The Fugitive

1993 kam The Fugitive in die Kinos, ein unterhaltsam und spannend inszenierter Film von Andrew Davis mit einem wunderbar aufgelegten Harrison Ford und einem ebenso toll spielenden Tommy Lee Jones. Ford gelangen in den letzten Jahren nur noch eine Handvoll anständige Rollen, eine die ich aber immer gerne sehe, ist sein Dr. Kimble nach der gleichnamigen schwarz-weiss TV-Serie. Der Film zog mit U.S. Marshals ein gelungenes Sequel nach sich, Andrew Davis allerdings konnte mit keinem seiner nachfolgenden Werke auch nur annähernd an The Fugitive heranreichen und inszenierte Fürchterliches wie Collateral Damage und Chain Reaction.

Das Album, das damals erschien, war bei mir über Monate ein Dauerbrenner im Player (trotz der vertauschten linken und rechten Kanäle!), ein Score, den ich noch heute als einen der besten Actionmusiken der letzten 20 Jahre bezeichne und der trotz seiner Thestosteron geladenen Atmosphäre und pumpenden Rhythmen Platz hatte für motivische Arbeit und Themen. Das Electra Album präsentierte dabei eine gelungen getimte, kurzweilige 41 Minuten Auswahl. Etwas später machte dann ein Bootleg mit mehr Musik die Runden, doch die Klangqualität war sehr bescheiden.

Die Lalaland Version nun kommt als 2 CD Set.
CD 1 und der erste Teil von CD 2 sind für den Score reserviert, 94 Minuten Musik mit wenig teils nicht im Film verwendeten Passagen. Für Fans der Musik zweifellos ein absoluter Kracher, denn das sind 94 Minuten voll mit Action und Spannung, die James Newton Howard hier ganz hervorragend und geschickt aufbaut und in den letzten Track zu einem wahren „Furiosum“ führt.

Es sind also hauptsächlich (aber nicht nur) die währschaften Actionmomente, von denen The Fugitive besonders in der hier vorliegenden Form einige bietet. Aber es sind auch fein geführte Spannungspassagen (die übrigens im Film eine vortreffliche Rolle spielen) und die emotional packende Dramatik, die Howard mit seinem Hauptthema, zB. in No Press und in It’s Over für die verlorene Liebe Kimbles und dessen Kampf, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, generiert. Ganz ähnliche Wege ging Howard etwas später mit Outbreak, aber besser, ohrenschmeichelnder und freilich mehr auf Western ausgerichtet in Wyatt Earp.

Es ist zweifellos die Mischung aus dominanter Liveperkussion (ein Grossteil des Schlagzeugs wurde eingespielt), Orchester und Elektronik, die The Fugitive in dieser Form einen besonderen Reiz gibt. Es ist aber auch das geschickt eingefügte, nicht unbedingt vordergründige jazzige Ambiente, mit dem Howard spielt – Wayne Shorters Saxophonspiel ist im Film aufgrund der Abmischung übrigens weitaus weniger zu hören als auf CD. Das lag an der Art der Aufnahme, die Shorters Spiel mittig plazierte und von den Tonleuten mit Toneffekten überlagert oder gleich ganz ausgeblendet wurde.

Für mich war Howard damals (Waterworld, Wyatt Earp, Falling Down, Dave) auf dem absoluten Höhepunkt seiner filmmusikalischen Tätigkeit, auch in einem Genre, dem ich heutzutage weitaus skeptischer gegenüberstehe und das leider längst nicht mehr für hörenswerte Scores sorgt. Howard war aber auch meldoisch von einer Stärke, an die er heute leider allzu selten noch heranreicht.
Allerdings darf man The Fugitive durchaus auch kritisch betrachten: Die Musik musste zweifellos als nicht immer ganz glücklich ausgeführtes Rolemodel in den Jahren nach 1993 herhalten, führte mit seinen rhythmischen Elektronikbeigaben zu einer gewissen Übersättigung in vielen Genrescores und musste in unzähligen Trailers als Reisser herhalten, ähnlich wie es lange Aliens und Total Recallwiederfuhren.

Dass die Einspielung mit den Musikern aufgrund der detaillierten und komplexen Tempovorgaben von Howards ausführlichem Synthesizer Mockup eine besondere Herausforderung war und andere Informationen, sind im hervorragenden Booklet, geschrieben von Dan Goldwasser (und Jeff Bond für die Track-by-Track Notizen), nachzulesen. CD 2 hält ausserdem alternative Tracks bereit, mal mit weniger Perkussion oder Hall und ohne Saxophon. Auch die für die damalige CD verwendeten Suiten sind zu hören wie auch ein Synthiedemo von Howard.

Wie eingangs erwähnt würde ich die Lalaland-Ausgabe wirklich und vor allem den Fans von Howards-Actionmusik ans Herz legen, die dürften hier alles andere als enttäuscht werden.

Phil, 27.12.2009

 


THE FUGITIVE

James Newton Howard

Lalaland Records LLLCD 1112

CD 1: 64:52 / 17 Tracks
CD 2: 61:29 / 19 Tracks

Limitiert auf 3000 Stk.

 

 

 

 

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