More weeks with Jerry (7)

Teil 7

von Phil Blumenthal

Einige unter uns erinnern sich vielleicht an die Zeit als Varèse als erstes Label limitierte Club-Editionen herausbrachte. Es war die Zeit anfangs der 90er Jahre von CDs wie RAGGEDY MAN und THE ‹BURBS, denen wir nachjagten als gäbe es kein Morgen mehr. Das Internet war nach wie vor ein Zukunftsmodell. Deshalb ist die leichte Panik vielleicht nachvollziehbar, die sich damals bei jeder neuen Edition verbreitete.
Teil 7 wird vorerst der letzte sein. Einerseits stosse ich vermehrt auf Filmmusiken, zu denen ich keinen Filmbezug (mehr) habe und deren Filme ich mir nicht eben schnell reinziehen kann. Zum anderen bleiben auch einige Scores aussen vor, die wir auf unserer Seite bereits besprochen haben. Für Teil 7 einstweilen gab es noch genügend Material.
Ich hoffe ihr hattet bisher ebenso Spass beim Lesen wie ich beim Schreiben und wer weiss, vielleicht geht es irgendwann mit Teil 8 weiter…

HIGH VELOCITY (1976). Noch nie gehört? Ich bis zum Erscheinen der CD 1994 auch nicht. Wie auch immer es Prometheus geschafft hat an diese Bänder heranzukommen, es scheint alles seinen offiziellen Gang gegangen zu sein: Produced by Jerry Goldsmith. Album produced and sequenced for release by Joel Goldsmith.
Aber den Film habe ich trotzdem nie gesehen. Wie ich gehört habe, soll es sich um ein ziemliches Machwerk eines Regisseurs namens Remi Kramer handeln, vielleicht blieb es auch deshalb bei diesem einen Film in seiner Filmografie. IMDB schreibt, es gehe um irgendwelche Söldner, die sich anheuern lassen, um in Afrika eine wichtige Persönlichkeit aus den Fängen von Kidnappern zu befreien.

Das lässt mich wiederum etwas verwundert der Musik lauschen, die doch eher mit Mittelamerika, aber sicher nicht mit Afrika in Verbindung zu verbringen ist. Dann hilft eben doch nur noch ein Blick auf das Backcover «Welcome to the Philippines» und in das (dürftige) Booklet. Anderer Kontinent, aber dann passt es auch mit der Musik, immerhin war Spanisch bis Mitte der 80er Jahre dort Amtssprache. Womit wir wieder bei Jerry Goldsmiths heimlichem Steckenpferd (nein, nicht den Simmons Drums…), der hispanischen Musik wären, die wir nun aus manch einem Film schon kennen. In HIGH VELOCITY meint man durchaus ein bisschen UNDER FIRE zu spüren («The Mafia Marines», «The Hostage»), 100 RIFLES nicht zu vergessen. Die gewohnte Instrumentierung in diesem Falle, dazu der Klangkörper des National Philharmonic, aufgenommen übrigens von Eric Tomlinson (STAR WARS) und trotzdem klingt die CD arg trocken, da wäre sicher klanglich noch mehr herauszuholen. Die etwas 33 Minuten Score werden dem Filmthema geschuldet auch mit kräftig Action aufgerüttelt und die ist knackig ausgeführt: «The Observer/The Sniper». Die staccato Blech Einsätze und das Klavier lassen CAPRICORN ONE vorausahnen, die Verwendung des Hackbretts (im Supsensetrack «The Mission Begins») ist schon spezieller.

Wie eingangs erwähnt, es gibt zurzeit nur diese Prometheus CD, die leider längst vom Markt verschwunden ist. Allerdings ist HIGH VELOCITY eher was für den Goldsmith-Sammler.

ALIEN (1979) war für Goldsmith eine, wie er selber sagte, der miserabelsten Erfahrungen, die er bis dahin mit einem Film machte. Ridley Scott selber hat längst eingelenkt und redet von falscher und zu wenig Kommunikation und «Jerry hat mir wohl nie verziehen, dass ich seine Schlussmusik mit Howard Hansons Sinfonie Nr. 2 ersetzt habe». Schnittmeister Terry Rawlings’ hat einige Aussagen gemacht (in Making-ofs zum Film), über die man sich wundern muss. Er jedenfalls war es, der zum Schneiden den Film mit Musik aus älteren Goldsmith Werken unterlegte, was Goldsmith schrecklich fand. Schliesslich musste Goldsmith nach den Aufnahmen, aber das war keine Besonderheit, fünf Stück neu oder umschreiben und fand schlussendlich dennoch seine Musik im Film zerstückelt vor, ohne die Synchpunkte zu treffen, wie er es plante. Dazu verblieben drei Stücke aus FREUD im Film. ALIEN blieb mit der Veröffentlichung der LP trotzdem ein Meisterstück musikalischerseits, denn immerhin durfte Goldsmith 35 Minuten seiner Musik für die Soundtrack Veröffentlichung zusammenstellen und damit wusste jeder auch «was hätte sein können». Trotzdem wollte er nur ungern an die Erfahrungen mit diesem Film erinnert werden.   

ALIEN, der Film, ist ein Meisterwerk, das noch meisterlicher hätte sein können. Das ist zu erkennen, wenn man den Film mit dem Goldsmiths geplantem Score abspielt (bestimmte DVDs und blurays ermöglichen dies). ALIEN war stilgebend für eine ganze Reihe von Monstrosität, ob im All, auf einem fernen Planeten, auf dem eigenen Planeten, in einem Raumschiff oder gar unter Wasser – plus wir hatten mit Ripley (Sigourney Weaver) die erste und vielleicht bis heute beste Actionheroin der Kinogeschichte. Scotts Umsetzung des Drehbuchs war genial. Dazu stellte er einen Cast mit Tom Skeritt, John Hurt, Harry Dean Stanton, Ian Holm, Yaphet Kotto und eben Newcomerin Weaver zusammen, liess einen kuriosen Schweizer Maler und Bildhauer, H.R. Giger, das Alien und ganze Designs entwerfen.
Mein um 23 Jahre jüngerer Neffe meinte zu ALIEN, als ich ihn damit ins Heimkino setzte, das sei so ein richtig schöner, alter Film ohne Mikrosekunden Schnittfolgenorgie und ohne Computereffekte. Schön langsam eben. Seither sehe ich den Film mit ganz anderen Augen 😉

ALIEN zählt trotz den Kontroversen um die Musik zu meinen Allzeitfavoriten von Goldsmith. Wie er die Kälte und Isolation bei der Kamerafahrt durch das Schiffsinnere einfing oder die Landung der Fähre auf LV-426 begleitete, ist einfach grossartig. Ganz abgesehen von der Komplexität der Musik und den vielfältigen Instrumentierungen mit Didgeridoo oder Serpent, einem Blechinstrument, irgendwo zwischen Tuba, Horn und Posaune. Goldsmith war in dieser Zeit unbestritten auf der Höhe seines Könnens, wie Filme wie STAR TREK-TMP, CAPRICORN ONE, THE FINAL CONFLICT oder POLTERGEIST (usw. usf.) zeigen.

Die Musik hat eine wahre Odyssee auf Tonträger hinter sich. Zunächst war da die 1979er LP von 20th Century Fox, 1987 kamen LP und CD mit gleichem Inhalt bei Silva Screen heraus. Dann erschienen eine Unmenge an Bootlegs, das bekannteste vielleicht jenes von Soundstage mit dem braun-schwarzen Cover. 2000 erschien eine DVD mit dem verwendeten und auch dem von Goldsmiths vorgesehenen Score als isolierte Tonspur, ein gefundenes Fressen! Es dauerte allerdings bis 2007 ehe ein renommiertes Label wie Intrada sich an die Angelegenheit wagte und Goldsmiths Filmscore wie auch das Originalalbum und diverse Retakes und andere Bonuse auf CD verewigte. Das ist die Scheibe, die man haben muss!

LONELY ARE THE BRAVE (1962) ist ein moderner Western. Kirk Douglas, der auch produzierte, spielt den alternden Cowboy Jack Burns in Zeiten von Autos und Helikoptern immer noch mit seinem Pferd unterwegs. Als er einen Freund aus dem Gefängnis befreit, findet er sich bald selber in diesem ein. Auch er schafft den Ausbruch und wird fortan von Sherriff Johnson gejagt. Mit Jeeps, Helikoptern und Walkie Talkies.

1962 stand Goldsmith am Beginn seiner Karriere, hatte erst fünf Kinofilme komponiert, keiner jedoch vom Format eines LONELY ARE THE BRAVE und stand vor der Oscar-Nomination für John Hustons FREUD. LONELY ARE THE BRAVE, nach einem Drehbuch von Dalton Trumbo, gehört in dieser Frühzeit, in die Goldsmith mit einem hervorragenden Handwerkszeug aus diversen TV-Serien ausgerüstet startete, zu seinen bemerkenswertesten Musiken. Der Film ist ein Ereignis mit einem gut aufgelegten Kirk Douglas, an dessen Seite Walter Matthau (in der Rolle des Sheriffs), Gena Rowlands und George Kennedy als fieser Cop zu sehen sind. Philip Lathrop (POINT BREAK, WILD ROVERS) liefert die stimmungsvollen schwarz-weiss Bilder. Unvergessen ist die Eröffnung des Films, die uns zuerst an die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts gemahnt, doch lauter und lauter ist der Lärm eines Jets zu hören.

Der Beginn des Films und der Musik sind eher noch auf der positiven, gute Stimmung Seite, auch wenn es bei Jack bald erste Ermüdungserscheinungen gibt, insbesondere was seine Liebe anbelangt, «Burns Returns» und «Worlds Apart», die auf wackeligen Beinen steht, was Goldsmith nachdenklich, mit sanften Klängen für Gitarre, Akkordeon und Holzbläser unterstreicht – das hier verwendet Thema ist auch das Hauptmotiv des Scores. Die Schlägerei in der Bar ist besonders anmächelig gemacht, mit schnellen Rhythmen und die Action unterstreichenden Akzente mit kräftigem Blech, Schlagwerk und einem Hauch Mexiko. Die zweite Hälfte der Musik beschäftigt sich schliesslich mit Burns’ Entkommen vor dem Sheriff und den Seinen. Plötzliche, tiefe Klaviereinschübe, akzentuiert mit Pauken, Snares, Blech und unheilvoll klingenden Streichern wechseln sich mit kurzen Momenten der Erholung, die Burns einlegen kann und Zitaten des Hauptthemas ab. Den Schellenring, der uns viel später in BAD GIRLS wesentlich auffälliger wieder begegnen würde, setzt Goldsmith hier ebenfalls in den Szenen ein, die mehr Tempo erfordert haben. Da und dort ist immer wieder diese bekannte, den einsamen Kämpfer begleitende Solotrompete zu hören, die wir Fans natürlich inzwischen zu lieben begonnen haben.

Vor der 61 Minuten Varèse Club Ausgabe von 2009, die Andi auf unserer Seite bereits rezensiert hat, standen nur zwei Bootlegs, je ein Mal von Delphi und Soundtrack Library, beide mit weniger Musik ausgestattet, wobei die Varèse Club fünf Stücke enthält, die im Film nicht zu hören waren.

RAMBO III (1988), eines jener Sequels, die die Welt nicht gebraucht hätte. Aber das kann zum ein und anderen Sylvester Stallone Film gesagt werden… CITY COBRA und dieser unsägliche Golan/Globus Armdrückerfilm OVER THE TOP, um nur zwei zu nennen. Die Charaktere verkamen immer mehr zu Klischee- und Comicsfiguren in ihren Dialogen und Taten. Auf die Spitze trieb es Rambos drittes Abenteuer, das ihn nach Afghanistan und somit wieder mit sowjetischen Kontrahenten in Verbindung brachte. Zusammen mit den Befreiungskämpfern geht Rambo gegen die Invasoren vor und versucht Colonel Trautman (Richard Crenna) aus den Fängen der Russen zu befreien. Das damit auch der death toll kräftig nach oben geschraubt wird, versteht sich von selbst. RAMBO III ist ein Produkt seiner Zeit, in der Action und Killrate eindeutig vor Story kamen, etwas was uns später und nicht nur in Stallone Filmen immer wieder, mal mehr, mal weniger, begegnen würde.

Musikalisch geht Goldsmith, der auch für den dritten Teil gesetzt war (und doch fanden einige Stücke nicht ihren Weg in den Film), so ziemlich den beschrittenen Weg der Vorgänger, also mit dem Trompetenthema und orchestraler Ausschmückung für Rambo, aber auch mit synthetischen Reinhauern wie in RAMBO: FIRST BLOOD PART II zu hören. Jetzt kommt aber noch ein Flair an persisch-arabischem, vielleicht afghanischem Einschlag dazu. Das wird sogleich zu Beginn des Films mit dem Arenazweikampf Rambos gewahr, den Goldsmith kurz einleitet um ihn dann («Preperations») zunächst nur mit perkussiven Elementen nach und nach zu ergänzen. Goldsmith weiss mit seinem etablierten Rambo-Thema und dem bewährten Actionmaterial umzugehen, von dem es in RAMBO III nicht gerade wenig gibt und welches orchestraler als in RAMBO II ausfällt, aber immer mit Synthesizer begleitet wird («Peshawar» mit Duduk-ähnlichem Klang und weiteren «arabisch» klingenden Beigaben). Zwei neue Motive sind im dritten Rambo zu hören: Eines ist in «Afghanistan» enthalten, das zweite ein ausführlicheres und näher am RAMBO-Thema liegendes in «Questions». Sehr hübsch gemacht ist «Then I’ll Die» mit seinen von Streichern und Holzbläsern bestimmten Rhythmen, danach geht es richtig los mit Rambos Kampf gegen die kommunistischen Feinde (angeführt vom heroisch verspielten «The Game», das während des auf Pferden stattfindenden Jagdspiels zu hören ist – wer gewinnt’s?) mit Stücken wie «Flaming Village», «Night Entry», «Night Fight» oder «Going Down». Die sind alle gewohnt gut gemacht und wer beim Zählen von 3/8, 5/8 und 7/8 durcheinander gerät: Einfach wieder von vorne beginnen und üben, üben, üben. Ein richtig dufter Action-Goldsmith aus jener Zeit und ohne Simmons Drums, runder, stimmiger als Part II, der roher, kerniger ausgefallen ist – beides hat seinen Reiz. Hörtipp:  Volume voll aufdrehen!

Mit dem Film erschienen LP und CD bei Scott Bros. mit etwas mehr als 38 Minuten Musik, wovon aber nur 7 Tracks (von 10), von Goldsmith stammten. Deutliche Aufwertung erfuhr die Musik aber schon ein Jahr später bei Intrada mit satten 76 Minuten, diese CD wurde mit neuem Artwork und besserem Booklet 2005 erneut aufgelegt, remastered wie es desöfteren wohlwollend hiess.

Mit MR. BASEBALL (1992) sind wir wieder in jener Phase um BASIC INSTINCT, die nicht die stärkste des Komponisten war. Ich habe es im letzten Teil (6) bereits mit ein paar Beispielen ausgeführt. Dort war auch CRIMINAL LAW dabei, für so manch einen Fan eine der schwächsten Musiken des Komponisten. Wir kommen darauf zurück. Mit Fred Schepisi hat Goldsmith fünf Mal zusammengearbeitet, THE RUSSIA HOUSE und I.Q., SIX DEGREES OF SEPARATION und FIERCE CREATURES. MR. BASEBALL war Nummer Zwei dieses Quintetts und obwohl der Film durchaus seine witzigen Momente des Kulturclashs hat und Tom Selleck einige Male mit seinem unvergleichlichen Charme loslassen kann, ist es doch eindeutig der seichteste der Goldsmith/Schepisi Streifen.
Selleck spielt einen alternden Baseballspieler, der nach Japan gedraftet wird und dort zwar gutes Geld verdient, in dieser völlig anderen Kultur ansonsten aber überall aneckt. Nicht leichter wird sein Auslandsabenteuer, als er sich ausgerechnet in die Tochter des Coachs verguckt. Das ist sie auch schon, die Story. Obwohl ich Baseball mag, sind Filme um diesen Sport eigentlich immer ähnlich und richtig guten an einer Hand abzuzählen. MR. BASEBALL gehört definitiv nicht dazu.

Einer der Stars ist Jerry Goldsmith, helfen konnte er dem Film trotz guten Voraussetzungen wie Sport (HOOSIERS) und asiatischer Thematik (TORA! TORA! TORA!, THE SAND PEBBLES) dennoch nicht wirklich. Sein Score schwimmt im komödiantischen Fach angelegt von Untiefe zu Untiefe und beginnt mit der bekannten Baseball 6-Noten Fanfare für Orgel, die Goldsmith nimmt und daraus einen kruden Mix für Keyboards, Schlagzeug, E-Bass und E-Gitarre fabriziert. Sehr speziell. Dazu gibt es etwas Jazz («First Night Out») und eines jener Themen um die Goldsmith auch in Filmen wie Mr. Baseball nicht verlegen war: «Acceptance» inkl. Shakuhachi. Die «japanischen Spielereien» mit mickey mousing, Titelmotiv und Baseballorgel sind schon hart zu goutieren und immer zu hören, wenn Baseball die Hauptrolle übernimmt: «The Dragons», «Final Score». «Call Me Jack/A Wise Brain» ist eine hübsche, kleine Ausnahme mit E-Piano, akustischer Gitarre, Flöte und Streichern. Aber MR. BASEBALL ist wirklich Goldsmith very light.

Es blieb bisher bei der 32minütigen Varèse Sarabande CD inklusive des scheusslich schlechten Schlusssongs und ich behaupte, kaum jemand hat seither auch wirklich den Wunsch geäussert es möge doch von der Musik eine Langfassung geben.

THE MEPHISTO WALTZ (1971) ist ein okkulter Thriller mit Gruselfaktor von Regisseur Paul Wendkos. Myles (Alan Alda) ist ein Musikjournalist, dessen Karriere als Pianist nach seinem ersten Auftritt bereits wieder beendet war. Er interviewt den berühmten Pianisten Duncan Ely (Curd Jürgens), der ihm zuerst unfreundlich gesinnt ist, dann aber bald entdeckt, dass Myles Hände ideal zum Klavier spielen sind. Er und seine erwachsene Tochter Roxanne (Barbara Parkins) forcieren eine Freundschaft mit Myles und dessen Frau Paula (Jacqueline Bisset). Als Ely stirbt, tritt Myles mehr und mehr in dessen Fussstapfen. Paulas Verdacht, mit ihrem Mann stimme etwas nicht, erhärtet sich, er benimmt sich ihr gegenüber kühler und abweisender. Als schliesslich ihre Tochter stirbt, ist für Paula gewiss, dass hinter all dem Roxanne steckt. Paula schmiedet den Plan sich zu rächen. 

THE MEPHISTO WALTZ kam zu einer Zeit in die Kinos, als okkulte Themen, spätestens nach den sadistischen Morden an Roman Polanskis damaliger Ehefrau Sharon Tate und vier weiteren Personen durch Anhänger von Charles Manson, häufiger durch die News geisterten. Aber auch der Erfolg von Polanskis ROSEMARY’S BABY (1968) ebnete den Weg für dieses Genre im Genre. MEPHISTO WALTZ war allerdings nur wenig Erfolg beschieden und während der Film durchaus seine guten, aber auch schrägen Momente hat, so ist es neben Curd Jürgens Auftritt und dem Hund mit Menschenkopfmaske doch vor allem die Musik, an die man sich am ehesten erinnert – sie nimmt denn auch mit Ausnahme von ein paar wenigen Szenen, in denen sie zu leise abgemischt wurde, einen bedeutenden Bestandteil ein. Für Regisseur Wendkos hat Goldsmith zuvor die Musik zu THE FACE OF A FUGITIVE (1959) und den TV-Film BROTHERHOOD OF THE BELL (1970) geschrieben.

Bemerkenswert ist die Titelmusik, die, darauf stiess mich Andi, sich von der CD Version unterscheidet – scheinbar gab es davon tatsächlich zwei Versionen.
Mit den glissandi der Streicher, den schneidenden Violinen, der teuflisch anmutenden Geige aber auch Berliozs 5ème partie aus der «symphonie fantastique» – das auf «Dies Irae» fusst – und nicht zuletzt mit THE SHINING in Filmmusikkreisen berühmt wurde, setzt Goldsmith ein deutliches Ausrufezeichen. Obwohl Goldsmith zeitlebens zurückhaltend mit Zitaten aus der Klassikwelt war, ist die Verwendung hier besonders auffällig. Eine weitere interessante Tatsache ist das Engagement Jakob Gimpels, der im Film (als Curd Jürgens Charakter) einen Teil von Franz Liszts «Mephisto Walzer» spielt. Gimpel war einst Goldsmiths Klavierlehrer. Teile davon, insbesondere die ersten vier Noten, sind im Score mal versteckter, mal bewusster zu hören.

Der Score ist von deutlich experimenteller Natur und spielt im Film eine gewichtige Rolle, denn vielmehr als Paul Wendkos’ Regie, ist es Goldsmiths Musik, die das hinterhältige und von Okkultismus geprägte Spiel von Duncan und Roxanne zusammen mit den unruhigen Bildern von Kameramann William W. Spencer (einem Fernsehroutinier) umzusetzen vermag. Goldsmith experimentiert mit Klängen, die menschlichen Stimmen ähneln und setzt einen Theremin-ähnlichen Klang ein wie im prägnanten «The Last Victim» zu hören. «Dog Fight» ist ein Paradebeispiel für die 12-Ton-Strategie, die Goldsmith dem Film verpasste.

MEPHISTO WALTZ sah bisher einzig bei Varèse offizielle Veröffentlichungen, vom Varèse Club (1997; 34 Minuten) zusammen mit einer Suite aus THE OTHER und in Teilen in der JERRY GOLDSMITH – 20TH CENTURY FOX Box. Das Bootleg von Pony Express enthielt 31 Minuten und enthielt ausserdem ESCAPE FROM THE PLANET OF THE APES.

Gregory Peck ist ein von mir immer wieder gern gesehener Schauspieler, egal in welchem Genre. In THE CHARIMAN (1969) – auch unter THE MOST DANGEROUS MAN IN THE WORLD bekannt – spielt er einen westlichen Agenten, der nach China geschickt wird um hinter die Formel eines landwirtschaftlichen Enzyms der Chinesen zu kommen, das ermöglicht Getreide in jedem Klima wachsen zu lassen. Um stets über seine aktuelle Position unterrichtet zu sein, wird ihm, der eigentlich Universitätsprofessor und Nobelpreisträger ist und sich gegen diesen Auftrag anfänglich gesträubt hat, ein Sender in den Kopf eingesetzt. Dabei wird ihm verschwiegen, dass das gute Stück auch als Bombe figuriert. Es beginnt ein Katz und Maus Spiel bis Hathaway schliesslich in Kontakt mit Soong Li, dem Erfinder des Enzyms, kommt.

THE CHAIRMAN war die erste Musik, die Goldsmith für J. Lee Thompson schrieb, es sollten noch drei weitere folgen, wovon eine, KING SOLOMON’S MINES, im Rahmen dieser Serie bereits besprochen wurde. Die beiden anderen sind THE REINCARNATION OF PETER PROUD (1975) und CABO BLANCO (1980).  THE CHAIRMAN muss ich mir als Film wieder schnappen, falls irgend ein Sender ihn wieder zeigen würde. Lang, lang ist es her, dass ich den Film gesehen habe.

THE CHAIRMAN erinnert mit seinem asiatischen Einschlag durchaus an THE SAND PEBBLES, das ist mitunter den romantischeren Stücken geschuldet, mit denen THE CHAIRMAN beginnt. An Tempo gewinnt der Score erst ab Track 6, «Soong Chu», mit dem deutlich chinesischen Einschlag und vermehrten, perkussiven Elementen. Die zweite Hälfte der Musik ist actionbetonter und beherbergt mit «Fire Fight» und «The Fence» zwei besondere, furiose Stücke ehe mit dem «End Title» das gefühlvolle Thema und das wuchtige Hauptthema zum Ausklang kommen. Selbst unter Goldsmith-Fans ist THE CHAIRMAN eine wenig beachtete Filmmusik, eigentlich unverdientermassen. Wer diese feine Musik im Regal hat, sollte sie wieder einmal hervorklauben und reinhören.

Prometheus stiess 2005 auf die Mastertapes für die alte 1969er LP, trotzdem klingt die Musik nicht wirklich gut. Rauschen, ein wenig wabern da und dort und eine blechige Dominanz in den Höhen beeinträchtigen das Hörvergnügen. Ausserdem fehlt merkwürdigerweise ein Stück, das in der JERRY GOLDSMITH AT 20TH CENTURY FOX Box zu finden war.

RIO LOBO (1970) ist zweifelsohne nicht Howard Hawks bestes Werk. Gleichzeitig war es aber auch sein letzter Film, also sei dem damals 74jährigen Veteranen, der uns tolle Filme wie THE BIG SLEEP, RED RIVER und RIO BRAVO brachte, verziehen, dass er mit diesem John Wayne Western nicht mehr auf der Höhe seines Könnens war. Schade für Goldsmith, der nach IN HARM’S WAY in den Genuss kam erst zum zweiten Mal einen Film mit The Duke zu vertonen.
Noch herrscht der Sezessionskrieg und die Rebellen schaffen es, den Yankees einen Goldschatz zu klauen. Als der Krieg vorbei ist, will Colonel Cord McNally (Wayne) nur eines: Den Verrätern in seinen Reihen, die die Route des Goldtransports an die Gegenseite weitergegeben hatten, an den Kragen.
Sicher hat der Film seine Momente, Wayne hat seit TRUE GRIT keine Probleme mehr zum Alter (und dem mehr an Masse auf den Rippen) zu stehen. Aber die Chemie zwischen den Protagonisten in RIO LOBO funktionierte nicht richtig – das ist einer der Hauptgründe für die mässigen Kritiken, die der Film erhielt. Insbesondere Jorge Rivero scheint oft deplatziert und verloren, und so ziehen sich die beinahe 2 Stunden dieses oft müd wirkenden Filmes recht zäh dahin. Kein Glanzlicht in Waynes Filmografie.

Der Score öffnet wie es nicht besser sein könnte: Während die Titel erscheinen ist ein Gitarrist, oder besser dessen Hände und die Gitarre, zu sehen, der das Hauptthema des Films intoniert. Ein toller Moment. Der Gitarrist, der nie zu sehen ist, ist Tommy Tedesco, Sohn von Goldsmiths Musiklehrer Mario Castelnuovo-Tedesco und einer der besten Session-Musiker Hollywoods.

Danach dauert es einige Zeit ehe Goldsmiths Score wieder ertönt. Sowieso ist seine Musik wie oft in Western, die er betreute, recht sparsam eingesetzt, gerade zu Beginn von RIO LOBO (in der rund 20minütigen Anfangssequenz ist keine Filmmusik zu hören). Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich meinte im Film sei das ein und andere Stück nicht an dem Ort zu hören gewesen, wo es eigentlich geplant war, jedenfalls erinnere ich mich an eine Szene, in der Goldsmiths Score einfach ausgeblendet wurde und an eine andere Szene in der die Musik von einem zum anderen Track springt. Sein Score hält zwei Themen bereit, das feine Hauptthema des «Main Title» (auch vom Akkordeon, einer Trompete oder der Harfe gespielt, «Quiet Town») und ein weiteres ausführliches Motiv für John Wayne und seine Begleiter. Dieses setzt Goldsmith häufig in Reitszenen und als «travel music» ein. Auch mexikanisches Flair kommt in RIO LOBO nicht zu kurz, liegt das Örtchen doch in Texas und nahe zu Mexiko, ausserdem sind mit Rivero auch andere Charaktere hispanischer Herkunft zu sehen. Tracks wie «Plans» und «The Raid» sind Schmankerl mit ihren kurzen Eruptionen des Orchesters, E-Gitarre, pizzicati der Streicher als Taktgeber. Verdammt gut gemacht und wieder ein Fall für die Abteilung «die Musik ist besser als der Film».

Mit Ausnahme einer Neueinspielung auf einem Sampler von Edel ist der Score erst 2001 bei Prometheus erschienen. Leider wurde diese CD auf die vorhandenen Stereo- und Monostücke aufgeteilt, so dass kein kohärentes Hören möglich ist – es sei denn man kennt die Cues und weiss an welche Stelle sie gehören. La-La Land Records beendete dieses mittlere Desaster 2012 und lieferte den Score chronologisch, wenn auch in mono. Die Stereotracks sowie, wer’s mag, mehrere source music Stücke gibt es als Bonus.

THE DON IS DEAD (1973) ist eine Ausnahme in der «A week with Jerry» Serie, denn zu Richard Fleischers (TORA! TORA! TORA!) Film ist bisher in keiner Art und Weise ein Tonträger erschienen. Sogar die Bootlegmanie der frühen 90er Jahre schwieg damals.

In diesem Mafiafilm spielen unter anderen Anthony Quinn, Frederic Forrest, Robert Foster und Al Lettieri und es ist klar an welchen Erfolg Fleischers Streifen gerne anknüpfen würde: THE GODFATHER. Doch die Story in THE DON IS DEAD ist konfus, Charaktere kommen und gehen wie auf einem Jahrmarkt. Der Versuch einer Zusammenfassung: Frank (Robert Foster), ambitionierter Sohn eines Syndikatbosses, möchte nach dem Tod seines Vaters in dessen Fussstapfen treten, die anderen Bosse halten ihn aber für zu jung und unerfahren. Wie üblich bricht ein Krieg im Mob aus, wer denn nun die Stadt unter seine Fittiche bekommen soll. Don Angelo (Quinn) seinerseits hat ein Techtelmechtel mit Franks Freundin, der sie in blinder Eifersucht halbtot prügelt. Das ruft Don Angelo auf den Plan Frank aus dem Weg zu schaffen.

THE DON IS DEAD ist enttäuschend lasch verfilmt, der Zuschauer hat Mühe an die Protagonisten heranzukommen. Kaum hat man das Gefühl, jetzt hinter den Antrieb oder das Tun und Lassen eines Charakters zu kommen, Schnitt, nächste Szene. Die Story ist wirr und ebenso umgesetzt. Wer will wen und weshalb genau umbringen und wer ist denn jetzt tot – oder doch nicht? Dazu kommen Schiessereien und andere Tötungsformen, die eher TV-Niveau zeigen. Der Film scheint hingeschludert und vermittelt das Gefühl in der post-production sei um alles in der Welt versucht worden das Beste aus dem Gedrehten rauszuholen. Selbst Schauspieler wie Anthony Quinn und Al Lettieri bleiben blass, sie haben schlicht zu wenig zu tun. So bleibt ein ziemlich misslungener Mobfilm, von denen es nach THE GODFATHER viele gab. THE DON IS DEAD gehört zu den schlechtesten der «vielen». 

Vom Film her schätze ich die Menge an Musik auf rund 30 Minuten. Wer jetzt italienische Trompetenklänge à la THE GODFATHER erwartet hätte, liegt komplett falsch, wenn es auch ein, zwei Passagen gibt in denen Goldsmith einen Hauch italianita durchschimmern lässt. Im Grossen und Ganzen aber sind es Spannungs- und ein wenig Actionmusik, die den kurzen Score dominieren. Das Eröffnungsstück spielt unter den Vorbereitungen eines Anschlags bis hin zum Attentat. Goldsmith begleitet dies mit einem auffallenden, modulierenden Analogklang eines Synthesizers, umgeben von Schlagwerk, das da und dort auftaucht sowie Einsätze der Blechbläser. Es ist das auffälligste Stück des Films. Gegen Ende des Films hören wir die längste Version eines von einer Oboe geführten Familienthemas für Tony Fargo und dessen Frau ehe dem Strippenzieher in einer Verfolgungsjagd der Garaus gemacht wird, begleitet von Goldsmiths Suspensemotiv. Gefühlvoll sentimental lässt er schliesslich den Beginn der Schusstitelmusik erklingen, ehe Blechbläser und Perkussionssektion zum Ende führen. Wie eingangs erwähnt, bisher gab es die Musik auf keinem Tonträger.

Die Borg greifen die Erde an. Als Picard und die Enterprise eintreffen, weiss er, der in den Episoden «Best of Both Worlds» aus STAR TREK: THE NEXT GENERATION bereits Bekanntschaft mit der Sepzies machte, um die Schwäche dieser scheinbar unbesiegbaren Gegner. Als die Borg mit Hilfe eines Zeitsprungs flüchten können, muss die Enterprise die Verfolgung aufnehmen. Es geht mehrere hundert Jahre zurück ins 21. Jahrhundert, genauer gesagt ins Jahr 2063 als Zefram Cochranes erste Reise mit Warpgeschwindigkeit ausserirdische Lebensformen auf die Erde und zum «FIRST CONTACT» führt. Die Borgs wollen dieses Unterfangen unterbinden um die Erde und ihre Bewohner zu assimilieren.

STAR TREK-FIRST CONTACT (1996) war nach STAR TREK: GENERATIONS der erste reine Trekkiefilm, der nunmehr die THE NEXT GENERATION Besatzung beherbergte und der erste unter der Regie von Jonathan Frakes, der bekanntlich Commander Riker spielt und einige TNG Episoden inszenierte. Mit den Borgs holte man sich die formidabelsten Gegner der Enterprise an Bord und das zahlte sich schliesslich an den Kinokassen aus. FIRST CONTACT ist für unbestritten der beste Film mit der TNG Crew. Von Anfang an rechneten die Macher fest mit Jerry Goldsmith, der wie kaum ein anderer Komponist die Stimme des STAR TREK Universums vertritt. Sein Titelthema ist mit der Serie ebenso verbunden wie Alexander Courages Thema aus der Ur-Serie. Goldsmith war von Beginn weg ein fester Bestandteil des FIRST CONTACT Budgets und er freute sich auf den Film. Doch die Postproduktion zog sich hin und Goldsmiths nächstes Projekt THE GHOST AND THE DARKNESS lugte bereits um die Ecke. Er schlug vor seinem Sohn Joel (MOON 44) einen Teil der Musik zu übertragen und nachdem die zunächst skeptischen Frakes und Produzent Berman das erste Stück, Picards Traumsequenz als Locotus, hörten, waren sie begeistert – ohne zu wissen, dass es Joels Stück war. Von den 26 Cues Filmmusik hat Joel deren 8 komponiert und arbeitete bei 2 weiteren Stücken mit.

Neben dem unvergleichlichen STAR TREK Marsch verarbeiten die beiden Goldsmiths das Klingonen Thema für Worf, der hier zunächst in seiner neuen Funktion als Commander der USS Defiant zu sehen ist. Zwei neue Themen finden Verwendung, das noble FIRST CONTACT Thema und das düstere Borg Motiv. Letzteres durchläuft, ursprünglich in Moll geschrieben, viele Variationen und beherrscht einige der famosen Actionstücke dieses tollen Scores für einen spannenden STAR TREK Film. Goldsmith hat die darauf folgenden TNG Filme ebenfalls begleitet.
Für Joel bedeutete das Engagement bei FIRST CONTACT schliesslich viele Folgen der STARGATE TV-Serien betreuen zu können (1997 – 2009), der grosse Durchbruch in die Kinofilmwelt blieb ihm aber verwehrt. Er starb 2012 im Alter von 54 Jahren.

GNP Crescendo realisierte zum Film eine 50 Minuten CD, die einen ganz guten Querschnitt bildete. 2012 erschien beim selben Label der gesamte Score mit 73 Minuten Länge (inklusive des von manch Fan vermissten «Flight of the Phoenix») plus dreier Bonustracks. Als Besonderheit gab es damals eine «extended version» der Liner notes als PDF auf der Seite von GNP Crescendo.

21.4.2020

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