Ab Anfang der Achzigerjahre bis zu ihrem Tod 1994 startete Jessica Tandy nochmals richtig durch und konnte letztlich doch noch ernten, was sie in einer über fünfzigjährigen Karriere gesät hatte. So erhielt sie für DRIVING MISS DAISY (1990) ihre einzige Oscar-Nomination als Hauptdarstellerin und wurde prompt ausgezeichnet (als bislang älteste Gewinnerin in dieser Kategorie). Und für FRIED GREEN TOMATOES (1992) gab’s immerhin noch eine Nomination als beste Nebendarstellerin. In diesem Zeitraum entstanden auch zwei Filme mit erstaunlich vielen Gemeinsamkeiten: COCOON (1985) und *batteries not included (1987). In beiden Fällen kommen Senioren mit Ausserirdischen in Kontakt, spielen die auch im wahren Leben verheirateten Jessica Tandy und Hume Cronyn Ehepaare (sogar deren jeweilige Geschlechtsnamen Finley und Riley ähneln sich) und stammen die Scores mit ihrem Mix aus Sinfonik und Big-Band-Musik von James Horner.
Aber während COCOON in einem Altersheim spielt und humanoide Aliens präsentiert, sind es in *batteries not included kleine Raumschiffe, sogenannte Fix-its, die alles reparieren, was in ihre Werkzeug-Greiferchen gerät, und am Ende des Tages stellen sie nicht nur materielle Dinge wieder her, sondern auch die Lebensfreude der Bewohner eines alten New Yorker Gebäudes, das sie vor dem Abriss bewahren. Und auch die Scores sind sich nicht so ähnlich, wie man auf den ersten Blick glauben mag, denn während COCOON im Allgemeinen ernsthafter und tiefgründiger ist und die Swing-Nummern eher nebensächliche, separate Einheiten bilden, sind sie in *batteries not included ein wesentlicher Teil des Gesamtkonzeptes und werden entsprechend da und dort auch variiert (z. B. in der witzigen «Hamburger Rhumba»).
Das Swing-Thema, fast identisch mit jenem aus COCOON (was ein klein wenig vielleicht auch daran liegt, dass beide von Billy May arrangiert wurden), ist von grosser Bedeutung, da mit Erinnerungen der Rileys an bessere Zeiten verbunden, ebenso wie die sanfte, copland’sche Kleinstadt-Americana, die mit «Getting Old» und «Marissa and Mason» nun erstmals den Weg auf Tonträger gefunden hat. In «Getting Old» ist zudem ein zärtliches Thema für die Rileys enthalten, das in Abwandlungen auch für die Fix-its zum Einsatz kommt und ‒ wenn es besonders rührend wirken soll ‒ gerne der Blockflöte anvertraut wird. Dank des ebenfalls neu dazugekommenen «The Basement» kommen jetzt auch gegensätzliche, düstere, manchmal von Bernard Herrmann inspirierte Momente ‒ die vor allem die bösen Mannen von der Abrissfirma mit sich bringen ‒ noch ein wenig mehr zum Zug.
Für die Fix-its lässt Horner seiner Imagination freien Lauf, was sich nebst von vielen Stimmungswechseln geprägten Themen in einer überaus reichhaltigen und detailverliebten Orchestration (die in Intradas aufgefrischtem Sound natürlich besonders gut zur Geltung kommt), niederschlägt. Zunächst in «Night Visitors» noch magisch und geheimnisvoll, werden die umtriebigen Helferlein ‒ auch wenn ihre Fremdartigkeit im hintergründigen, perkussiven Bereich durch Cembalo, Celesta und Glocken immer wieder ins Bewusstsein rückt ‒ mittels verspielter, niedlicher, lebhafter, aber auch gefühlvoller Musik nach und nach vermenschlicht. Und nicht nur, aber insbesondere auch in den bisher ausgeklammerten «Aerial Ballet», «The Flying Lesson» und «Babies Buzz New York» lässt es der Komponist scheppern und rasseln, bringt ein kurzes Motiv für aufgekratzte Country-Fiedeln und Star-Trek-artige Fanfaren ein und macht beim allerlei Unfug treibenden Fix-its-Nachwuchs Abstecher ins Cartooneske.
Vergleicht man den kompletten, 90-minütigen Score mit dem alten Album (welches auf der Doppel-CD ebenfalls enthalten ist), stellt man fest, dass bei diesem vieles richtig gemacht wurde, denn es lässt ein paar verzichtbare Wiederholungen des Swing-Themas sowie die überdrehtesten und schrillsten Passagen aus, was dem Gesamteindruck keinesfalls zum Nachteil gereicht. Allenfalls «Getting Old» und «Aerial Ballet» hätten noch mit drauf gehört, damit alle wichtigen Nuancen abgedeckt gewesen wären. Aber das ist ab sofort kein Problem mehr, da sich nun jeder sein persönliches, für ihn perfektes Programm zusammenstellen kann. Und damit sollte dieser kleinen Horner-Trouvaille eigentlich endlich jene Aufmerksamkeit und Anerkennung zuteil werden, die ihr im Grunde genommen schon seit jeher zusteht.
Andi, 30.10.2018
*batteries not included James Horner Intrada ISC 412 CD 1: 65:57 Min. / 18 Tracks CD 2: 69:33 Min. / 12 Tracks