Eine der sagenumwobensten Horner-Musiken, die hier entmystifiziert wird, dürfte diejenige zu William Friedkins Erotikthriller Jade (nach einem Drehbuch von Joe Basic Instinct Esterhaz) sein, wobei sagenumwoben sich weder auf die Qualität der Musik noch den Film sondern eher die Umstände an sich bezieht. Der 50 Millionen Dollar Streifen von 1995 floppte gewaltig und James Horner soll für seine 26 Minuten einen dicken Gehaltscheck abgeholt haben – gerüchteweise den bis zu jenem Zeitpunkt fettesten für einen Filmkomponisten.
Zu beidem ist im Booklet leider absolut nichts zu erfahren, auch nicht zum Fakt, dass Esterhaz, selber auch fürstlich entlohnt, vom Film gar nicht angetan war und seinen Namen zunächst nicht mehr im Titelspann haben wollte (er hätte ihn allerdings auch beim nicht minder missratenen Showgirls streichen lassen sollen). Überhaupt ist das Booklet, das zwar recht detailliert ist, masslos übertreibend was Film und insbesondere Musik betrifft. Liest man die Liner Notes von Dan Goldwasser, so hat man das Gefühl einen grandiosen Film und eine bahnbrechende Musik vor sich zu haben. Beides ist bei weitem nicht so: Den Film kann man vergessen – und Horners Musik eigentlich auch.
Nebst fertigen Musikschnipseln, etwa einem Teil einer Kent Nagano Einspielung von Strawinskys „Le sacre du printemps“ (seconde partie: le sacrificie, action rituelle des ancètres) oder Loreena McKennitts „Mystic Dream“, so wie es Friedkin in manchen seiner Filme gerne anwendete – am populärsten sicher in The Exorcist – brodelt es aus James Horners Synthie- und Ethnokiste, wobei die Vermählung von manchmal langatmiger, tiefer Basselektronik, polternder Perkussion, Klavier sowie chinesischen und fernöstlichen Klängen (akustisch eingespielt) hier kein sonderlich grosses Interesse weckt, auch wenn sie durchaus ein eigentümlich-bizarres Experiment zeigt (durch entsprechende Auswechslung der Instrumente könnten da und dort auch Ähnlichkeiten zu 48 Hours herausgehört werden…).
Die 26 Minuten Horner, von denen nicht mal alles im Film landete, sind wirklich eine Herausforderung an den guten Hörgeschmack. Selbst Synthiefetischisten werden hier wenig zu hören kriegen, das sie besonders entzücken dürfte. Angesichts dessen mutet der Satz von William Friedkin: „I love the score, and still can listen to its complexity with great interest“ schon fast grotesk an und selten wie kaum je zuvor trifft die sonst überheblich gefärbte Meinung „Das hätte ich auch gekonnt!“ bei Jade fast ein wenig zu. Nun, Horner kann man das zweifellos nur zum Teil vorwerfen, denn wenn ein Regisseur sich so begeistert äussert wie Friedkin es tut, hat der Komponist doch so einiges richtig gemacht, was von ihm gefordert wurde.
Die Lalaland CD ist nichts anderes als ein reines Sammlerstück für Horneristen, mehrere, ja gar viele Male, wird die Disc sicherlich nicht ihre Runden drehen und wer nicht ein wirklich beinharter Horner-Fan ist, wird sich ob dem Gebotenen eher krümmen als freuen.
JADE James Horner Lalaland Records LLLCD 1146 51:19 Min. / 15 Tracks
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