Psycho III

Carter Burwell war Mitte der 80er Jahre ein noch unbekannter Musiker und Komponist im Filmbusiness, als er vor allem mit den Scores für Joel und Ethan Coens BLOOD SIMPLE (1984) und RAISING ARIZONA (1987) ins Rampenlicht trat – für die beiden Filmemacher ist er seither zu einem festen Bestandteil geworden. Auf den ersten Score Burwells wurde Anthony Perkins aufmerksam, der seine ikonische Hauptrolle im zweiten Sequel der PSYCHO-Reihe nur unter der Bedingung ausfüllen wollte, wenn er auch die Regie übernehmen konnte. Dem wurde entsprochen und so war PSYCHO III (1986) einer von zwei Filmen, die Perkins inszenierte (LUCKY STIFF, 1988, war der andere). Ich habe vom Film eher gemischte Erinnerungen. Gerade nach dem durchaus gelungenen Sequel, einen weiteren, vielleicht spannenden Teil der Reihe, die eigentlich keine Sequels brauchte, im Kino zu sehen, gelüstete schon. Die Erwartungen konnten allerdings nicht wirklich erfüllt werden. Das sahen scheinbar auch Andere so, PSYCHO III war wenig erfolgreich. Nebst Perkins war die Besetzung eher bescheiden, dafür sorgte Kameramann Bruce Surtees (BEVERLY HILLS COP, 1984) für wirklich stimmungsvolle Bilder – definitiv einer der Pluspunkte des Films.

Bei der Auswahl des Komponisten war die Filmmusikgemeinde doch erstaunt. Bernard Herrmann, Jerry Goldsmith… Carter Burwell. Speziell. Speziell auch sein Ansinnen vor allem Elektronik (Synclavier), Perkussion und Chor zu verwenden. Originell war es zweifellos, bei mir hinterliess der Titeltrack im Kino dennoch ein Fragezeichen. Diese Rhythmen konnte ich nicht so richtig mit einem Horrorfilm und schon gar nicht PSYCHO in Bezug bringen, vor dem geistigen und dem sonstigen Auge. Wenn man aber eines zu Burwells Karriere sagen kann, dann zweifellos, dass der inzwischen 67jährige Komponist stets seinen ganz eigenen Stil pflegte – einen, der sofort mit ihm in Verbindung zu bringen ist.

PSYCHO III beginnt mit einem Frauenchor in «Nunnery», ehe «Main Title» mit seinen angesprochenen speziellen Rhythmen und der so anderen Klangauswahl beginnt. Streicher, Pizzicato aus dem Synclavier, dazu Perkussionseffekte. So hat PSYCHO noch nie geklungen. Es folgen nun einige, nicht erschrecken, Tracks, die als source music dienen: Das rockige «Catherine Mary» und den schwer geniessbaren Rap in «Dirty Street», beide aus der Feder Burwells. Hat man die hinter sich gebracht, geht es mit dem Score weiter. Es folgen zwei Suspensetracks, ehe das Hauptthema gespielt vom Klavier mit vor sich hin summender Stimme ertönt: Im Film ist es Norman Bates, der dies vollbringt («Piano Theme»). Während zu Beginn der Charakter von Maureen (Diana Scarwid) und deren Tun im Kloster mit dem Chor assoziiert wird, ist es nun Normans Mutter, die mit dem Knabenchor plus Frauenstimmen ihr musikalisches Pendant erhält: «House, Mom Intro». Burwell verwendet Sprechgesang, um den Film in eine gruselig-dämonische Stimmung zu tauchen («Norman to Maureen in Bath»).
«Duke in Bar» ist ein weiteres source music Stück, hier ist es das Hauptthema, das Burwell in ein popiges Gewand setzt. Später taucht mit «Scream of Love» der «Theme Song from The Motion Picture PSYCHO III» auf, hier ist David Sanborn am Saxophon zu hören (auf der alten LP war dieses Stück als erster Track zu hören). Aus dem nachfolgenden mittelmässig inspirierenden Grusel weckt eigentlich erst wieder das kauzige «Rest Home» ein wenig die Gemüter. Ein standhafter, mit einigen lang gezogenen Atmos ausgestatteter, immer wieder von kurzen Perkussionseinschüben (klingt irgendwie japanisch) durchbrochener und dann und wann mit Stimmen angereicherter acht-Minuten Track («Maureen Comes to Norman, Tracy, Norman and Mom») bildet das Finale im Film, ehe «Norman Arrested» und das, sagen wir es gut schweizerisch, lüpfig atmosphärische Hauptthema in «End Credits» Film und Score beschliessen. Eigenwillig.

PSYCHO III ist weit entfernt davon zu Burwells besten Arbeiten zu gehören und ohne Zweifel ist es auch der schwächste musikalische Auftritt der PSYCHO-Filme. Immerhin ergibt die verlängerte Version ein anderes Bild als damals die kurze 31 Minuten LP von MCA und das ist dann auch schon das beste an diesem wirklich «aussergewöhnlichen» Horrorscore. CD 2 enthält diverse Versionen des «Scream of Love» Tracks (wer wird sich das wohl anhören?) und das unumgängliche Originalalbum. Gute Liner Notes von Scott Bettencourt begleiten die Intrada Doppel-CD, dazu gibt es Anmerkungen von Carter Burwell und die üblichen finalen Notizen von Douglass Fake.

Phil 22.2.2021

 

PSYCHO III

Carter Burwell

Intrada Special Collection

CD 1
62:04 Min. / 26 Tracks

CD 2:
60:00 Min. / 17 Tracks