Bruce Broughton Intrada 720258709622 2 CDs 86:04 Min. / 27 Tracks
Endlich wieder Western! Mitte der 1980er Jahre gab es so einiges, aber wirklich sehr lange schon keinen guten Western – das Genre war irgendwo zwischen Utah und Bad Segeberg stecken geblieben. „Cowboy-Filme“ gehörten zwar zum Kindheits-Gepäck, doch jetzt dominierten modernere Bilder, Film-Schnitt hatte sich rasant gewandelt.
Bruce Broughton lieferte für SILVERADO einen locker-dröhnenden Western-Score ab. Großer Spaß, Kevin Kline, Scott Glenn, Danny Glover, John Cleese, Linda Hunt und Brian Dennehy’s üblem Sheriff Cobb, dem fiesen Gewinnler, zuzusehen – in zünftigen Outfits (Kline anfangs sogar mit rosa-staubigem Ganzkörper-Pyjama!).
Noch jungen Schauspielern und späteren Großkalibern wie Kevin Costner und Jeff Goldblum konnte nichts Besseres passieren als dieser Film von Lawrence Kasdan (u.a. Drehbuchautor: THE EMPIRE STRIKES BACK, RAIDERS OF THE LOST ARK, CONTINENTAL DIVIDE). Auch zeigte SILVERADO nostalgische Momente, aber das Gesamttempo wurde kaum gebremst. Broughtons Soundtrack fegte durch die Prärie und über mächtige Berge – perfekt zum Schwarzpulver-Verbrauch dieses frühen Buddy-Movies.
Später zerrupfte mein Kassettenrecorder das einzige SILVERADO-Tape im Haushalt (wie einst üblich: schnarrende Raubkopie, aber immerhin) – tragisch, denn 1987 „eben mal via iTunes wohlfeinen Ersatz zu ordern“ funktionierte noch lange nicht.
Als 2006 die Intrada-2er-CD-Box aus Übersee eintraf war das wie Weihnachten: Ein absolut hörenswerter Complete Original Motion Picture Soundtrack, direkt aus dem Märchenland – jedenfalls für „alte Europäer“, welche „den wilden Westen“ und RAUCHENDE COLTS nur durch die TV-Mattscheibe kannten. SILVERADO – play it loud!
This is a tall guys› movie – Bruce Broughton, July 2013
There weren’t many unusual stories that came out of «Silverado.» I had some photos years ago, but wouldn’t have any idea where they are at the present. It was a very good film to work on and the director, Larry Kasdan, and I got on very well. My initial meeting with Larry went very long – well over an hour. I think that he and I bonded on the intentions of the story. He said that he was making a western for people who had never seen westerns before (westerns were already old-fashioned and almost forgotten by this time). And, when we were finished with the spotting of the music, he said he wanted a «traditional big western Hollywood score,» which meant to me a score like Jerome Moross («The Big Country») and Elmer Bernstein («Magnificent Seven“).
I went to Santa Fe, New Mexico, twice to watch the filming, something I rarely did. The country there is very beautiful and it helped give me some sense of what the film would be. I had four weeks to write the score. Two weeks into the process Larry asked if he could hear some of the music. This was before synthesizer mock-ups. So he, his brother Mark (who co-wrote the script) and his editor, Carol Littleton, came over to my house and I played what I had written on the piano, explaining every phrase, chord and theme. I’m sure he had no idea, however, of what anything was until he heard the orchestra. He was very patient, however, and obviously full of hope.
The recording went well and was very easy. I rewrote only one cue, the one where the good guys ride into town to get rid of the bad guys. Otherwise, we had no real disagreements about anything. Occasionally, Larry would ask for something to be made clearer, but in general, the score ended up pretty much the way I wrote it. Every day people would show up on the recording stage to listen. I didn’t know it, but the word was out that this score was worth listening to. After the last piece was recorded, the orchestra stood up and applauded. It was very exciting.
I met the actors on set when I visited the shooting. I’m tall (6’2″) but they were all taller. I met John Cleese many years later, and he’s taller yet. This is a tall guys› movie! The first audience screening was held in Seattle and the audience loved it! You can hear me play piano in the movie. All of the piano music in the saloon was played by me, not that it’s so special.
Track 1 (CD 1), „Main Title“, setzt sofort nach erster Schiesserei ein: Als es wieder still ist und Pulverrauch durch die Luft wabert schenken vorsichtiges Klavier und Blechgestöber echte Vorfreude. Emmet (Scott Glenn) verlässt seine von Bullets durchsiebte Hütte – Kamera folgt ihm, fährt durch die Tür hinaus, dahinter das 1. Klasse-Panorama mit SILVERADO-Credit und Broughton’s Fanfare!
Track 2 (CD 1), „Paden’s Horse“, wie existentiell so ein Pferd einst war, bringt diese Szene rüber: Paden (Kevin Kline), nur in Unterwäsche auf der Strasse, fixiert sofort sein gestohlenes Tier. Aufgeregte Flöten-Klänge und dumpfes Klavier schaffen reichlich Unbehagen – zuerst muss Paden in den Store und sich sehr rasch für eine billige Waffe entscheiden, dann wieder raus zur Strasse, dem heran preschenden Desperado gegenüber. Paden – guter Schütze, egal mit welchem Outfit.
Track 4 (CD 1), „That Ain’t Right“, unschöne, aber gut gemachte Saloon-Szene: Am Ende trennen sich Rassismus und Recht 50:50, wie so oft im Leben. Es wirkt als würde Paden, vorn an der Schwingtüre lehnend, ahnen, was gleich passiert. Der schwarze Mal (Danny Glover), er wollte hier nur was Trinken und ein Bett, ist im weißen Saloon „das Problem“. Auftritt: John Cleese – muss man sehen, wunderbar, sein Oneliner: „…es ist nicht gut für den Frieden! Und auch nicht für die Möbel!“ Ganz schlau wird man aus Turley’s Sheriff Langston nicht – gedrungene Blasinstrumente zeigen Mal, dass er Land gewinnen sollte. Darauf Whiskey – Mal zelebriert seinen Schluck. Broughton gibt mit jeder Nuance die richtige Stimmung für dieses erste Zusammentreffen von Mal, Emmet und Paden – eine Begegnung, die sich auszahlen wird.
Track 6 (CD 1), „The Gateaway / Riding As One“, beflügelnde Blas- und Schlaginstrumente feiern das SILVERADO-Theme. Genauso muss ein Western klingen, wenn bei Sonnenaufgang der Galgen Turley’s brennt, fassungslos beobachtet vom Auge des Gesetzes – und parallel die Gefangenenbefreiung abläuft: Der durch geknallte Jake (Kevin Costner) und sein in sich ruhender Zellengenosse Paden: Das Dreamteam mit Schützenhilfe von Emmet, Jakes großem Bruder. Schade, hiernach gibt es kein Wiedersehen mehr mit John Cleese im Film. Glenn, Costner, Kline und Glover fangen gerade erst an, aber ohne Broughton’s Soundtrack kämen sie nicht weit.
Track 8 (CD 1), „The Strongbox Rescue“, fiedelt munter daher: Zwar sind sie zu viert, aber es ist nicht die Stammbesetzung, denn Jake blieb beim Wagen-Track. Mit einem mies gelaunten Heißsporn, der nicht überleben wird, erobern also Emmet, Mal und Paden die Geldkassette aus den Klauen übler Diebe zurück – und sichern so die Existenz vieler Familien, mit Pferd und Wagen unterwegs nach Silverado. Schön zu sehen, schön zu hören.
Track 9 (CD 1), „On To Silverado“, die Buddys führen den Wagen-Track sicher durch Strömung und Prärie. Zweimal Abschied (vorerst), von Mal und Paden – doch der Musik ist nicht nach Traurigkeit, man wird sich wieder sehen. Romantisch hier untermalt, das Interesse an der schweigsamen Hannah (Rosanna Arquette) – ihr Blick hat es Paiden und Emmet angetan. Klassische Überblendungen von Totale auf Totale, staubige Pfade und Reiselust – dieses über weite Strecken aufmunternde Stück leitet Emmet, Jake, Paden und Mal ihren Etappen-Zielen entgegen, immer neu geht’s voran, immer mit herrlichem Western-Touch! Hannah offenbart Paden den Traum vom friedlichen Farmerleben, die Brüder Emmet und Jake treffen bei der Familie ihrer Schwester ein – Gänsehaut als Emmet seinen kleinen Neffen Augie an sich drückt, auch das hat sehr eng mit der Musik zu tun. Trauriger Ausklang: Der Hüne Mal, weit entfernt, steht einsam vor elterlicher, nieder gebrannter Farm.
Track 11 (CD 1), „Ezra’s Death“, die letzten Sekunden von Mal’s wehrlosem Vater Ezra (Joe Seneca), erschütternd. Drei Gangster kosten ihre Überlegenheit aus – den Todesschuss hört man „zum Glück nur aus dem Off“ und nicht auf CD. Gefahr, Aussichtslosigkeit, final auch Mal’s Wut und Trauer – hier trifft das Alles zusammen. Paradox, irgendwie interessant: Beinahe klingen anfangs Musik-Elemente wie das Deaktivieren des Traktor-Strahls in STAR WARS A NEW HOPE.
Track 16 (CD 1), „You’re Empty Mister / Emmet’s Rescue“, immer wieder vom Goldsmith-Touch durchzogen: Kurz nachdem Emmet seine Munition beim Übungsschiessen auf Kaktusdornen und Blechdosen verballert hat, umzingeln ihn die Lasso-Gangster – ihre Deputy-Sterne sind nichts wert. Keine Chance, Pferdehufe trampeln auf den im Staub liegenden Emmet nieder. In höchster Not greift Mal’s Flinte ein.
Track 17 (CD 1), „Behind The Church“, simpler Track-Titel, nächtliche Suspense: Mal wurde vom Glücksspieler Slick (Jeff Goldblum) in eine Falle gelockt: Hinter der Kirche warten Cobb’s Männer und schlagen den Schwarzen, nach Cobb’s kurzer Ansprache, zusammen. Der durchtriebene „Gentleman“ Slick wird dafür (und für noch so einiges mehr) bezahlen – so läuft das im Western.
Track 2 (CD 2), „Prelude To A Battle“, Sturm zieht herauf im Höhlenversteck: Gewehrschütze Mal berichtet dem schwer verwundeten Emmet, dass der kleine Augie von Gangstern entführt wurde – heftiges Orchester entlädt sich, als Emmet seinen Kopfverband abreißt, zu den Waffen greift und auch Mal, in Freundschaft verbunden, unweigerlichem Gefecht entgegen sieht.
Track 5 (CD 2), „Goodbye, Cobb“, zwei Duellisten, Paden und Sheriff Cobb, im verhassten Angesicht, auf leer gefegter Strasse: Nur die gute Stella (Linda Hunt) ist Zeugin – und in gewisser Weise einziger Grund vom Shootout, beider ehemaliger Weggefährten. Dass Paden ein begnadeter Schütze ist, steht lange fest – sein neuer Job als Sheriff von Silverado nur wenig später.
Booklet: Malerisch gestaltetes Cover mit vier Männern im Sattel. Mini-Plakat-Abdruck und Track-Liste auf der Rückseite: „Get Ready for the Ride of Your Live“, treffsicherer Slogan. Innen melden sich Bruce Broughton, Lawrence Kasdan und Douglass Fake zu Wort – gute Details. Dazu schöne Stills. Eine Intrada-Strongbox.
Manfred Schreiber, 7.8.2013