Hamlet (1997)

Review aus The Film Music Journal No. 9/10, 1997

HAMLET (1997) ist eine weitere Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Darsteller Kenneth Branagh in Sachen «Shakespeare on film». Gestartet sind die beiden furios mit HENRY V. (1989) und MUCH ADO ABOUT NOTHING (1993) und legten mit DEAD AGAIN (1991) eine kleine Literaturklassiker-Pause, aber ein famoses Werk «Film Noir meets Alfred Hitchcock» Werk hin. Für HAMLET hat Branagh viele kleinere und grössere Rollen mit Berühmtheiten wie Richard Attenborough, Derek Jacobi, Julie Christie, Judy Dench, Billy Crystal, Gérard Depardieu, Rufus Sewell, Jack Lemmon, John Gielgud und vielen mehr besetzt. Ein absoluter Zungenschnalzer all die Darsteller ausfindig zu machen!

HAMLET ist eine eher komplexe und nicht leicht zugängliche Arbeit des schottischen Komponisten für Branaghs 4 Stunden Mammutwerk. Gerade das erste Drittel der mit 76 Minuten ausgedehnt langen CD, ist, mit Ausnahme der Fanfare, recht subtil und verwinkelt gestaltet. Richtig in Fahrt kommt die Musik eigentlich erst ab Track 12 «Oh what a Noble Mind». Im Vergleich mit MUCH ADO findet man bei HAMLET allerdings weniger Anhaltspunkte eines Themas. Doyle web seine Hauptmotive, drei an der Zahl, fein in seine Komposition ein. So entsteht ein Score, der eher durch seine oftmals bedrückende Stimmung besticht als durch schnell zugängliche Melodien. HAMLET ist freilich schon vom Stoff her ein anderes Kaliber als MUCH ADO oder der arg übertriebene, pathetische MARY SHELLEY’S FRANKENSTEIN (1994).

Somit ist HAMLET keine CD, die man einfach so nach einmaligen Anhören abstempeln sollte. Sehr nuanciert, fein und oft in sich gekehrt (wie viele der Figuren in Shakespeares Stück) ist seine Partitur und mit, wie bereits angesprochen, 76 Minuten wird hier die Grenze des Gebotenen etwas gar gedehnt. Man hätte sich für einmal auch auf einige der stärkeren Stücke wie das grandiose «My Thoughts be Bloody», «Oh what a Noble Mind», «Sweets to the Sweet-Farewell» und «Oh here They Come» beschränken können, um ein besseres Hörbild zu erhalten – dann aber wären die Liebhaber, die gerne möglichst alles einer Filmmusik hören möchten, auf die Barrikaden gegangen. HAMLET bleibt eher etwas für eingefleischte Doyle/Branagh-Fans und vielleicht solche, die es werden wollen. Wer aber vor allem auf den mehr bombastischen, melodisch geprägten Patrick Doyle steht, dürfte hiermit ein bisschen Mühe haben. Und sonst einfach die zweite Hälfte der CD geniessen!

Phil, 1997

 

HAMLET

Patrick Doyle

Sony

76:25 Min.
26 Tracks