The Reivers (La-La Land)

1969 ist ein einschneidendes Jahr für John Williams. Nicht nur liefert er mit der William-Faulkner-Verfilmung THE REIVERS seinen bis dahin wohl besten Score, der Film führt ihn auch zu Regisseur Mark Rydell, mit dem er weiterhin inspiriert zusammenarbeiten wird (THE COWBOYS, CINDERELLA LIBERTY, THE RIVER). Für Williams in erster Linie karriere-entscheidend ist aber die Tatsache, dass durch THE REIVERS der junge, ambitionierte Steven Spielberg auf den Komponisten aufmerksam wird. Der Rest ist, wie wir wissen, Geschichte.

THE REIVERS spielt anfangs des 20. Jahrhunderts im fiktiven Mississippi-Bezirk Yoknapatawpha und handelt von den Nichtsnutzen Boon (Steve McQueen) und Ned (Rupert Crosse), die sich zusammen mit dem elfjährigen Lucius (Mitch Vogel), dessen Grossvater sie mit dem «Winton Flyer» eines der ersten Automobile der Gegend klauen, auf einen Roadtrip nach Memphis begeben, wo sie Bordelle und Pferde-Rennbahn unsicher machen.

John Williams hatte nur ein paar Wochen Zeit, da ein wohl bereits fertig gestellter Score von Lalo Schifrin (der Rydells ersten Kinofilm THE FOX vertont hatte) auf Ablehnung stiess. Wahrscheinlich angestachelt durch den Zeitdruck, fertigte er eine ungemein inspirierte und mitreissende Musik, die sowohl Lokal- und Zeitkolorit als auch Humor und Drama formidabel unter einen Hut bringt. Coplandeske Americana, Bluegrass, Alte-Welt-Walzerklänge für den Winton Flyer, Honkytonk-Klavier, Jazz, Blues, Dixieland in Südstaaten-Manier und Stephen-Foster-Stücke wie «Beautiful Dreamer» und «Camptown Races» beleben das Geschehen, ebenso Solisten an Gitarre, Banjo, Fiddle, Mundharmonika und Maultrommel. Sogar Kazoos sind zu hören. Egal ob gerade Lebensfreude, Rustikalität oder Nostalgie gefragt ist, Williams weiss stets zu überzeugen.

30 Jahre ist es bereits her, als THE REIVERS letztmals veröffentlicht wurde, und also dürfte der Score in so mancher Williams-Sammlung schmerzhaft gefehlt haben. Nun kommt er von La-La Land glorios zurück, erstmals in kompletter Form, die rund 12 Minuten mehr Musik enthält als bisher. Darunter von Fans gewünschte Cues wie «Moment Of Glory». Ein wenig zusätzliche (alternative) Musik füllt CD 1 aus, während CD 2 nebst dem selbstverständlich remasterten Original Soundtrack auch eine 19-minütige Konzert-Suite bereithält, die Williams für Aufführungen mit dem Boston Pops Orchestra konzipiert hat. Nebst Einfügung von neuem Material, etwa einer Tuba für den Winton Flyer, die manchmal ein wenig nach Jabba the Hut klingt, kommt auch ein Erzähler zum Einsatz. In vorliegender Aufnahme von 1991 ist dies Burgess Meredith, der schon im Film als Erzähler, stellvertretend für Lucius, fungierte.

Ein wichtiger Score von John Williams, der viel zu lange vom Markt verschwunden war, ist also wieder verfügbar. Wie lange sich die limitierte Edition halten wird, kann man heutzutage, wo physiche Medien nicht mehr so begehrt sind, schwer abschätzen. Es ist jedenfalls wie immer eine schöne Präsentation mit einem tollen Booklet, auf dessen 20 Seiten John Takis viel zu erzählen weiss.

Andi  |  06.04.2024

THE REIVERS
John Williams
La-La Land Records LLLCD 1659
CD 1 52:55 Min. / 27 Tracks
CD 2 49:07 Min. / 12 Tracks
Limitiert auf 2000 Stk.