Ogniem i Mieczem

Review aus The Film Music Journal No. 21, 2000

Zunehmender Überdruß gegenüber den meisten aktuellen Hollywood-Kompositionen fördert die Bereitschaft, anderswo nach Trouvaillen Ausschau zu halten, deren musikalische Mittel entweder unkonventioneller oder ähnlich, dann aber frischer wirken als bei Frizzell, Mancina, Revell & Friends. Da kommt der Hinweis des Cinema Soundtrack Clubs gerade recht: der als Import lieferbare polnische (oder doch ukrainische?) Score OGNIEM I MIECZEM (1998/99, international unter dem Titel FIRE AND SWORD vermarktet) zierte den Novemberkatalog sogar auf dem Cover. Mag das beigefügte Bild auch eher brenzlige Erinnerungen an die ZDF-Weihnachtsvierteiler der siebziger Jahre wecken, so lotst es doch die Erwartungshaltung in die richtigen Gewässer.

Keine außergewöhnlich subtile, feingeistige Musik wartet hinter dem Theatervorhang, sondern ein opulentes, um Chorvokalisen und Solopartien bereichertes Szenario mit episch ausladendem Musiktableaux, oder anders gesagt: so ein richtiger Orchesterschinken. Krzesimir Debski – willkommen in der westlichen Filmmusikfamilie – liebt wie seine vielleicht etwas zarter beseelten slawischen Genossen Kilar und Preisner den verdunkelten, breit gepinselten Orchesterklang, der sich gern pathetisch weitet und den Eindruck erweckt, jemand stelle sich auf einer Anhöhe allein einer von fern anrückenden Reiterhorde.

Den Fotos nach geht es in dem Film auch um eine Taiga-Pferdeoper, mit Flaggen, Falken und Fallen sowie schlechtsitzenden Kostümen, kunstbärtigen Schauspielern und Lagerfeuermännlichkeit. Debski fängt all das in markanten Rhythmen und Harmoniewechseln ein, die am Ende gar nicht so weit von Goldsmith entfernt liegen und den Fans von THE 13TH WARRIOR etc. durchaus vertraut vorkommen sollten, wenn auch gänzlich unabhängig davon entstanden und dank der originalen Vokaleinlagen mit jenem wohltuend «osteuropäischen» Touch behaftet, der in Hollywood so oft nur aufgesetzt wirkt.

Im Ganzen die ideale Alibiplatte, um vorbeikommenden Nörglern zu sagen, nein, nein, ich habe durchaus auch weniger geläufige Filmmusik aus Europa im Schrank, und höre die sogar gern. 71 Minuten sind etwas zuviel des Guten, und für eine höhere Bewertung fehlen dann doch die ganz spektakulären Durchbrüche, auf die man inmitten der vielen faszinierenden Details vergeblich wartet. Dennoch bin ich für die Bekanntschaft mit OGNIEM I MIECZEM sehr dankbar. Speziell das von einer wortlosen Frauenstimme intonierte, gegen Ende heroisch aufgeputschte «Piesn Heleny» avanciert in meinem Player zum Marathonläufer. Und wer gerade einen Polnischkurs an der Volkshochschule absolviert, mag sich an der Lektüre des schön gestalteten Booklets versuchen. Oder wissen lassen, welche Sprache das in Wirklichkeit ist.

Matthias  |  2000

OGNIEM I MIECZEM
Krzesimir Debski
Pomaton
71:31 | 27 Tracks