Ein Wermutstropfen der besonderen Art schwingt immer mit, wenn LOONEY TUNES: BACK IN ACTION (2003) erwähnt wird, war dies doch Jerry Goldsmiths letzter Filmscore vor seinem Tod am 21. Juli 2004. Es war auch die zehnte Zusammenarbeit zwischen Goldsmith und Joe Dante, für den zumeist spezielle Musiken schrieb, die des Komponisten Schalk und Humor unter Beweis stellten. LOONEY TUNES: BACK IN ACTION sollte in den Fussstapfen des enorm erfolgreichen, aber von Dante nicht sonderlich geliebten SPACE JAM (1996) wandeln. Als grosser Fan von Chuck Jones und der Warner Bros. Cartoons kam das Projekt für Joe Dante gerade richtig, hatte er zuvor Flops wie MATINEE (1993) und nur laue Erfolge wie SMALL SOLDIERS (1998) zu verzeichnen. Doch Dante wurde in seinem neuen Film manch Stolperstein in den Weg gelegt. So sah er sich Einmischungen und Vorschlägen von Seiten des Studios ausgesetzt, was schliesslich dazu führte, dass er sich vom Studiosystem verabschiedete und danach vorwiegend für Fernsehserien und (nicht besonders erfolgreiche) Independent Produktionen tätig zu sein. Bis heute mag Dante nicht wirklich über LOONEY TUNES sprechen, ausser wenn auf sein Idol Chuck Jones oder die Zusammenarbeit mit Jerry Goldsmith zur Sprache kommt.
Besetzt wurde der Film nebst beliebten Charakteren wie Daffy Duck und Bugs Bunny, die noch im traditionellen Zeichenstil in den Film gepasst wurden, mit Jenna Elfman (damals mit der Sitcom DHARMA & GREG, 1997 – 2002, erfolgreich) und Brendan Fraser (THE MUMMY), sowie Steve Martin, Timothy Dalton, Heather Locklear und anderen. Die Animationssequenzen wurden von Eric Goldberg inszeniert während Dean Cundey (JURASSIC PARK, 1993), der bereits mit WHO FRAMED ROGER RABBIT? (1988)Zeichentrickerfahrung sammelte, für Kamera und Ausleuchtung zuständig war.
Sagen wir es doch so: LOONEY TUNES: BACK IN ACTION ist «etwas» schwierig zu geniessen, wenn man keine starke Affinität zu Comedyscores, speziell Cartoonmusik hat, wie sie ein Carl Stalling zwar meisterhaft ausführte, aber wie über die Länge einer ganzen CD (und mehr) doch eine leichte Hörherausforderung darstellt. Während HONEY, I BLEW UP THE KID (1992) und DENNIS THE MENACE (1993) für spassige aber gut anhörbare Abwechslung sorgten, so sind die Stalling-ähnlichen «mickey mouser» eine etwas andere Liga. Mag sein, dass wir diese als Kids und bei BUGS BUNNY liebten, doch als reine Hörerlebnisse sind diese Musikkunststücke eher schwierig zu handhaben. Somit ist Goldsmiths letzter Score leider kein Höhepunkt, obschon Dante als Fan der Cartoons und des darin verwendeten Musikstils seinem Komponisten aus 9 vorangegangenen Zusammenarbeiten, wie immer die Freiheit liess, seinen eigenen Stil einfliessen zu lassen.
Mehrere Motive hat Goldsmith für LOONEY TUNES entwickelt und platziert diese oft in rasanter Geschwindigkeit hinter-, neben- und irgendwie noch aufeinander. Von Daffy Ducks Thema (mit «The Bad Guys» und «Car Trouble/Flying High» einer der wenigen typischen, sofort erkennbaren Goldsmith-Tracks: «Dead Duck Walking» – E-Gitarre, Synthesizer, Streicher) über ein Motiv für den von Timothy Dalton gespielten Geheimagenten Damien Drake (näher wagte sich Goldsmith nie an Barrys 007 heran), ein eher selten zu hörendes kleines Liebesthema und natürlich verschiedene Motive für das Lager der Bösewichte, allen voran für ACME, angeführt von einem fies-schleimigem Steve Martin. Diese, vermischt mit kurzen musikalischen Gags, klassischen Statements von Strauss bis Vivaldi und den wirklich Stalling’esquen Stücken des Australiers Cameron Patrick, ein Fan von Stallings Arbeit und Komponist von Kurzanimationsfilmen à la Chuck Jones.
Als das Finale nach mässigen Testscreenings neu gedreht wurde, war Goldsmith, der einige Jahre zuvor an Krebs erkrankte, nicht mehr in der Lage diese Änderungen musikalisch zu begleiten und so holte man auf seinen Wunsch John Debney an Bord, seines Zeichens kein Unbekannter in Sachen Komödien und Zeichentrickserien wie TINY TOONS ADVENTURES oder JETSONS: THE MOVIE (1990).
Varèse Sarabandes Club Präsentation bietet einerseits alles was Goldsmith für den Film komponiert hat (inklusive Re-Takes und Versionen, die nicht verwendet wurde), aber auch die angesprochenen Kompositionen von John Debney, Carl Stalling Zitate und Cameron Patricks Arrangements und Kompositionen. Wie so oft, wenn noch genug Platz ist, wird auch dem einstigen Soundtrack Album die erneute Ehre zuteil. Ein ausführliches Booklet mit Informationen von Daniel Schweiger und Bruce Botnick, Goldsmiths langjährigem Toningenieur, runden die Sache ab, die eher nicht als des Komponisten meistgeliebten Kompositionen dieser Phase in die Filmmusikgeschichte eingegangen ist, aber als dessen allerletzte Filmmusik einen Abschluss einer grossartigen Filmmusik-Filmo- und Diskografie bildet. Somit zur stets gerne gestellten Frage, ob man sich denn diese Verlängerung zulegen müsse? Müssen muss man bekanntlich nie. Für Fans des Films und/oder des Teamworks Dante/Goldsmith, sollte es sie geben, würde ich sagen: Ja, ran an die Varèse Club Scheiben.
Phil 15.2.2021
LOONEY TUNES: BACK IN ACTION
Jerry Goldsmith
Varèse Sarabande Club
CD 1: 40 Tracks
CD 2: 39 Tracks
123:17 Min.
Limitiert auf 2000 Stück