Heutzutage ist es kaum mehr vorstellbar, dass zwischen dem Original und dem Sequel acht Jahre liegen. Damals, im Fall von Walter Hills ANOTHER 48 HRS. (1990) war das tatsächlich der Fall. Das Original, 1982 ein Sleeperhit – und auch weil Hill wie Nolte wenig Interesse an einem zweiten Teil zeigten, dauerte es acht Jahre, bis Nolte und Murphy wieder gemeinsam auftraten. Die Story verfasste Eddie Murphy unter dem Pseudonym Fred Braughton, weil er den Film nicht von vorne weg einer Negativspirale seitens der Kritiker aussetzen wollte (ja, Probleme hatte der Mann damals). Und so treffen Reggie Hammond und Jack Cates ein weiteres Mal aufeinander und arbeiten trotz gewisser Animositäten Seite an Seite, um einen Drogenbaron zur Strecke zu bringen. Nicht ganz ohne Druck, denn dieses Mal steht Cates mit dem Gesetz auf Kriegsfuss. Ihm werden 48 Stunden Zeit eingeräumt den Fall zu lösen, ansonsten muss er seine Polizeimarke abgeben. In weiteren Rollen sind Brion James, Kevin Tighe und Ed O’Ross zu sehen. Auch wenn der Film nicht ohne Erfolg blieb, so blies ihm doch starker Gegenwind in Form von TOTAL RECALL, BACK TO THE FUTURE III und DIE HARD 2 entgegen. Lediglich am Eröffnungsweekend stand das Sequel auf Platz 1.
Wiederum mit von der Partie ist James Horner, der, wir wissen es, 1982 so richtig am Durchstarten war. Für Walter Hill (den Regisseur) komponierte er nach 48 HRS. den Flop STREETS OF FIRE (1984), ohne dass seine Musik verwendet wurde. Es folgten RED HEAT (1988) sowie die Episode «Cutting Cards» (1990) in der Reihe TALES FROM THE CRYPT. Auch bei ANOTHER 48 HRS. geriet Horners Musik in die Mühlen veränderter Schnittfassungen – der Film wurde um rund 45 Minuten gekürzt und so manche Tracks sind nicht dort zu hören, wo sie eigentlich vorgesehen waren. Besser als beim Original (48 HRS. erschien erst 2011 auf einer Intrada CD) erging es Horner immerhin mit dem Sequel: Vier Tracks schafften es damals auf die Scotti Bros. CD, die er sich mit fünf Songs teilen musste. Nebst vier Extra-Cues sind es nun 47 Minuten Musik, die Intrada hier zur Freude von Horner-Action-Fans auf CD bannte.
Horner bewegt sich, natürlich, in einem ähnlichen Rahmen wie beim Original 1982. Da sind die Steeldrums zu hören, die Bassläufe, Synthesizer, Schlagzeug (mal originär, mal elektronisch) und nun auch Horners geliebte Shakuhachi, die er mit der Motorradgang in Verbindung bringt – und ein Sopransax (ja, dieses gab es bei Horner bereits vor SNEAKERS, 1992). Die Musik beginnt in «Main Title from Another 48 Hrs.» mit einem zunächst ruhigen Rythmuspattern, das nach Kurzem in die Steeldrums und das Sopransax-Motiv übergeht, gefolgt von einer vom E-Bass dominierten Passage und erstem Auftauchen der Shakuhachi. Danach ist es Zeit für erste Actionmomente mit den Steeldrums, col legno Streichern, tiefen Blechbläsern (Trompeten gibt’s hier keine) sowie der den Score durch und in «Do I Know You?» überaus präsenten Shakuhachi. «Jack Visits Prison» ist bekanntes Territorium mit pfundigen Drums, Keyboards, und wiederum Sopransax. Dieses Muster steigert Horner da und dort merklich («Prison Bus Attacks», «King Mei Shootout» sind mit dem fetzigen «Birdcage Battle» wahre Showstopper, wenn auch nichts Neues aus dem Hause Horner). Er schafft es ausserdem, die Komplexität dann und wann merklich zu verringern («Reggie Gets Out» hat fast 70er Jazzscoreflair) oder ergänzt wo nötig die Tracks mit weiteren Orchesterteilen (Röhrenglocken, Hörner, Posaunen, Tuba), tiefen Noten des Klaviers, einem starken E-Bass, und Mundharmonika wie im pulsierend spannenden «Business at Barnstormer’s».
Das Setting ist also bekannt und wir haben diese Art Actionmusik von Horner auch in anderen Filmen wie COMMANDO (1985) oder RED HEAT, dort allerdings auf die Spitze getrieben, gehört. Zuvor hat er dies mit 48 HRS. aber auch GORKY PARK (1983) etabliert und 1985 in seinem Oscar nominierten ALIENS (1985) zusammengefügt.
Dass ANOTHER 48 HRS. keine Musik für ruhige Momente und tiefschürfendes Philosophieren ist, versteht sich von selbst. Die 47 Minuten plus sind packend, hämmernd, begeisternd. Gerade wir älteren 80er Jahre Säcke, die mit den Musiken und Filmen aufgewachsen sind, werden an diesem Release durchaus Freude haben – und seien wir ehrlich: Volle Pulle aufgedreht (die Tonqualität ist umwerfend) macht dieser Score einen Heidenspass. Wer mit Horner sonst eher auf Kriegsfuss steht – das soll es ja geben – der sollte bei ANOTHER 48 HRS. vielleicht besser passen.
Die Extras sind grossteils fast identisch mit ihren Gegenparts, die Ausnahme bestätigt die Regel. Insofern, ja, okay, es hätte sie nicht wirklich gebraucht, aber weh tut das Beifügen dieser Stücke in diesem Fall nicht. Mit 12 Seiten und in relativ grosser Schrift gedruckt, erscheint das Booklet magerer als andere aus dem Hause Intrada.
Phil, 06.02.2022
ANOTHER 48 HRS.
James Horner
Intrada
54:38 | 22 Tracks