Feud: Bette and Joan

FEUD ist eine Mini-Series über das Mit- und Gegeneinander zweier grosser Hollywoodstars, die als Freundschaft begann und bald zu einer erbitterten Feindschaft wurde. Bette Davis und Joan Crawford spielten in WHATEVER HAPPEND TO BABY JANE? furios auf, der Film von Bob Aldrich (THE DIRTY DOZEN) war ein Erfolg beim Publikum und der Kritik. Spätestens aber als Bette Davis für den Oscar nominiert wurde und Joan Crawford nicht, angeheizt von Presse und unglaublichen Egos, wurde aus Achtung eine erbitterte Fede.
Lange kämpfte Co-PDFCreator Ryan Murphy darum den Stoff zu FEUD: BETTY AND JOAN auf die Leinwand oder in die Fernsehstube zu bringen, schliesslich gelang es zusammen mit FX und den Wunschkandidatinnen Jessica Lange und Susan Sarandon in den Hauptrollen, die auch als Produzentinnen fungieren, das Vorhaben zu realisieren. Herausgekommen ist ein faszinierender 8-Teiler, der hoffentlich bald als bluray veröffentlicht wird (bei uns lief er kürzlich auf dem englischen Sender ITV4).

Derzeitig schüttelt man bei so manchen Komponistenwahlen für bestimmte Projekte den filmmusikalisch verwöhnten Kopf, oft tauchen Namen auf, von denen man noch nie was gehört hat – und genau so schnell verschwinden sie auch wieder. Mir ging das so, als ich Mac Quayle verbunden mit FEUD: BETTY AND JOAN sah, notabene in einer Zeit spielend in der Musik eine ganz andere Rolle einnahm als sie es heute tut. Mac Quayle jedenfalls war mir kein geläufiger Name, immerhin gewann der Musiker für die TV-Serie MR. ROBOT einen Emmy, sein Einfluss in der Popmusik schien aber bislang ungemein grösser. In der Filmmusik arbeitete Mac Quayle auch schon mit Cliff Martinez zusammen und er komponierte für unzählige Episoden Musiken zu AMERICAN CRIME STORY (dort ist mir die seine Musik der ersten Season, die sich um O.J. Simpson drehte, allerdings nicht aufgefallen), 9-1-1 und AMERICAN HORROR STORY. Umso überraschender ist FEUD. Hier ist Quayle in ein Musikgenre abgetaucht, das ihm wie er in den Liner Notes selber sagte, bisher kaum bekannt war. Was er geschaffen hat, ist erstaunlich: Eine eingängige, gut gemachte Musik, die die Ära umgarnt, in der die Serie spielt, immerhin mehr als zwei Jahrzehnte umspannend.

Bereits mit dem „Main Titels“ setzt Quayle den Ton für FEUD. Rauchig, leicht jazzig angehaucht, wunderbar in die Zeit passend, mit Flöten, Bassklarinetten, Streichern erklingt das Titelstück über den animierten Anfangstiteln à la Saul Bass. Das Hauptthema variiert er hie und da (so ist es unter anderem auch in einer Markusversion zu hören) verzichtet aber darauf es endlos erklingen zu lassen.

Bernard Herrmann ist spätestens im kurzen „Baby Jane Book“ aber auch einigen anderen Tracks zu hören, ohne direkt zitiert zu werden aber doch deutlich genug. Aber auch andere Komponisten wie Henry Mancini erhalten ihre Verneigung verpasst. Gelungen sind auch die Fanfaren und Musikerensemble oder das wundervollen „A Day at the Beach“, Ton und Stimmung sind perfekt getroffen, ein alteingesessener Haudegen hätte es nicht viel besser machen können. Mac Quayle verzichtet im übrigen darauf den Charakteren ihre eigenen Themen zu geben, das ist sicher speziell, böten doch Bette Davis und Joan Abfordern mehr als genügend Platz dafür. Doch der Komponist konzentriert sich auf das Setting, die Geschehnisse und die schwierige Beziehung der beiden grossen, in ihre Jahre gekommenen Miminnen, ausserdem zeigt die Mini-Series, dass Macher und Komponist damit die richtige Entscheidung getroffen haben.

Tracks wie „This Awful Silence“ mit Violine und Cello allerdings sind zu arg gewollt (besser klingt es in der Holzbläserversion „The Best Mother“), hier wäre weniger sicherlich mehr gewesen (ausserdem klingt die Harfe arg elektronisch, wie auch das später im Stück zu hörende Streicherensemble – je mehr ich mir die CD anhöre, desto mehr fallen mir die Instrumentensamples auf ). Leider gibt es einige Tracks, die mit diesen Samples erstellt wurden, vielleicht aus Zeitnot oder – wohl eher – wegen des Budgets („No Offers“, „The Winner is“). Umso gelungener das abschliessende „Feud: Betty and Joan – Epilogue“ mit der wundervollen (und echten!) Solotrompete (nun bekommt auch Jerry Goldsmith noch seine Verbeugung). Leider scheint die La-La Land Scheibe mit knapp 50 Minuten Musik einen kleinen Teil der Mini-Series abzudecken, auch wenn einzelne Stücke sicher wiederholt verwendet wurden.

Für Season 2 ist übrigens scheinbar die wenig glückhafte Beziehung zwischen Prinz Charles und Diana geplant. Sollte da Mac Quayle wieder mit von der Partie sein, darf man aus musikalischer Sicht sicherlich gespannt sein.

Abgerundet wird die Veröffentlichung mit einem gelungenen Booklet geschrieben von Daniel Schweiger.

Phil, 29.10.2018

FEUD

Mac Quayle

LaLa-Land Records

49 Min.
31 Tracks

Limitiert auf 1500 Stk.