The Offering

Ich weiss, ich wiederhole mich: Aber wenn ein Komponist wie Christopher Young, der ebenso fähig, nein, eher fähiger als andere seiner Kollegen wäre, grosse Blockbuster und Comichelden-Verfilmungen zu vertonen, seit vielen Jahren in eine kleine Nische, in der er notabene einst startete, erfolgreich und viele Fans gewinnend, gedrückt wird, ist das in der Tat bedauerlich. Immerhin konnte er zuletzt in China mit den beiden THE MONKEY KING Scores und in den Staaten mit dem inzwischen auch schon wieder vier Jahre alten PET SEMATARY (2019), zeigen, was und dass er es immer noch draufhat.

Horrorfilme sind immer noch ganz gross im Kommen, eigentlich verliert unsereins schnell die Übersicht, was, wer, wann, wo. THE OFFERING (2022) ist die zweite Regiearbeit des zugegeben weniger bekannten Schauspielers Oliver Park, in einer eigenen jüdischen Gemeinschaft spielend und das Verschwinden eines Mädchens beklagend. Und dem ist nicht genug, taucht auch noch der verloren geglaubte Sohn auf.

Young ist sich nie zu schade, spezielle, nicht selten wenig zugängliche Kompositionen zu schreiben. THE VAGRANT (1992) und insbesondere seine Konzertwerke MASSES (basierend auf dem nicht verwendeten Score zu INVADERS FROM MARS) und KOKO-RYÛ, einst auf einer Bay Cities CD mit MAX AND HELEN (1990) veröffentlicht (1986), dürfen hier als Beispiele genannt werden. Wer MASSES und KOKO-RYÛ durchgesessen hat, dem gebührt einiges an Respekt.

Youngs Score basiert auf dem von ihm geschriebenen Song «Hear the Souls who Wheep», allerdings ist das auch schon fast das einzige, an dem man sich thematisch halten kann, denn Young nimmt diesen Song zuvor in drei langen Tracks kräftig auseinander und lässt einen wirklich absonderlichen (ich bezweifle die Wirkung im Film nicht) Score entstehen, der hauptsächlich auf experimentell angeordneten Stimmeffekten, elektronischen Beigaben und wenig Orchestereinsatz fusst – aber wenn, dann sind diese Einsätze kraftvoll. Schwierig anzuhören sind sie schon, die Stimmkünsteleien, die dann eben unter anderem auch an ein Würgen, Stöhnen oder ein quasi Wiedergeben etwas bereits Zerkautem gemahnen. Sicher an Originalität fehlt es hier nicht und ich bin überzeugt, die Musik hat im Film ihre Wirkung. Und dennoch: Uff, schreibt der Rezensent, ui, stöhnt der Autor. Wenn ich im Autoradio gelegentlich derartige (Ver)Stimm-Kompositionen und Wiedergaben höre, kann der Geduldsfaden auch reissen.

THE OFFERING ist nun wirklich alles andere als eine einfach anzuhörende Musik. Man braucht selbst für die 39 Minuten (35 Minuten ohne den Song) wirklich Energie und Durchhaltevermögen, ein wenig erinnerte es mich vom Anhörpotential an HEREDITARY (2019), der im Film zweifellos besonders gut funktioniert hat, für sich alleine jedoch ziemlich happig anzuhören ist. Halten kann man sich in THE OFFERING thematisch nur an den Song und einen energiegeladenen Moment am Ende von «Horrid Screams of Hell». Ein Hörtipp ist THE OFFERING nur für jene, die sich für erwähnte Kompositionen Youngs auf der MAX AND HELEN Scheibe erwärmen konnte. Erwartet man aber einen sinfonischen Vollblüter aus des Komponisten Horrorscore-Ecke, dürfte man doch eher enttäuscht werden.

Schade hat sich notefornote, auch oder vielleicht gerade weil wir hier ein wirklich sonderbares Stück Filmmusik zu hören ist, nicht die Mühe für ein richtige Booklet gemacht.

Phil  |  17.03.2023

THE OFFERING
Christopher Young
notefornotemusic
39 Min. | 4 Tracks