Primal Fear

Review aus The Film Music Journal No. 7, 1996

PRIMAL FEAR (1996) von TV-Regisseur Gregory Hobblit (N.Y.P.D. BLUE 1993 – 1994) ist ein düsterer, hervorragend gespielter und beeindruckender Gerichtsthriller mit Richard Gere, Edward Norton (in einer für einen Oscar nominierten Rolle, die ihm Tür und Tor öffnen sollte), Laura Linney und Frances McDormand, brillant fotografiert von Michael Chapman (RAGING BULL, 1980). Gere spielt einen Strafverteidiger eines jungen Ministranten, den scheinbar unter einer schizophrenen Störung leidenden Aaron Stempler, der angeklagt wurde, einen Erzbischof umgebracht zu haben.

Ebenso düster wie die Story ist James Newton Howards Musik ausgefallen: Viel Elektronik und Perkussion, vermischt mit den Howard typischen, gestalteten Orchesterklängen. Klanggebilde und Atmosphäre aus GRAND CANYON (1991), dezent spannungssteigernde Elemente bekannt aus THE FUGITIVE (1993) – besonders in «Courtroom Montage» und «Aaron Stand» zu hören. Dies ist in etwa die Basis für PRIMAL FEAR. «Chasing Alex» seinerseits ist selbst für hartgesottene Howard-Action-Liebhaber eine aufregend knallharte Sache: Synthibeats jagen einem nur so um die Ohren. Auch E-Bass und E-Gitarre finden im Score Verwendung, doch nie so vereinnahmend wie in Joel McNeelys TERMINAL VELOCITY (1994). Howard führt ausserdem ein Englischhorn und die Elektrogitarre auf wundersame Weise zusammen und lässt eine bleierne, schwere Stimmung entstehen – toll gemacht.

PRIMAL FEAR ist ein Score, der nicht mit grossen Themen und Melodien arbeitet und auch nicht beim erstmaligen Hören gleich funktioniert. Die Musik wächst von Mal zu Mal und also sollte man mit PRIMAL FEAR etwas Geduld haben. Fans Howard ’scher Thrillermusiken kommen aber auf jeden Fall auf ihre Kosten, auch wenn nach Abzug zweier klassischer Stücke (Wolfgang Amadeus Mozarts «Lacrimosa» aus dem «Requiem», William Byrds «Introitus: Cibavit Eos» aus «Mass for Four Voices») und zweier Songs nur 29 Minuten Filmmusik übrigbleiben.

Phil, 1996

 

PRIMAL FEAR

James Newton Howard

Milan

45 Min.

22 Tracks