Rio Lobo

Review aus The Film Music Journal No. 26/27, 2001

RIO LOBO (1970) ist mitunter eine der gesuchteren Westernmusiken von Jerry Goldsmith, die zuvor lediglich ausschnittweise und in bedenklicher Einspielqualität auf einem Sampler (BEST OF THE WEST von Edel) erhältlich war. In limitierter Auflage im Club-Programm hat das belgische Label Prometheus den Score zum so oft verfilmten Stoff – jeweils mit John Wayne in der Hauptrolle (EL DORADO, 1966, Musik: Nelson Riddle; RIO BRAVO, 1959, Musik: Dimitri Tiomkin) – nun herausgebracht. Das Gute daran: Die Musik stammt von Jerry Goldsmith. Das Schlechte: Aufgrund der Aufteilung der Tracks in Stereo (1 – 5) und Mono (6 – 10) entsteht leider ein filmchronologischer Mischmasch. Die Titelmusik taucht so zum Beispiel erst in der Mitte der CD auf. Ich hätte mir hier lieber eine Monoabmischung für alle Tracks und als Bonus die Stereostücke gewünscht, so wie es beim Konkurrenten FSM öfters gehandhabt wird. Da haben die Produzenten wirklich ein unglückliches Händchen bewiesen. Selbst wenn man die Scheibe chronologisch programmiert, ergibt sich das Problem der klanglich unterschiedlichen Raumbilder – wobei der Monoteil sogar besser klingt.

Zur Musik. Unter Fans war der «Main Title» wegen der Verwendung der Solo-Gitarre immer wieder im Gespräch, die im Film unter den Titelcards gar visuell sichtbar gespielt wird. Ein seltenes Stück Filmgeschichte und ein feines Stück Musik. Die Gitarre begleitet uns auch weiter durch RIO LOBO, sei es nun mit dem Instrument gespielt oder in von anderen Instrumentengruppen übernommenen Fassungen des Themas. Wundervoll die kurze Harfeneinlage im letzten Drittel von «A Good Teacher»/Quiet Town/Cantina», in dem wir auch einen Hauch des späteren UNDER FIRE (1983) vernehmen können.

Wem Goldsmiths Musiken zu anderen Western, vornehmlich die der zweiten Hälfte der 60er, nicht fremd sind, dem dürfte dessen Affinität bezüglich locker-flockiger und doch spannender Orchestrationen, dem mexikanischen Kolorit, den solistischen Einlagen zur Spannungserzeugung (hier Flöten, Akkordeon, Marimba, auch E-Gitarre) und die für heutige Ohren fast unauffällig rhythmisch beschaffenen Stücke nicht entgehen. In dieser Hinsicht ist RIO LOBO nicht unbedingt eine Neuheit, ausser, dass Goldsmith scheinbar auf ein grösseres Ensemble als auch schon hat zurückgreifen können.

RIO LOBO war Howard Hawks letzter Film und das Ende des Wilde Westen auf der Kinoleinwand war ohnehin bereits fast besiegelt. Von Goldsmith sollten noch drei weitere Filme in diesem Genre folgen, denen er seinen ganz eigenen Stempel aufdrücken konnte.

Für Fans des Western ist die CD trotz der eingangs erwähnten Problematik ein Muss, an HOUR OF THE GUN (1967) kommt RIO LOBO aber nicht heran, dazu fällt das pfiffige Hauptthema, das Goldsmith sonst bei staubigen Pferdehuf- und Schiesseisenfilmen gerne anbietet.

Bleibt noch die Frage, wem welche der RIO BRAVO Varianten am besten gefällt – filmisch und musikalisch?

Von La-La Land Reocords erschien schliesslich 2012 die definitive, auf 3000 Stück limitierte Fassung.

Phil  |  2001

 

RIO LOBO

Jerry Goldsmith

Prometheus

44:02 | 10 Tracks