Es ist ein bisschen stiller geworden um Brian Tyler, nicht nur was meine Begeisterung für seine Kompositionen angeht, die mich zu Beginn seiner Karriere (Frailty, Darkness Falls) zumindestens teilweise zu interessieren begannen. Ich erinnere mich an eine Konversation mit Matthias Wiegandt, langjähriger Autor des alten The Film Music Journals, in der er uns bei einem unserer regelmässigen filmmusikalischen Kulttreffen Frailty vorspielte und es nach 1, 2 weiteren Scores aus Tylers Feder fast, aber eben nur fast, so aussah, dass sich ein möglicher neuer Stern am Filmmusikhimmel platzieren könnte. Freilich war es zu früh für solche Superlativen und meist zeigt nur die Zukunft und das Engagements bei vielen Folgeprojekten innerhalb eines kurzen Zeitraums, ob ein Komponist einen eigenen Stil durchziehen, sich entwickeln aber auch sich behaupten und nicht vor lauter Arbeit in Alltagsroutine verfallen würde. Brian Tyler, einige Jahre in Hollywood recht angesagt, leider passierte das recht schnell, wurde mit jedem Score angepasster und für meine Ohren unkreativer.
Auch The Lazarus Project beschreitet wenige neue Pfade. Manchmal klingt der Score beinahe wie ein James Newton Howard Werk für M. Night Shyamalan. Das an sich wäre nichts Schlechtes, schreibt Howard doch seit Jahren mitunter seine besten Musiken für Filme des bei Kritikern und Publikum zuletzt in Ungnade gefallen Filmemachers. Das stille, einfache emotionale Klavierthema in „The Divide“ hat also ein ganzes Stück zu viel an temp track und zu wenig Eigenfleisch am Knochen, es klingt einfach allzu sehr nach Howard.
Am reizvollsten ist The Lazarus Project in sphärisch anmutenden Tracks, in denen Tyler akustische Soloinstrumente wie das Cello integriert, die über schlingernder Elektronik Tylers Motive wiedergeben (zB. in „Avery“). Sind diese Stücke aber rein elektronischer Natur wie der Beginn von „Julie in the Cabin“ oder „Passagesscapia“, verliert sich der Score rasch in belanglosen Atmosphären – manchmal hat die Musik mich in diesen Fällen an die düsteren, depressiven Gefühle eines Changing Lanes von David Arnold erinnert. Für mehr actionorientiertes Material lässt Tyler gewohnte Elektronikperkussion („The Break-In“) auf den Hörer los. Altbekannt und uninspiriert. Mit 56 Minuten ist das alles viel zu lang geraten und sowieso ist The Lazarus Project kein Score, den man sich wiederholt anhören wird. Dazu bleibt musikalisch einfach zu wenig liegen, bewegt sich die „Komposition“ zu sehr auf einer frei interpretierten Sequenzerspur.
Vielleicht ist es eine dieser Filmmusiken, die man mal bei verregnetem, nasskaltem Herbstwetter hervorklaubt, bei dem man schon erste Anzeichen von einer Winterdepression verspürt. Vielleicht aber auch nicht…
THE LAZARUS PROJECT Brian Tyler Varèse Sarabande VSD-6948 56 Min. / 18 Tracks
Schreib einen Kommentar