kurz und knapp 31: Fire in the Sky, Beast, Matinee, Ghostbusters: Afterlife, Box of Delights, Red Sonja u.a.

FIRE IN THE SKY
Mark Isham, La-La Land Records

FIRE IN THE SKY von Rob Lieberman (ALL I WANT FOR CHRISTMAS) ist ein Thriller aus dem Jahr 1993 in und um die UFO-Thematik, die in den 70er neues (Presse-)Futter erhielt und mit CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (1977) ihren prominentesten Vertreter hat. Basierend auf einem angeblich selbsterlebten Ereignis, erzählt der Film die Geschichte des Holzarbeiters Travis Walton, der während mehreren Tagen wie vom Erdboden verschluckt scheint, während seine Freunde mit seinem Verschwinden in Verbindung gebracht und ihnen ein möglicher Mord vorgeworfen wird. Als Travis wieder auftaucht, berichtet er von einer Entführung durch Aliens. FIRE IN THE SKY erhielt recht gute Kritiken und spielte in den USA knapp 20 Mio. Dollar ein.

Für die Musik wurde Mark Isham verpflichtet, der hier einen wirklich gelungenen Score abliefert. Die Mischung aus treibenden Suspensemomenten und Drama erreicht Isham einerseits mit einem Orchester, andererseits mit für sich agierenden Elektronika sowie dem Mix Synthie/Orchester, aber auch feinen, rein sinfonischen Teilen. FIRE IN THE SKY ist vielleicht eine der unterschätzteren Arbeiten Ishams, entstanden in einer sehr fleissigen Zeit des Komponisten, in der Scores wie A RIVER RUNS THROUGH IT (1992), OF MICE AND MEN (1992) und SHORT CUTS (1993) entstanden. 1993 erschien zu FIRE IN THE SKY eine Varèse-CD mit rund 40 Minuten, La-La Land präsentiert hier eine auf 1000 Stück limitierte Scheibe mit 53 Minuten Laufzeit.

Phil


BEAST
Steven Price, Back Lot Music

Mit BEAST (2022) liefert der isländische Regisseur Baltasar Kormákur durchschnittliches Popcorn-Kino. Die Naturbilder sind zuweilen schön und die titelgebende Bestie sorgt für zahlreiche Überraschungen – handwerklich gut gemacht, aber über weiteste Strecken unoriginell. BEAST ist irgendetwas zwischen THE GHOST AND THE DARKNESS (1996) und ein Safari-JAWS (1975). Die Filmmusik stammt von Steven Price, was meine Neugierde weckte, denn seine Arbeiten für die verschiedenen BBC-Naturdokus sowie auch für GRAVITY (2013) und FURY (2014) gefielen mir gut bis sehr gut. BEAST indes ist eine Enttäuschung geworden. Das Album ist mit 74 Minuten deutlich zu lang geraten und klingt doch tatsächlich über weite Strecken wie GRAVITY und FURY, was im Kontext dieses Films nicht nachvollziehbar ist. Musikalisches Lokalkolorit streut Price mit Perkussion und etwas Gesang leider nur marginal und scheinbar wenig inspiriert ein, wobei eines der prägnanteren Gesangsmotive – bspw. in «Amahle Would Be Proud of You» oder «Coda» – an Lisa Gerrards Darbietungen in «The Wheat», «Elysium» und «Now We Are Free» aus GLADIATOR (2000) erinnert.

Auch wenn die Hoffnungen auf einen zweiten GHOST AND THE DARKNESS in Sachen Filmmusik so unausweichlich wie verwegen gewesen sein mag, hätte ich mir von Steven Price hier schon etwas mehr orchestralen Bombast und Kampfgeist erhofft. Stattdessen ist seine Filmmusik für BEAST überwiegend atmosphärisch und kühl geworden. Nicht selten schwebt man vor dem geistigen Auge wieder mit Bullock und Clooney durchs All, fernab von Safari… die Hitze Afrikas dringt hier musikalisch kaum durch. Das Album macht indes Lust, sich endlich wieder Mal Jerry Goldsmiths grandiosen THE GHOST AND THE DARKNESS anzuhören. Das ist doch auch etwas.

Basil


THE BOX OF DELIGHTS
Joe Kraemer, Buysoundtrax

Der 1935 erschienene Kinder-Fantasy-Roman THE BOX OF DELIGHTS von John Masefield mag eine Art Vorläufer von HARRY POTTER sein. Nebst einer Fernseh-Serie von 1984 erfuhr er primär mehrere Hörspiel-Adaptionen. Auch bei dieser  ̶  mit Sprechern wie Derek Jacobi und dem kürzlich verstorbenen David Warner prominent besetzt  ̶  handelt es sich um eine solche. Ob Weihnachten eine wichtige Rolle spielt bei dieser Geschichte, weiss ich nicht, aber da die Musik Bearbeitungen einiger bekannter englischer Carols enthält, liegt die Vermutung nahe. Gestützt wird dies auch durch die Tatsache, dass in einigen Momenten bezaubernde Celesta-Klänge à la John Williams› HARRY POTTER zu vernehmen sind. Aber da mit SUPERMAN ein weiterer Score des Maestros zitiert wird, enthält die Story wohl auch eine heldenhafte Komponente.

Nebst all dem ist Joe Kraemer auch mit ein paar respektablen, für solch ein Sujet passenden Themen unterwegs. Er präsentiert gut dosierten Humor und Stimmungsvolles wie eine klanglich toll umgesetzte Dampfeisenbahn. Spannung und Dramatik sind auch dabei, darunter aber wenig, das aufhorchen lässt. Irritierend ist der gelegentliche Einsatz von Elektronik, die den gepflegten Orchesterklang doch etwas untergräbt. Im Grossen und Ganzen ist THE BOX OF DELIGHTS jedoch ein schön gemachter Old-School-Score, und diese Art von Musik scheint Joe Kraemer zu liegen.

Andi


MATINEE
Jerry Goldsmith, Intrada

Langsam, langsam geht den Labels der Goldsmith-Stoff wohl aus. MATINEE (1993) war die letzte Musik des Dante/Goldsmith Zusammenspiels, die noch nicht in Langfassung erhältlich war. Gegenüber der mauen Varèse-CD aus 1993 wurde der Score um 14 Minuten (insgesamt 22 Scoretracks) gestreckt, dazu kommen knapp 15 Minuten Extras. Zusammen mit LOONEY TUNES: BACK IN ACTION stand MATINEE aber bei den Fans nie zuoberst in der muss-ich-unbedingt-haben-Liste, das ändert auch mit der Langfassung kaum, selbst wenn Fans des Komponisten hier wohl zuschlagen werden und wir nun auch Knuspriges wie «The Mobilization» zu hören bekommen, sowie die Intrada-Fassung abgerundeter erscheint als das alte Album.

Wie der Film, der seine Momente hat, aber eben auch nicht mehr, so ergeht es einem bei Goldsmiths Musik, die in keiner Weise an Vorgänger wie GREMLINS, EXPLORERS oder INNERSPACE heranreicht. Immerhin wurde der Klang durch Bruce Botnick persönlich aufgefrischt, ausserdem haben wir nun ein Booklet mit Liner Notes von Jon Takis. Ansonsten bin ich in «There’s more with Jerry (6)» bereits auf Film und Score eingegangen, belassen wir es also dabei.

Phil


GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE
Rob Simonsen, Sony Classical

Die vorliegende GHOSTBUSTERS Fortsetzung wirkt bei allem Klamauk erwachsener als der kultige Erstling. Nachvollziehbare Emotionen und eine liebevolle Inszenierung garantieren über 125 Minuten gute Unterhaltung. Wenn ich ehrlich bin, ist GHOSTBUSTERS AFTERLIFE mein Lieblingsfilm dieses beliebten Franchise.

Zum Filmscoring von Rob Simonsen: Schon damals hatte ich nach dem Hören der GHOSTBUSTERS Musik die Titelmelodie des A-TEAMs als Ohrwurm im Kopf. So auch heute. Die Musik läuft einmal durch, und anschließend beschäftige ich mich gedanklich mit der A-TEAM Vertonung. Und nicht nur das: Zum A-TEAM-Ohrwurm Effekt kommt dazu, dass man fortwährend das Gefühl hat, einen verschollenen Silvestri Score zu hören. Das Schlagwerk aus PREDATOR oder BACK TO THE FUTURE wechselt sich ab mit einigen Happen aus FLIGHT OF THE NAVIGATOR. Wer sich nun im besagten Jahrzehnt auskennt, für den dürfte die Vertonung Spaß machen. Aber diese Stärke ist zugleich die Schwäche der Komposition. Für unerfahrene Hörer verlangt die Musik Einhörzeit, da der Score für sich alleine nicht wirklich gut funktioniert. Außer man hat – wie gesagt – einen musikalischen Bezug zu den Achtzigern. 

Oliver


RED SONJA
Ennio Morricone, Quartet Records

Lange Zeit geisterten mehrere Versionen des Orginalalbums durch die Filmmusikshops (Varèse, Varèse Club, Perseverance…) – bis das spanische Quartet Records nun nebst dem alten Album auch den Score, zum grössten Teil wie im Film zu hören, dazu stellt (rund 40 Minuten in mono). Fans des Films wird es käumlich geben, Richard Fleischers Versuch, zusammen mit Dino DeLaurentiis nochmals gross vom Fantasykuchen zu schöpfen, misslang komplett. Nicht nur war das Genre durch billige Kopien von CONAN THE BARBARIAN gesättigt, selbst das CONAN Sequel THE DESTROYER missriet auf ganzer Linie (wer sich wie ich damals im Kino mit dem Film abmühte, weiss was ich meine und selbst Basil Poledouris kam nicht auf Touren).

RED SONJA war zunächst als dritter Film der CONAN Reihe gedacht, die Macher entschieden sich schliesslich anders und so tritt Arnie Schwarzenegger an der Seite der dänischen Newcomerin Brigitte Nielsen zwar wie CONAN auf, ist aber dann doch nicht ganz CONAN – wenigstens offiziell nicht.
Ennio Morricone, der eigentlich schon THE BARBARIAN hätte machen sollen, tauchte 1984 mit HUNDRA ins Genre ein. Und so einiges aus diesem Score hat der Vielverwerter in RED SONJA verarbeitet. Der Score klingt also recht familiär (auch ein wenig Poledouris schimmert da und dort durch), bietet aber wirklich einiges an (Hör)Spass. Morricone Fans werden sicherlich die manchmal feinen, manchmal grösseren Unterschiede zum Albummix feststellen, aber auch erstaunt sein, dass nicht mehr Musik zur roten Sonja zu existieren scheint.

Phil


LIGHT & MAGIC
James Newton Howard, Michael Dean Parsons, Xander Rodzinski & Tobin Pugash, Walt Disney Records

Die 6-teilige Mini-Doku-Serie LIGHT & MAGIC (2022) von Regisseur Lawrence Kasdan beleuchtet die Entstehungsgeschichte der preisgekrönten Visual-Effects-Schmiede Industrial Light & Magic. Die Musik hierzu stammt von James Newton Howard, wobei ihn die bereits mehrjährigen Arbeitskollegen Michael Dean Parsons, Xander Rodzinski und Tobin Pugash mit «additional music» unterstützten. Wie umfassend deren Mittun war, erschliesst sich einem mit dieser digitalen Veröffentlichung nicht wirklich. Vom gut 40-minütigen Album stammen sechs Stücke mit total rund 15 Minuten Laufzeit aus deren Federn, doch fügen sich ihre Kompositionen und jene von James Newton Howard gut zu einer Einheit zusammen.

LIGHT & MAGIC klingt, als wäre Newton Howards Komposition «After Earth» mit ihrem drängend-optimistischen Abenteuercharakter aus dem gleichnamigen Film von 2013 mit James Horners LIVING IN THE AGE OF AIRPLANES (2015) und Stilismen von Thomas Newman vermischt worden. Mit einer Prise locker-leichter Verspieltheit aus Michael Giacchinos INSIDE OUT (2015) abgeschmeckt. Insbesondere während Stücken wie «Light & Magic» und «The Train of Drama» sind die Ähnlichkeiten zu Horners LIVING IN THE AGE OF AIRPLANES frappant…

Während der ganzen Spielzeit behält die Musik einen unaufdringlichen, Doku-Hintergrundmusik-Charakter bei – eine Synthi-Musik ohne Ecken und Kanten. Diese mehrheitlich locker-flockige Grundstimmung umspült das Gezeigte und Erzählte, ohne die Aufmerksamkeit zu strapazieren. Wenn man sich nicht am dominierenden Synthi-Klang stört, ist LIGHT & MAGIC kurzweiliges Easy-Listening mit Funk- und Jazz-Einwürfen, das man indes nach dem letzten Ton sogleich vergessen hat. Fans dramatischer, orchestralen Filmmusik von James Newton Howard werden hier nicht bedient und müssen auf die TV-Serie-Adaption von WILLOW hoffen. Als Kuriosum dürfte LIGHT & MAGIC im Oeuvre von Newton Howard indes ein Platz sicher sein.

Basil


HIGHWAY 395, AMERICAN NIGHT, THE BOMBARDMENT
Marco Beltrami, Buck Sanders, Ceiri Torjussen, Perseverance, Quartet Records

AMERICAN NIGHT (2021, entstanden in Zusammenarbeit mit Moviescore Media) ist hauptsächlich modern elektronisch, teilweise mit akustischen Soloinstrumenten ergänzt, aber auch Blech und Streichern, wobei mir diese doch sehr wie Samples rüberkommen, ausserdem mit zeitgemässen Beats unterlegt. «Aus dem Ruder» läuft hier ein rauchiges Jazzmotiv, das zwei Mal zu hören ist und von dem ich mir in dieser Form gerne mehr gewünscht hätte. Zu Beltramis Seite stand hier Ceiri Torjussen. Dank an Quartet, dass nebst dem download only Angebot von Moviescore doch noch eine andere und bessere Möglichkeit besteht, in den Score reinzuhören.

Ebenfalls in Zusammenarbeit mit Torjussen, der etwa ab der Hälfte des Projekts dazustiess, sowie Langzeitbegleiter Buck Sanders entstand THE BOMBARDMENT (2021, das ist der Titel bei Netflix, im Original SKYGGEN I MIT ØJE) unter der Regie von Ole Borndedal, für den Beltrami bereits bei DYBT VAND (1999), I AM DINA (2002), VIKAREN (2007) und 1864 (2014) die Musik lieferte. Entgegen der zeitlichen Begebenheiten, entschieden sich Beltrami und Sanders für einen moderneren Score mit elektronischen Beihilfen und Solo-Instrumenten. Mir fehlt hier aber ein Gefühl der Einheit, wenn auch das Klaviermotiv, mit dem die CD eröffnet wird, gefühlvoll und gefällig ausgefallen ist.

Der Höhepunkt des hier vorgestellten Trios ist HIGHWAY 395, ein Actioner von und mit Fred Dryer aus dem Jahr 2000, dessen Score das Label Perseverance ausgegraben hat. Beltrami und Sanders liefern nicht einen spannenden Mix mit Spaghettiwestern-Feeling, sondern auch Elektronika, die dann und wann an die 80er Jahre gemahnen. Eine Musik mit einem durchaus rauen, kantigen Feeling, die mitreissen kann.

Highway 395
American Night
The Bombardment

03.09.2022 – Basil, Andi, Oliver & Phil