manch ein Stück musste er umschreiben und auch im Film wurde nicht immer rücksichtsvoll mit seiner Musik umgegangen. Am bekanntesten ist das Stück «Fratelli Chase», das auch auf Grusins mit dem London Symphony Orchestra eingespielten Album CINEMAGIC zu hören ist. Allerdings wurde auch dieses Stück im Film hin und her geschoben. Das eigentliche GOONIES-Thema ist eher sanft und unscheinbar, zu hören etwa in «The Goondocks (Goonies Theme». Weitere Motive stellt Grusin für Mickey und Sloth sowie für den umtriebigen Data bereit, doch im Ohr haften geblieben sein, dürfte neben dem «Fratelli Chase» die Einarbeitung von Max Steiners THE ADVENTURES OF DON JUAN (1948) im Finale des Films – nicht zu vergessen ein ganz kurzer Ausschnitt aus SUPERMAN-THE MOVIE (1978), wenn Sloth mit seinem T-Shirt mit dem unverkennbaren Emblem auf der Brust erscheint.
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Wieder sind Robert Zemeckis und Bob Gale («Wir mögen Clint-Eastwood-Filme, und Godard haben wir nie verstanden.») an der Reihe. Dieses Mal landeten sie einen Volltreffer. BACK TO THE FUTURE (1985) spielte weltweit 311 Millionen $ ein und verbrachte in so manchen Ländern einige Zeit als Nummer 1, in den USA stolze 11 Wochen. Es ist die erfolgreichste der Amblin Produktionen, die als «Steven Spielberg presents» vermarktet wurde und war 1985 der erfolgreichste Film.
Gale und Zemeckis lernten sich an der USC kennen und sollten lange als «the two Bobs» durch die Filmwelt geistern. Zemeckis führte seinen Studentenfilm FIELD OF HONOR einem noch wenig bekannten Steven Spielberg vor, der davon begeistert war. Nebenbei zeigte er ihm ein Drehbuch mit dem Titel TANK. Spielberg schlug den beiden Bobs vor dieses auszubauen, später sollte 1941 daraus werden. Zemeckis landete einen annehmbaren Hit mit ROMANCING THE STONE (1984), der durchaus Ähnlichkeiten zu Indys Abenteuern aufweist, dessen Drehbuch aber vor RAIDERS bereits bestand. BACK TO THE FUTURE, einst für Columbia Pictures geschrieben und von Zemeckis zunächst als Nicht-Spielberg Produkt vorgesehen, fand aber zunächst keinen Abnehmer. Vorhang auf für Steven Spielberg. Doch wie so oft, kommt es 1. anders und 2. als man denkt. Nach den ersten fünf Drehwochen mit Eric Stoltz in der Hauptrolle war den Machern klar: Es funktionierte nicht. Spielbergs Wunschbesetzung Michael J. Fox war zunächst wegen der Dreharbeiten zur Hit-Sitcom FAMILY TIES nicht abkömmlich und wurde nun erneut angefragt. Man einigte sich darauf, dass er tagsüber in der Fernsehserie und nachts in BACK TO THE FUTURE spielen würde. Heute ist die BTTF-Serie ohne Michael J. Fox kaum vorstellbar. Sein Witz, sein Sinn für komische Einlagen, seine Mimik, das ist Marty McFly in Person. Genau gleich ergeht es einem mit Christopher Lloyd als abstrus genialer Doc Brown. Ausserdem sind Crispin Glover (der einen möglichen Auftritt in den Sequels wegen überrissener Gehaltsforderungen verprasste), Lea Thompson, Thomas F. Wilson und Claudia Wells zu sehen.
Doc Brown, ein Freund von Marty McFly, hat eine Zeitmaschine entwickelt, die in einen DeLorean eingebaut wurde. Mit diesem Gefährt flieht Marty vor den lybischen Attentäter, die es auf Doc Brown abgesehen haben. Er achtet dabei nicht darauf, dass die Zeitmaschine auf 1955 geschaltet ist und reist also in die Vergangenheit, in der er einen jungen Doc Brown versucht von seiner Existenz in der Zukunft zu überzeugen sowie Lorraine und George, seine Eltern, zu verbandeln. Klingt einfach, ist aber durchaus clever gemacht, es resultierte eine rasante Mischung aus Screwball-Komödie, Science Fiction und herrlichem Klamauk.
In BACK TO THE FUTURE stimmen anders als bei einer anderen Zemeckis/Gale Story, 1941, die Gags und das Timing. Zemeckis und Michael J. Fox stellen sich als ideale Paarung heraus. Apropos Timing… obwohl Doc Brown und Marty McFly das Zeitreisen «beherrschen», sind sie im Film stets unter Zeitdruck. Das treibt die Handlung voran und man hat nicht allzu lange Zeit über die ein oder andere mögliche Unpässlichkeit nachzudenken. Die Spezialeffekte sind zwar wichtig, aber nie wichtiger als die Story. Auch die scheinbar unwichtigen Details funktionieren: Martys Jacke wird zum Running Gag, wichtige Informationen sind in belanglosen Dialogen und Taten versteckt (die Turmuhr, die Wahl des Bürgermeisters, der Walkman usw.). Von den in diesem Teil besprochenen Produktionen ist BACK TO THE FUTURE die Raffinierteste, nicht von ungefähr kommt der grosse Erfolg des ersten Teils. Daneben wurde der Film genial vermarktet, dazu zählte auch das Album, das mit den Huey Lewis Songs «Power of Love» und «Back in Time» für Furore sorgte. Der Song Soundtrack war definitiv wieder angekommen – nicht zur Freude so manch eines Filmmusikliebhabers. Platz hatte es auf der LP nur für zwei Silvestri-Tracks mit insgesamt rund elfeinhalb Minuten und es dauerte wieder einmal ultralang (2008) und verschlang das ein und andere Bootleg bis bei Intrada eine Doppel-CD mit Score (CD 1) und Alternates (CD 2) erschien. Zemeckis forderte in erster Linie von Silvestri, die Musik möge vor allem «Big! Big!» sein. Spielberg aber war sich unsicher ob Silvestri der richtige Mann für BACK TO THE FUTURE sei – ironischerweise würde genau dieser Komponist über dreissig Jahre später READY PLAYER ONE für Spielberg komponieren. Erst in einer Sneak-Preview, nachdem Zemeckis seinen Mentor darauf hingewiesen hat, das sei eben Silvestris Musik, war auch Steven Spielberg überzeugt. Er mochte das BACK TO THE FUTURE Thema und forderte vom Komponisten, er möge es doch mehr verwenden. Also schrieb Silvestri einige Stücke um und platzierte eines seiner heute bestbekannten Hauptthemen in kürzeren und längeren Varianten. Weitere Motive hält er für Doc Brown und den Bullyboy des Films, Biff, bereit. Mit «It’s Educational; Clocktower» liefert er eine zehn minütige, musikalische Tour-de-Force. Ein toller, flotter unvergesslicher Score aus einer ebenso bemerkenswerten Zeit.
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