Was natürlich jeder Terminator-Kenner schon weiß: Der sechste Spielfilm des Terminator-Franchise knüpft an den zweiten Teil, TERMINATOR-JUDGEMENT DAY, an und ignoriert die misslungenen Terminator-Sequels, einschließlich der TV-Serie
SARAH CONNOR CHRONICLES.
Unmittelbar nach TERMINATOR 2 sagte Regisseur James Cameron ein dritter Teil ergebe aus seiner Sicht keinen Sinn. Die Handlung sei abgeschlossen («The story comes full circle») und eine Fortsetzung für ihn nicht denkbar. Wer beide Filme kennt, der wird hier womöglich zustimmen.
Jetzt fragt man sich natürlich warum Cameron bei DARK FATE seine Finger im Spiel hat. Die Antwort ist denkbar einfach: Erstens hat er die Rechte am Terminator-Stoff wieder in seinen Händen, zweitens ist er Unternehmer und möchte Geld verdienen. Dass der Film an der Kasse durchgefallen ist, dürfte sogar Cameron überrascht haben. Auch die massiv gerührte Werbetrommel konnte der fehlenden positiven Mundpropaganda nichts entgegensetzen. Die Terminator-Fortsetzung ist, zumindest finanziell, untergegangen wie eine Bleiente.
Wenden wir uns nun der Filmmusik zu. Tom Holkenborg hatte satte neun Monate am Score getüftelt und sich intensiv mit dem Filmstoff beschäftigt. Ähnlich wie damals bei Brad Fiedel sind die Ausgangsgeräusche analoger Art. Zum Einsatz kamen unter anderem Cello, Kontrabass, verschiedene Gitarren, Schlagzeug, ein Stuhl aus Blech und diverse metallische Utensilien die – in die Ecke geworfen – einen mehr oder weniger originellen Klang absonderten. Diese Klänge wurden nach der Aufnahme via Software verfremdet – fertig ist das Werkzeug um einen 200 Mio. Dollar Film zu vertonen!
Der Kern der Arbeit ist das Thema rund um den «Terminator Revision-9». Dies besteht aus vier aufwändigen Klangcollagen (Einzelmotiven), die je nach filmischer Situation zum Einsatz kommen. Zur fetzigen Achterbahnfahrt mutiert der Score, wenn alle REV-9 Motive miteinander vermengt werden wie im Cue «The Wall». Versteht sich von selbst, dass man mit all den komplexen Samples auch das kühle Terminator T-1000 Schnarren assoziiert.
Um bei Brad Fiedel zu bleiben: Auch seiner «Desert Suit» aus T2 hat Holkenborg Aufmerksamkeit geschenkt. Während allerdings die angezupften Gitarren-Akkorde bei Fiedel schwermütig für Entfremdung sorgen, fällt das «Dark Fate» Pendant eher nervig aus: Eine akustische Gitarre charakterisiert nicht nur das mexikanische Lokalkolorit, sondern ist zugleich auch das Thema von Dani, die weibliche Version des verstorbenen John Connor. An diesem Punkt scheiden sich dann auch die filmmusikalischen Geister; eigentlich klingt es ganz nett, wenn die Gitarre das damalige Terminator-Thema anspielt. Aber was bitteschön hat an einem Terminator-Film nett zu sein? So richtig passen die Gitarrenklänge nicht in das musikalische Konzept. Allerdings wird man als Hörer wieder versöhnt, wenn «Coyote» wie eine aufgehübschte «Desert Suite» klingt.
Im Übrigen ist der Score eine Mischung aus Synthesizer und Orchester. Dies war eine Auflage von Produzent Cameron und Regisseur Miller. Diese Stilmischung kommt am besten in den Cues «C5», «HUMV» und «Epilogue» zum Ausdruck. Was aber im Detail aus dem Synthi kommt, und was das Orchester im Tonstudio eingespielt hat, dürfte schwierig rauszuhören sein.
Holkenborg war mit Herz und Seele bei der Arbeit und hat sich eine Menge Gedanken gemacht. Der Score dürfte den Liebhabern der ersten beiden Teile gefallen. Egal ob das berühmte Staccato-Fünfton-Motiv, die klassische Terminator-Melodie oder diverse Synthi-Gags: fast alles was ankommt, wird aufgegriffen und zu etwas modernem Neuen aufpoliert. Ein paar kleine Schwächen: Cues wie «For John» oder auch «You Saved me» fallen stellenweise blass aus. Insgesamt ist aber Holkenborgs Soundtrack gelungen und hat Personalstil.
Wer mehr über die Vertonung wissen möchte, dem sei der Youtube-Kanal des Komponisten empfohlen. Hier erzählt der sympathische Musiker detailliert von der Entstehungsgeschichte des Scores.
Mein Fazit: Das Scheitern des Sequels mag viele Ursachen haben. TERMINATOR – DARK FATE ist die beste Terminator-Fortsetzung aber kein aufregender Film. Terminatoren sind mittlerweile anachronistisch: Heute ist alles vernetzt, entstanden ist quasi eine Art «Über-Skynet» (Volksmund: Internet), welches uns rund um die Uhr überwacht und wirklich alles bis ins kleinste Detail speichert und auswertet. Diese Gefahr ist unsichtbar und abstrakt und in der Wahrnehmung kaum vorhanden. Siehe dazu Edward Snowdens Biografie, die sich sinnigerweise «Permanent Record» nennt. Plötzlich sind Terminatoren dann keine Bedrohung mehr. Eigentlich sind sie heutzutage sogar langweilig.
Oliver, 27.11.2019
TERMINATOR-DARK FATE
Tom Holkenborg
La-La Land Records
57:58 Min.
18 Tracks