Somewhere in Time

Gibt es die eine grosse, unsterbliche Liebe, die alle Leben und Zeiten überdauert? Dieser Frage geht Jeannot Szwarc in SOMEWHERE IN TIME nach. Der Theaterautor Richard Collier kriegt während einer Party von einer alten Dame mit den Worten «come back to me» eine alte Taschenuhr in die Hand gedrückt, und weil ihm diese seltsame Begebenheit keine Ruhe lässt, beginnt er über die Unbekannte nachzuforschen. Als er schliesslich herausfindet, dass es sich dabei um eine berühmte Schauspielerin aus dem frühen 20. Jahrhundert namens Elise McKenna handelt, gelingt es ihm durch eine Art Selbst-Hypnose, sich ins Jahr 1912  ̶  wo er anscheinend schon einmal lebte  ̶  zurück zu transportieren. Er begegnet Elise auf dem Zenit ihrer Karriere und ihrer Schönheit, und die beiden verlieben sich (erneut) ineinander.

Basierend auf dem Fantasy-Roman BID TIME RETURN von Richard Matheson (der im Film einen kleinen Auftritt hat), deutete zunächst nichts darauf hin, dass SOMEWHERE IN TIME zu dem Klassiker werden sollte, der er heute ist, denn die Kinoauswertung blieb  ̶  auch aufgrund allgemein nicht sehr wohlwollender Kritiken  ̶  deutlich hinter den Erwartungen zurück. Erst als der Film im Kabel-TV auftauchte, zog er immer mehr Menschen in seinen Bann und erwies sich im Nachhinein als Glücksfall für Christopher Reeve und Jane Seymour, die als eines der grossen und tragischen Liebespaare der Filmgeschichte unvergesslich bleiben werden. Weitere grosse Pluspunkte sind Christopher Plummer als besitzergreifender Manager von Elise, das Grand Hotel auf Mackinac Island als magischer Schauplatz und mit John Barrys Musik einer der romantischsten Scores aller Zeiten, der gar zu seinem beliebtesten und erfolgreichsten werden sollte.

Dabei war der musikalische Plan zunächst ein anderer, denn da Collier im Roman als Klassikliebhaber mit Vorliebe für Gustav Mahler  ̶ dem auch Szwarc sehr zugetan ist  ̶  beschrieben wird, sollte dessen Musik auch im Film unterkommen. Jane Seymour aber plädierte für Barry, mit dem sie schon lange freundschaftlich verbunden war, und obwohl er nicht in Frage kam, da zu teuer, schickte sie seiner Frau Laurie das Drehbuch. Mit Erfolg, denn Barry war begeistert vom Projekt und trotz finanzieller Einbussen bereit, sich dafür zur Verfügung zu stellen.

Ein Stück aus der Klassik spielt aber trotz Barry  ̶  und wurde von ihm selbst vorgeschlagen  ̶  eine zentrale Rolle: das «Andante Cantabile» aus RHAPSODY ON A THEME OF PAGANINI von Sergej Rachmaninow, das sozusagen die Seelenverbundenheit von Richard und Elise repräsentiert. Darum herum schreibt Barry mit den für seine spätere Phase so typischen Streichern, Violine, Klavier, sanften Flöten- und Harfenklängen sowie da und dort einem Waldhorn oder einem Saxophon unendlich schöne Themen, deren betörender Wirkung sich wohl nicht nur der Romantiker widerstandslos hingibt und die ebenso wie der Film eine unerklärbare Magie ausstrahlen. Erklärbar jedoch ist, warum dieser Musik schon beinahe ein Übermass an Wärme, Liebe, Nostalgie, Sentimentalität und Trauer innewohnt, denn John Barry verarbeitete darin den Verlust seines Vaters und seiner Mutter, die nicht lange zuvor im Abstand von nur 16 Wochen verstorben waren.

Das Originalalbum von MCA enthält etwas über eine halbe Stunde Musik, und diese Version verkaufte sich bis 1998 eine Million mal, was Barry nach Gold auch eine Platin-Schallplatte einbrachte. In eben diesem Jahr 1998 erschien bei Varèse eine vorzügliche, rund 41-minütige Neueinspielung mit John Debney und dem Royal Scottish National Orchestra. Da setzt nun La-La Land Records noch einen drauf und präsentiert nebst dem vom Komponisten dirigierten, 43-minütigen Score auch einiges an Source-Musik und Alternates. Im Unterschied zum Originalalbum erscheinen hier einige Tracks in abweichenden Filmversionen, und ausserdem ergänzen mysteriöse und dramatische Klänge, wie sie beispielsweise während Colliers Zeitreisen zu hören sind, die emotionale Bandbreite von SOMEWHERE IN TIME.

Im Zusatzprogramm ist insbesondere das Rachmaninow-Thema in einer Spieldosen-Bearbeitung zu erwähnen, da es in dieser Form auch im Film sehr bedeutsam ist. Neben Alternates einiger Cues kommt das Hauptthema im Solo-Klavier und als kommerzielle Pop-Version zu Gehör, und ein paar von Jeff Alexander arrangierte Perioden-Stücke verbreiten das Flair der 1910er-Jahre. Was es nicht gebraucht hätte, ist der komische Disco-Jazz-Hybrid, der Colliers Party-Szene unterlegt, da er hinten und vorne nicht zur Gesamtstimmung passt, aber den muss man sich ja nicht unbedingt antun.

Man kann stark davon ausgehen, dass SOMEWHERE IN TIME ohne John Barry nicht den Status geniessen würde, den er heute hat. Film und Musik sind derart untrennbar miteinander verbunden, dass sie gemeinsam etwas Profundes im Gefühlszentrum des Zuschauers auslösen. Damit erklärt sich auch die grosse Beliebtheit dieses Scores nicht nur bei Filmmusikfans, sondern auch in der breiten Bevölkerung, und das gibt es, wie wir wissen, nur sehr selten. So gesehen ist diese Veröffentlichung wohl für viele Menschen ein absolutes Must-have.

Andi 02.09.2021

 

SOMEWHERE IN TIME

John Barry

La-La Land Records

75:50 Min.
33 Tracks

Limitiert auf 5000 Stk.