Mathilde

Ein russischer Film über die erste Liebe zwischen dem noch jungen, letzten Zaren Russland und einer Primaballerina, gross, festlich, monumental – so könnte man vermuten – und Marco Beltrami für die Musik zuständig, eingespielt vom Mariinsky Theatre Symphony Orchestra. Das muss doch was sein. Auch wenn ich zugegebenermassen seine kleineren Sachen wie THE HOMESMAN fast lieber habe, wurde diese CD ungesehen ins Warenkörbchen gelegt. Im Booklet dann, Beltrami: „They wanted a really simple score…“, huch, „…devoid of any overtly Russian influences…“, erneutes Huch, „(…) and they wanted me to write something more universal for the love story“, abschliessendes Huch. Mit leicht zittrigen Händen erreicht die CD den Player und nach einer Drehung wandert sie enttäuscht wieder in das Case. Ja was ums Himmels Willen habe ich denn da jetzt bloss zu hören bekommen? Keine grossen Themen, ja, das Hauptsächliche ist nicht schlecht, nichts Monumentales und zum Erstaunen sogar elektronische Tracks, („that don’t sound out-of-place in a historical film“) Spannungsmusik, die ich bei einem solchen Score nun absolut nicht erwartet hätte. Zum Klammersatz: Andererseits tun diese Sounds der Musik auch nicht wirklich gut und ja, selbst im Kontext dieser Musik, klingen sie eben doch ziemlich out-of-place.

Die ganze Musik findet irgendwie nie zusammen, die Mischung aus düsterer Stimmung, einem romantischen Liebesthema, elektronischen modernen Beltramiklängen, hier funktioniert es nicht auch weil der thematische Zusammenhalt und ein Wiedererkennungseffekt kaum vorhanden sind. Auch weil das Gehörte irgendwie nicht in den Kopf will und unpassend erscheint, sieht man sich Bilder des Films an. Vielleicht kann nur ein Angucken des Selbigen die gefasste Vorstellung beseitigen, wer weiss? Über ein Jahr mit Unterbrüchen, in denen er BEN-HUR, GODS OF EGYPT und LOGAN komponierte, arbeitete Beltrami an MATHILDE. Das Ergebnis ist lau wie abgestandenes Leitungswasser und zieht sich hin wie Kaugummi, dem nach 20 Minuten bereits der Geschmack ab gegangen ist . Die besten Momente sind in „Twilight of the Empire“ oder „Mathilde’s Theme“ zu hören, doch das reicht schlicht nicht aus und so ist MATHILDE eine der grössten Enttäuschungen des bisherigen Filmmusikjahres.

Phil, 4.6.2018

MATHILDE

Marco Beltrami

Quartet Records

60 Min.

23 Tracks