Noch war James Horner ein unbeschriebenes Blatt in Hollywood mit B-Picture-Titeln im Rucksack. Nur ein Jahr später, mit STAR TREK II: THE WRATH OF KHAN (1982), gelang dem damals 28 Jahre alten Komponisten der grosse Durchbruch.
Im selben Jahr wie DEADLY BLESSING (1981) entstanden die etwas besser bezahlten THE HAND und WOLFEN und unter anderem THE PURSUIT OF D.B. COOPER. Bei DEADLY BLESSING führte ein späterer Meisters des Gruselns, der ebenfalls noch vor seinem ganz grossen Durchbruch stand, Regie: Wes Craven. Zu sehen sind hier eine ganz junge Sharon Stone (damals noch ein Fotomodell) und ein bemitleidenswerter Ernest Borgnine, der bei dem Film um eine Witwe, deren getöteter Mann ein Aussteiger einer strenggläubigen, isoliert lebenden Glaubensgemeinde war, auch noch einen Unfall erlitt und hospitalisiert werden musste. Als wäre die Teilnahme an einem B-Picture nicht schon Strafe genug.
Dass James Horner Jerry Goldsmiths Schaffen verehrte und sich dann und wann, insbesondere in seinen Anfangszeiten auch an ihm orientierte, ist bekannt. Bei DEADLY BLESSING ist es der in Latein vorgetragene Chorgesang, der THE OMEN (1976) vor den Augen (und in den Ohren) des Hörers erscheinen lässt, wobei der Chor weitaus weniger Verwendung findet als beim berühmten Vorbild – unmissverständlich nah kommt Horner THE OMEN mit «Trouble in the Convertible». Zu hören sind aber auch Klangeffekte, die uns später bei STAR TREK II ebenso begegnen werden, wie ein hübsches, romantisches Thema à la COCOON (1984) für das Liebespaar und die ländliche Idylle oder ein Track wie «Snake in the Bath», der mit den Celli und Bratschen als auch den am Schluss des Tracks folgenden perkussiven Einschüben deutlich ALIENS-Stimmung (1986) vorwegnimmt (wie auch der geschäftigere, einiges später zu hörende «Faith Leaps Out»).
Also alles in allem ist hier ein früher Horner zu vernehmen, der zweifellos noch auf der Suche nach seiner eigenen Stimme war, aber bereits Momente erahnen lässt, die uns speziell zu Beginn seiner Karriere begleiten werden. Schliesslich und endlich ist DEADLY BLESSING ein durchaus guter mitunter auch überdurchschnittlicher Horrorscore (der übrigens gänzlich ohne Blechbläser auskommt) aus einer Zeit, als solche Scores eben noch danach klangen.
Nach WOLFEN hat Intrada sich hier somit eines weiteren Frühwerk Horners angenommen und dieses, wenn auch die bestehenden Bänder nicht in der besten Verfassung waren, in gutem Klang und mit 53 Minuten Score sowie vier Extra-Tracks – einer davon ist die Trailermusik von John Beal – auf CD veröffentlicht. Dazu gesellt sich ein Booklet mit gewohnt routinierten Liner Notes von Tim Greiving.
Phil | 25.07.2023
DEADLY BLESSING
James Horner
Intrada Special Collection
61:33 | 25 Tracks