Death of a Gunfighter / Skullduggery

1969 ist ein markantes Jahr für den US-Western. Einerseits haben wir da den traditionell gehaltenen TRUE GRIT, der John Wayne seinen einzigen Oscar beschert, anderseits mit BUTCH CASSIDY AND THE SUNDANCE KID und THE WILD BUNCH gewichtige Vertreter des New Hollywood. Gut versteckt zwischen diesen grossen Kalibern befindet sich DEATH OF A GUNFIGHTER, ein kleiner, feiner Film mit problematischer Entstehung. Wegen Differenzen mit Richard Widmark zieht sich Robert Totten von der Produktion zurück, es übernimmt Don Siegel. Da letztlich beide Regisseure nicht genannt werden wollen, ist dies die Geburtsstunde von Alan Smithee, dem bekanntesten Pseudonym der Filmgeschichte.

Widmark spielt einen von der Zeit überholten Marshal einer Kleinstadt, deren Bürger schon lange nicht mehr erfreut sind über den locker sitzenden Colt ihres Gesetzeshüters und Massnahmen dagegen ergreifen. Eine Art HIGH NOON mit verkehrten Vorzeichen. Nebst Widmark ist die Mitwirkung von Lena Horne hervorzuheben. Die vornehmliche Sängerin ist in einer raren, ernsten Rolle zu sehen und trägt auch den von Oliver Nelson und Carol Hall geschriebenen, einen Hauch Blues oder Spiritual verbreitenden Titelsong «Sweet Apple Wine» vor, der als Hauptthema des Scores dient. In einem Orchester ohne Blechbläser sorgt dieses, sich der Tragik der Erzählung wohl bewusste Thema für Vielschichtigkeit, ist aber – zuweilen tickend wie eine Uhr mahnend, dass die Zeit für den Marshal langsam abläuft – auch Bestandteil von Spannungsmomenten. Dazu gesellt sich lebhafte, teilweise an Elmer Bernstein angelehnte Americana, die sowohl sorgloser als auch dramatischer Natur sein kann. Mit viel Fingerspitzengefühl ergründet Nelson auch schwelende Konflikte verschiedener Bürger untereinander und ein wenig, vom unausweichlichen Schicksal überschattete Romantik tut ihr übriges, diese kaum bekannte Filmmusik-Perle mit grosser Aussagekraft zu einem besonderen Hörerlebnis zu machen.

Der unausgegorene SKULLDUGGERY (1970) ist ein Mix aus Abenteuer, Romanze, Komödie und – involvierend die versklavten «Tropis» (halb Mensch halb Primat) – Science Fiction. Mit Burt Reynolds, Susan Clark und dem Schweizer Paul Hubschmid in einem überraschenden Hollywood-Auftritt interessant besetzt, spielt der Film hauptsächlich in Neuguinea, was Oliver Nelson die Gelegenheit gibt, beim ausgelassenen Hauptthema sehr dynamisch und mit viel exotischer Perkussion und Holzbläser dem Schauplatz gerecht werdend aus dem Vollen zu schöpfen. Er orientiert sich hiermit, aber auch mit einem ausladenden «Trek-Thema» an der lokalen Volksmusik, um damit in Kombination mit westlicher Orchestermusik die geheimnisvolle, aufregende und überwältigende Schönheit des Tropenwaldes darzustellen. Für den Humor ist hauptsächlich Reynolds Kumpel verantwortlich, und hier greift Nelson zu augenzwinkernden Jazz-Klängen. Das Liebesgeplänkel zwischen Reynolds und Clark wird erstaunlich melancholisch unterlegt, und für die Tropis, mit denen der Film wenig anzufangen weiss, fallen ein paar behäbig-schräge Klänge ab. SKULLDUGGERY mag nicht besonders tiefschürfend sein, ist aber dank origineller Gestaltung stets unterhaltsam.

In einer musikalischen Familie aufgewachsen, begann Oliver Nelson – als angesehener Jazz-Künstler und mit Musikstudium – in den späten 1960er-Jahren für Film und Fernsehen zu arbeiten. Viele dürften vor allem durch die COLUMBO-Episode «The Greenhouse Jungle» mit ihm in Berührung gekommen sein. Leider war ihm ein viel zu kurzes Gastspiel auf Erden beschieden, mit nur 43 Jahren starb er 1975 an Herzversagen. Gemessen an dieser sehr empfehlenswerten CD kann man nur schmerzlich erahnen, was uns dieses grosse Talent noch alles hätte bescheren können. Bestückt mit einem schönen, von Jeff Bond getexteten Booklet werden wir, Jahre nach ZIG ZAG, erst zum zweiten Mal mit einem ihm gewidmeten Silberling beglückt, und damit sind dann wenigstens alle drei Kinofilme Oliver Nelsons abgedeckt.

Andi  |  30.05.2024

DEATH OF A GUNFIGHTER/SKULLDUGGERY
Oliver Nelson
La-La Land Records LLLCD 1642
72:32 Min. | 40 Tracks
Limitiert auf 1500 Stk.