Während das TITANIC-Soundtrack-Album und der Celine-Dion-Song die Musik-Charts dominierten, tüftelte James Horner an seiner nächsten Komposition: THE MASK OF ZORRO (1998). Dieses Projekt bot ihm «a refreshing break from everything that had played on TITANIC», erinnerte sich Horner in einem Interview 2005, und diese «erquickende» Energie lässt die Filmmusik zu THE MASK OF ZORRO bis heute prächtig leuchten – nicht nur im Rahmen von Horners Œuvre, sondern auch generell im Filmmusik-Schaffen des digitalen Zeitalters (um Christian Clemmensen von filmtracks.com zu zitieren). Im Jahr 2023 feierte dieser Abenteuerfilm von Regisseur Martin Campbell sein 25-Jahre-Jubiläum und Fans der Filmmusik wurden sogleich doppelt beschenkt: mit der 319 Seiten starken Full-Orchestral-Score-Veröffentlichung von Omni Music und dem 2-CD-Expanded-Album von La-La Land Records, wobei in diesem Fall das «Zusammenspiel» der CD-Veröffentlichung und der gedruckten Partitur ein wahrer Genuss ist. Nachfolgend soll indes die Neuveröffentlichung von La-La Land im Fokus stehen.
Mit THE MASK OF ZORRO lieferte James Horner einen seiner verspieltesten Scores ab, wobei er Gitarren, Kastagnetten, Handklatschen, Mariachi-getünchtes Blechspiel und Flamenco-Tanz-Rhythmen ins Zentrum rückt. Diese Elemente mischte er mit seinen erprobten Orchesterkompositionsweisen zu einem Swashbuckler-Genre-Beitrag mit zahlreichen Golden-Age-Referenzen. Die Musik porträtiert die Abenteuerlust, den Schalk, die aufflammende Romanze, das menschliche Drama und das sonnendurchtränkte Gebiet Alta California perfekt. Horner verwebt mehrere starke Themen für Zorro, für Elena, für das Vater-Tochter-Drama, für die Liebesgeschichte und für die Bösewichte, wobei er auch Anleihen an «Souvenirs d’Andalousie» von Louis Moreau Gottschalk und «Frère Jacques» einarbeitet und natürlich sind auch hier Elemente früherer Arbeiten von ihm wiederzufinden – rasende Streicher à la «Hard to Starboard» aus TITANIC, rhythmisches Shakuhachi-Spiel vergleichbar mit THUNDERHEART und Action-Kolorit aus WILLOW. Dem Ergebnis tut dies indes keinen Abbruch, denn THE MASK OF ZORRO ist auch in der hier präsentierten 107-minütigen Langversion einfach grossartig, mitreissend, berührend. Was will man mehr?!
Zugegeben, die Highlights seiner ZORRO-Musik waren allesamt bereits auf dem gewohnt gut kuratierten 1998er-Album von Sony Music drauf. Wie so oft bei Horner-Expanded-Veröffentlichungen kommen auch bei THE MASK OF ZORRO mehrheitlich kurze neue Stücke hinzu. Alles in allem sind es dann aber doch etwas mehr als 30 Minuten zusätzliche Musik und neben atmosphärischen Stücken mit interessanten Themenvariationen und -anspielungen («Prison Escape», «Diego Meets Alejandro», «Diego in the Study», «Love’s Suspicions») sorgen insbesondere während der ersten Hälfte Stücke wie «Don’t Touch My Brother», «Interrupted Getaway», «Choose Your Weapon» und die «Fencing Lesson»-Momente für noch mehr Komik. Zudem sind auf dem Album ein paar Alternate-Versionen enthalten und natürlich tragen auch das willkommene neue Album-Master und die schöne Aufmachung mit interessantem Booklet-Text von John Takis zum gelungenen Gesamteindruck bei. Und ja, der gut 1-minütige «Sexy Dance»-Track geht einem nicht mehr aus dem Kopf und der vielpraktizierte Tonartwechsel um 0:48 mag ein «alter Trick» sein, aber er funktioniert auch hier wieder wunderbar.
Während sich diese Horner-Arbeit allem voran wegen ihrer Verspieltheit, dem hispanischen Musikkolorit und dem hohen Spassfaktor grosser Beliebtheit erfreut, ziehe ich diese Arbeit der ebenso viel gepriesenen Sequel-Filmmusik zu THE LEGEND OF ZORRO (2005) vor, weil THE MASK OF ZORRO meiner Meinung nach mehr dramatisches Gewicht hat. Besonders gerne höre ich mir das Stück «Elena and Esperanza» an. Während dieses Stück ruhig und friedlich beginnt – der Film zeigt Zorro, wie er nach der explosiven «Plaza of Execution»-Eröffnung zu seiner Frau Esperanza und seiner Tochter Elena nach Hause kommt –, entwickelt es sich mit dem Eintreffen des Bösewichts Montero und dessen Soldaten hin zu bedrückender, kraftvoller Dramatik. Es kommt zu einer Auseinandersetzung, in der Esperanza erschossen wird und Zorro aus einer Gefängniskutsche heraus zusehen muss, wie sein Anwesen in Flammen aufgeht und Montero mit seiner Tochter Elena davonzieht. Diese Sequenz porträtiert Zorros Familienglück und wie es innert acht gezeigten Minuten zerstört wird – untermalt ab 5:20 und insbesondere ab 7:03 von protestierendem Blech, anschwellenden Streichern und letztlich gar von aufheulendem Shakuhachi-Spiel. In Horners eigenen Worten (aus einem Interview von 2005): «THE MASK OF ZORRO is a movie about Elena. True, there’s a theme for Zorro but, if you listen closely, it’s a bridge to Elena’s theme. […] I decided she needed to have her own theme. So I brought in a guitar that played the first notes of ‹Frère Jacques›. It’s a lullaby I learnt while studying music and I love it because it is as simple as it is universal. Then I developed all the bridging material that leads to ‹I Want To Spend My Lifetime Loving You›. I thought this thematic material that surrounds Elena was essential, because it follows her throughout the movie but especially because it gave way to all kinds of delicate variations, like in ‹Elena and Esperanza›. You don’t see Catherine Zeta-Jones in this sequence, and yet it’s all about her, and right from the exposition scenes, I wanted the music to explain what the next two hours were going to be about. The cue needed chromaticism and various crescendos on the way to either peace or anguish. I also liked the way torment and beauty were expressed through the gloomy orchestrations of the atonal section as opposed to the eloquence of the modal part. It’s hard to put into words, but these moments were among the finest of the movie.» Und die Musik dazu ist einfach nur packend und beindruckend.
Fazit: THE MASK OF ZORRO gehört in jede Filmmusik-Sammlung. Die 16-minütige Eröffnung mit «The Plaza of Execution» und «Elena and Esperanza» sowie die Action-Highlights «Tornado in the Baracks», «The Ride» und «Stealing the Map» zählen zu den prägnantesten Kompositionen von James Horner und während «Diego’s Goodbey» bleibt kein Auge trocken. Wenn man dann noch «Interrupted Getaway», «Choose Your Weapon», «Sexy Dance» und das zarte, glimmernde «So Long Ago…» als Verschnaufpause hinzuprogrammiert, ergibt sich eine 40-minütige Filmmusik-Extravaganza vom Feinsten. Hierfür und für das aufgefrischte Master lohnt sich dann auch der Kauf der Expanded-Veröffentlichung.
Basil | 05.04.2024
THE MASK OF ZORRO (Expanded Edition)
James Horner
La-La Land Records
138:09 | 14 Tracks