The Russia House

THE RUSSIA HOUSE (1990) – ein persönlicher Ohrwurm ist dieser Goldsmith-Soundtrack geblieben, Film-Bilder kommen beim ersten Klang wieder, doch auch ohne THE RUSSIA HOUSE gesehen zu haben, wären Goldsmiths Kompositionen hörenswert, im angenehmsten Sinne einprägsam. Faszinierendes Talent, über Jahrzehnte produktiv: Jerry Goldsmith, 1929 – 2004, Genre-Chamäleon.

Ob John J. Rambo, König Arthur, Supergirl, kleine Monster, Zicke Catherine Tramell oder US-Präsident James Marshall – in Goldsmiths Tracks fühlten sich allerlei Figuren wohl. Im cinema-Artikel hieß es einst, sinngemäß: „…bei der Musik von AIR FORCE ONE (1997) möchte man stramm stehen und die amerikanische Flagge hissen.“ Ein (thematisch-logisch) ganz anderer Goldsmith hier, Jahre zuvor, für Fred Schepisi’s THE RUSSIA HOUSE – stets getragen von Melancholie und Geheimnissen.

Track 1, „Katya“: Durch die Wolken der Sowjet-Union schwebt der Hörer hinab, zum Roten Platz – Michelle Pfeiffer nimmt uns mit. Es geht um brisante Aufzeichnungen, welche womöglich belegen können, dass die Sowjets doch nicht so wehrhaft, schlagkräftig sind, wie der Westen bislang vermutete. Geheimsache, später kommen Roy Scheider, Brandauer und Connery – Goldsmith ist längst da, seinen Elektro-Sound setzt er schlicht gekonnt zu Streichern, Piano, Klarinette und Sopran-Saxophon.

Track 5, „Katya And Barley“: Voller russischer Seele und Romantik. Gerade für ungeübte Filmmusik-Starter könnte dieser Goldsmith-Soundtrack in seiner Eigenständigkeit wertvoll sein – die Musik geht gut durch, nichts poltert, was plötzlich aufschrecken ließe. Nur Vorsicht: Viel zu schade für Mittags- oder gar Büroschlaf.

Track 9, „I’m With You / What Is This Thing Called Love“: Leitet in gejazzte Jam-Session über – Track 11: „The Gift“, birgt Suspense und schwärmerischen Ausklang. Zwischen beiden Tracks also eine (zugegeben: traumhafte) Vocal-Nummer (Track 10) – genug der Haarspalterei, THE RUSSIA HOUSE kann sich hören lassen.

Einziger „Rausreißer“ beim CD-Genuss ist eben Track 10, ein Patty Austin-Song (hier weht wieder, wenn man so mag, das Main Theme hindurch), doch am CD-Ende wäre dieses Stück besser positioniert.

Schön, Track 12, „Full Marks“: Mit wiederkehrender Kombination aus „Ost-Charme“ und typischem Goldsmith-Synthe, der stimmungsvoll in weiteren Tracks eingebaut ist – wie man dies eben schätzt, bei Goldsmith.

Im Booklet gäbe es Platz für einige Notes, schade. Graphische Gestaltung u.a.: Raster-Artwork von Connerys Barley Blair. Beim Cover setzte man natürlich auf das Paar Katya / Barley, vor edlem Schwarz mit roten Zwiebeltürmchen. Und so richtig gefällt diese Booklet-Textzeile: „Special Thanks to all the wonderful musicians in the orchestra“.

Manfred Schreiber, 20.7.2013

Jerry Goldsmith 

MCA Records MCD10136 

61 Min. / 17 Tracks

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