Les passagers

Wer denkt, dass „Musik ersetzen“ nur in Hollywood geschieht, wird spätestens mit dieser CD von Music Box Records eines besseren belehrt. Bei diesem französischen Road Movie von Serge Leroy mit Jean-Louis Trintignant und Mireille Darc kam Claude Bolling (Le magnifique, Le gitan) an Bord nachdem Eric Demarsans Score nach einer Vorführung für Warner Bros. rausgeschmissen wurde. Zum Entsetzen von Leroy.

Stimmungsmässig liegen beide Musiken nicht allzu weit auseinander. Bollings Arbeit scheint insbesondere auf Grund des leichtfüssigen Hauptthemas, das diverse Male in seinem Score zu hören ist, beschwingter, doch zeigt er nicht weniger oft eine düsterere, schwere Seite. So mit der Streichersektion, die manchmal an Bernard Herrmann gemahnen (die ersten 30 Sek. von „Les passagers (générique)“, „Le camion“), insbesondere in „Froid“ ist das frappant, ebenso im temporeichen „Tunnel rouge“. Dramatischer und bleiern zeihen sich die Streicher in „Mal de tête“, dem wie auch in „Fabio“ zusätzlich ein Saxophon als tragendes Element zugesetzt wird und mehr als einen Hauch Jazz verleiht. Bollings Hauptthema ist wie angesprochen (französisch) leichtfüssig und versprüht hie und da einen Hauch Georges Delerue: „Alex et Marc“, „Dors bonhomme“, „Halte bucolique“ – es steht in deutlichem Gegensatz zu den anderen Teilen der Musik. In „Le lieu du crime“ ist eine tiefer Analogsynthie zu hören, dies eigentlich die einzige „elektronische Ausnahme“ bei Bolling, wohingegen Demarsan auch schon mal E-Bass, E-Gitarre verwendet und in „L’appartement“ fluffig leichtes Discofeeling verbreitet und auch in Suspensestücken vermehrt auf Elektronik zurückgreift.

Eric Demarsan (Le cercle rouge, Les spécialistes) arbeitet ausserdem mit einem mit Klavier und Glockenspiel kindlich unschuldigen Thema („Les passagers (générique)“, „L’enfant“) für Marc, den Sohn von Nicole (Mireille Darc), den Alex (Jean-Louis Trintignant) in Rom abholt und per Auto nach Paris chauffiert, wo Nicole ihre neue Wohnung ausstattet. Marc, Kind der vorangegangenen Beziehung von Nicole mit Fabio, hat das Gefühl, dass sie von einem dunklen Wagen verfolgt werden. Diese Eindrücke sind in „Le menace“, „Suspense“ oder „Nocturne“ herauszuhören, ehe die Stimmung mit dem source music Stück „Le restaurant“ jäh durchbrochen wird. Leicht kann Demarsan auch: „L’appartement“, „Rome-Paris“ (Trompete anstatt Sax…).

Beide Scores sind absolut hörenswert, wobei der Bolling traditioneller als der Demarsan ausgefallen ist, beide einen Hauch Jazz vermitteln und mit Spannung und Suspense umzugehen wissen. Auf alle Fälle toll, dass Music Box Records uns hier nicht nur eine, sondern gleich zwei Premieren bietet und nebst dem wirklich feinen Claude Bolling Score auch die nicht verwendete Musik von Eric Demarsan zum Hören lässt. Ein feines Duo aus Frankreich, das so weit auseinander gar nicht liegt.

Phil, 26.7.2014

 

LES PASSAGERS

Claude Bolling, Eric Demarsan

Music Box Records MBR-051

68:50/32 Tracks

Limitiert auf 500 Stück

 

 

 

 

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