Mit GHOST STORY kommt einer der gefragtesten Sardes endlich wieder auf den Markt. Seit der Score 1990 bei Varèse erstmals auf CD erschien, gab es bis dato keine weiteren Veröffentlichungen mehr. Dank Quartet Records werden die Fans von ihrem langen Hoffen und Warten jetzt erlöst, und die 18 Minuten an zusätzlicher Musik dürften auch Sammler locken, die den Titel bereits ihr Eigen nennen.
Der gepflegte Gruselfilm von 1981 basiert auf einem Roman von Peter Straub und erzählt die Geschichte vierer Senioren (die gestandenen Veteranen Fred Astaire, Melvin Douglas, Douglas Fairbanks Jr. und John Houseman), die von den Geistern ihrer alles andere als unbescholtenen Vergangenheit heimgesucht werden. Was genau sie sich haben zu Schulden kommen lassen, offenbart sich in einer langen Rückblende gegen Ende des Films.
Obwohl Philippe Sarde hauptsächlich mit seinen Vertonungen der Polanski-Filme THE TENANT und TESS in Hollywood aufhorchen liess, war es interessanterweise das mit Jean Gabin und Simone Signoret besetzte Ehedrama LE CHAT (1971), das dem Franzosen den Job bei GHOST STORY bescherte. Dass der Komponist wohl deshalb für das Hauptthema von GHOST STORY eine leicht überarbeitete und erweiterte Melodie aus LE CHAT wiederverwendete, dürfte dem kundigen Sarde-Hörer kaum entgehen. Und etwas katzenartiges hat es in der Tat, dieses Thema.
Sardes Musik ist sehr vielfältig und wirkt trotz diverser Einflüsse wie aus einem Guss. Es gibt Momente, die an Horrorfilme der 1930er-Jahre erinnern, klassische Genre-Elemente wie Kirchenorgel und geisterhafte Frauen-Vokalise, Holzbläser, aber auch Streicher, die gelegentlich an Bernard Herrmann gemahnen, eine dem Teufelsintervall frönende Geige, impressionistische Einsprengsel, pastorale Idyllen, ein perkussives Klavier, das zusammen mit Xylophon, Glockenspiel oder Celesta die klirrende Kälte des winterlichen Neuenglands heraufbeschwört, wiederum das Klavier, das in romantischer Manier in Erscheinung tritt, überhaupt die Romantik, die in ihrer französischen Sensibilität den Score von vergleichbaren Werken amerikanischer Komponisten unterscheidet. Da souverän in ihrer Machart und Ausführung, investiert man bereitwillig eine knappe Stunde, um sich dieser emotional in jeder Beziehung überzeugenden Musik hinzugeben.
Diese neue Präsentation von GHOST STORY beruft sich auf Sardes Vertonung des ursprünglichen Filmes. Da an diesem in letzter Minute noch Änderungen vorgenommen wurden, blieb auch die Musik nicht unberührt. Jeff Bond geht in seinen Liner Notes ausführlich darauf ein, was da alles gekürzt, verschoben oder ersetzt wurde. Wer nach dem Lesen dieses Abschnitts allerdings noch den Durchblick hat, vor dem ist wahrlich der Hut zu ziehen.
Wem dieser Score als wichtiger Baustein für seine Sarde- oder Horror-Sammlung noch fehlt, für den führt kein Weg an GHOST STORY vorbei. Aber selbstverständlich ist diese CD generell allen, die an exquisiter und komplexer Orchestermusik interessiert sind, nur allerwärmstens zu empfehlen.
27.9.2019, Andi
GHOST STORY
Philippe Sarde
Quartet Records QR377
53:18 Min.
19 Tracks
Limitiert auf 3000 Stk.