Lawrence of Arabia (Tadlow)

Die vielen Geschichten um die Musik von Lawrence of Arabia sind den meisten eigentlich bekannt, selbst das Booklet der Tadlow CD geht darauf kaum ein, insbesondere zur Problematik zwischen Maurice Jarre und Gerard Schurmann ist hier nichts weiteres zu erfahren. Wer nun wie viel orchestriert hat und wie gross der Anteil Schurmanns daran ist, zur Gänze aufgeklärt dürfte es wohl nie werden, aber einen durchaus interessanten Einblick seitens Schurmanns gibt es hier nachzulesen. Die Wahrheit dürfte wohlwie immer irgendwo in der Mitte der gegenseitigen Behauptungen zu finden sein…!

Ebenso bekannt und fast so legendär ist die Geschichte der Neueinspielung unter Tony Bremner für Silva Screen, die von Jarre stets abgelehnt wurde und der ausserdem der Makel anhaftete, dass Jarre sein Autogramm nicht auf diese setzen wollte. Nun hat James Fitzpatrick, der auch damals für dieses Rerecording besorgt war, sich einen Ruck gegeben und das City of Prague Philharmonic Orchestra unter Nic Raine zu stattlichen 100 Mann und Frau versammelt, so dass die Bremner Sache wohl endgültig gegessen sein dürfte (wenn auch etwas zu spät für den Maestro, der 2009 verstarb).

77 Minuten Lawrence sind dabei rumgekommen, der gesamte Score, und in der Tat stellen diese auch die allzu kurze Original-LP (knapp 32 Minuten) in den Schatten. Nicht unbedingt spielenderweise, denn dafür bietet das Original doch einen durchaus nicht einfach zu erreichenden Schmelz und Schmiss, aber doch auch vom Umfang (denn diese eineinviertel Stunden Lawrence of Arabia gehen wirklich problemlos runter wie Öl) und nicht zuletzt auch von der Tonqualität her. Und schliesslich und schlussendlich haben auch die Prager bewiesen, dass sie für Kompositionen vom Stellenwert eines El Cid oder The Alamolängst gewappnet sind, wie zuletzt mit grosser Freude festzustellen war. Die Einspielung ist dynamisch, kraftvoll und lädt zu nun wirklich wiederholtem Hören ein.

Die Wirkung von Jarres Musik in diesem grandiosen Opus von David Lean ist schlicht und einfach fantastisch (auch dazu wurde schon unendlich viel geschrieben). Kaum jemand zuvor und auch danach hat die Wüste treffender musikalisch eingefangen als Jarre. Doch die Musik alleine darauf zu fixieren täte ihr freilich Unrecht, dazu ist sie viel zu breitgefächert mit ihren arabischen Anleihen, den Märschen (ein Markenzeichen) und der massiven Perkussion, die Jarre hier auffährt um die ereignisreiche und bildgewaltig umgesetzte Geschichte zu untermalen. Das alles transportiert auch diese Neueinspielung in gekonntem Masse.

Fitzpatrick liess die Gelegenheit nicht aus und produzierte gleich noch eine zweite CD mit diversen anderen Musiken aus dem Oeuvre Jarres, bisher unveröffentlichter (flugtaugliches in Firefox, Carmina Burana-esques in Solar Crisis, das asiatisch angehauchte Le palaquin des larmes, Resurrection, das vollmundig schwelgerische The Magician of Lublin…) und auch hinlänglich bekannter Natur (Moon over Parador, Jesus of Nazareth, Dead Poets Society…). Gerade wegen der bisher nicht gekannten Sachen eine nette Dreingabe und ein durchaus vielfältiges Programm, von dem jedoch nicht alles zum Zeitpunkt der neuen Lawrence-Einspielung aufgenommen wurde.

Phil, 24.9.2010

 

LAWRENCE OF ARABIA

Maurice Jarre

Tadlow Music 012

CD 1: 77:34 / 26 Tracks
CD 2: 71:04 / 20 Tracks

 

 

 

 

 

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