Für Jack Ryan: Shadow Recruit (2014) arbeiteten Regisseur Kenneth Branagh und Komponist Patrick Doyle bereits zum zehnten Mal zusammen. Das Ergebnis ist ein routinierter Spionage-Thriller geworden, der dem Genre zwar nichts Neues beifügt, jedoch ganz ordentlich zu unterhalten vermag. In Anbetracht dessen, dass ein Regisseur wie Branagh jedoch auf dem Regiestuhl Platz nahm, macht sich dennoch etwas enttäuschte Stimmung breit. Dieses Gefühl stellt sich leider auch in Bezug auf die Filmmusik von Doyle ein. Das Album von Varèse Sarabande bietet eine sehr grosszügige Präsentation seiner Filmmusik, wobei hier weniger definitiv mehr gewesen wäre. Doyle liefert einige sehr schöne Filmmusikmomente, doch zieht sich das Album auch über zahlreiche wenig interessante Underscore-Spielminuten hin, die von Synthi dominiert werden. Das passt zum Film, ist als reines Hörerlebnis jedoch weniger attraktiv.
Wenn ich eine neue Filmmusik von Patrick Doyle einlege, freue ich mich auf eine thematische Filmmusik mit organischer Ideenentwicklung und facettenreicher Orchestrierung – von berührenden Solo-Einlagen bis hin zu voluminösen Tutti-Passagen. Mit seinen jüngeren Arbeiten machte er überraschende Ausflüge ins Hollywood-Mainstream- und Blockbuster-Kino, womit die Hoffnung geweckt wurde, dass Altmeister wie er den etwas einfältig gewordenen Blockbuster-Sound wieder mit attraktiver und nuancierterer, orchestraler Filmmusik auffrischen. Das war stellenweise auch der Fall, indem Doyle schöne und prägnante Leitmotive entwickelte, doch schlichen sich in überraschendem Masse auch überstrapazierte Blockbuster-Vertonungstechniken wie Steady-Beats, Elektro-Rhythmen und die Powellesquen Streicherostinati ein.
So boten Filmmusiken zu Harry Potter and the Goblet of Fire (2005), Rise of the Planet of the Apes (2011) und Thor (2011) herausragende Passagen, die in meinem Falle bereits unzählige Male den Raum erfüllten, doch weisen alle Alben auch Momente auf, die austauschbar und wenig inspirierte daherkommen (entgegen bspw. fantastischen, kleineren Arbeiten von Doyle wie jüngst La ligne droite (2011) und Jig (2011)). Dies ist leider auch bei Jack Ryan: Shadow Recruit der Fall. Die Highlights des Albums sind wirklich toll und hörenswert. Dazu können die fast schon konzertant auskomponierten Stücke „Faith of Our Fathers“ mit kräftigem Chor und „Ryan, Mr. President“, eine mitreissende Helden-Hymne mit „fliegenden“ Streicherbewegungen im Hintergrund, gezählt werden, aber auch die beiden rasanten, wenn auch über weite Strecken von elektronischem Sound geprägten Stücke „Bike Chase“ und „Shadow Recruit“. Dann sind auch die Hauptthemen-Zitate im Eröffnungsstück „Flying over Afghanistan“ und die eher dramatischen Stücke am Ende des Albums – „Jack and Aleksandr“ und „Picking this Life“ – unterhaltsam geworden. Daraus ergeben sich tolle 20 Minuten, doch dauert das Album über 70 Minuten (!), wobei die restliche Musik über weite Strecken in ruhigen, dunklen Klanggefilden verharrt bzw. herumdümpelt. Das ist repetitiv und verliert als reines Hörerlebnis rasant an Unterhaltungswert.
Fazit: Patrick Doyles jüngste Arbeit muss, um verdienterweise genossen werden zu können, massiv gekürzt werden. Die Stücke 1, 3, 7, 20, 21, 22, 23 und 24 ergeben eine Suite von gut 20 Minuten Spielzeit, die zu gefallen weiss. Die restlichen knapp 50 Minuten Musik auf der CD sind jedoch enttäuschend maue Thriller-Musik von der Stange geworden. Für die gekürzte Form: 4 aus 5 Smileys.
JACK RYAN: SHADOW RECRUIT Patrick Doyle Varèse Sarabande 302 067 242 8 73:12 / 24 Tracks
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