Mit DRACULA 2000 versuchten Wes Craven («Wes Craven presents») und die Gebrüder Weinstein den Grosserfolg von SCREAM beim Teen- und Twen-Publikum weiterzuführen. Leider wollte den Film von Patrick Lussier (MY BLOODY VALENTINE) trotz Besetzung mit einem jungen Gerard Butler als Dracula und Christopher Plummer als Van Helsing in den Hauptrollen, nicht zuletzt wegen fehlender PR, kaum jemand sehen und so ist das Werk ziemlich in Vergessenheit geraten.
Vorhang auf für Varèse Sarabande, das Marco Beltramis Filmmusik hier zum ersten Mal überhaupt offiziell veröffentlichte. Zuvor geisterte ein damals begehrtes, 30 minütiges Promo-Release durch die Filmmusikwelt, während die von Sony herausgebrachte CD zum Filmstart, die nur Songs präsentierte, ebenso schnell verschwand wie der Film selber. Beltrami stieg in jener Phase vor allem mit Scores zu Horrorfilmen wie der SCREAM-Serie, MIMIC und THE FACULTY langsam aber stetig in die A-Liste der Hollywoodkomponisten auf. Es dauerte seine Zeit bis er das Genre und die damit verbundene Schubladisierung hinter sich lassen konnte, zuletzt blieb er mit FORD v FERRARI, FREE SOLO, A QUIET PLACE und dem wundervollen THE HOMESMAN im Gespräch.
Um dem, wie im Filmtitel mit 2000 unterstrichenen, aktuellen Count Dracula einen hipperen Sound zu vermitteln, engagierte Beltrami Buck Sanders, der ihm schon bei H2O zur Seite stand, eine Zusammenarbeit, die bis heute gehalten und zu den Oscar nominierten Kollaborationen bei THE HURT LOCKER und FORD v FERRARI geführt hat. Doch zunächst beginnt der Film im Jahr 1897 mit der Überfahrt der «The Demeter» und ihrer unglückseligen Crew. Hier ist ein weiteres, mit Hans Zimmers GLADIATOR bekannt gewordenes und besonders in der damaligen Zeit oft verwendetes Idiom zu finden: Traditioneller, nahöstlich anmutender Gesang (in diesem Fall ist es eine iranische Sängerin), der in Verbindung mit dem Score ein World music und New Age Feeling hinterlässt. Wer von beiden, Beltrami oder Zimmer früher mit dieser Idee jonglierte, sei dahingestellt, dank GLADIATOR wurde es nachfolgend öfters verwendet und war total «in». Der dramaturgische Bezug in DRACULA 2000 ist nicht von der Hand zu weisen: Dracula und Judas, jawohl, der aus der Bibel, sind hier «eng verknüpft».
Die modernen Rhythmen stehen in Zusammenhang mit Marcus und dessen Gang, die früh im Film Van Helsings Sammelsurium in Begleitung von Rockgitarren und Techno ausrauben. Diese musikalischen Gegebenheiten sind allerdings zum Glück nicht das Ende von Beltramis Score, der vor allen Dingen in der zweiten Hälfte mit brodelnder Horrormusik («Vault Vixen», «Coffin’ Blood» oder «Trimmin’ the Bush» für Stimmung bei Genrefans sorgen dürfte, so diese bis zu diesem Zeitpunkt durchgehalten haben. Das sollte man, denn Tracks wie «Tickle Me Elmo / Mary, Mary Quite Contrary / Mary & Drac Left Hangin’» sind voll mit fulminanter orchestraler Action und brodelnder Gruselatmosphäre.
A mixed bag, wie der Engländer so schön sagt, das ist DRACULA 2000. Einerseits ist der Beginn eher mau und schlägt mit seiner Präferenz aktuellen, modernen Sound mit traditionellem Orchester und musikalischer Ethnie zu mischen leicht auf den Filmmusikmagen, andererseits war Beltrami damals zweifelsohne einer der besten Komponisten, wenn es in Draculas Lieblingsgenre ging, wie die vorliegende, auf 1000 Stück limitierte CD durchaus zeigt. Begleitet wird die Disc von gut geschriebenen Liner Notes von Daniel Schweiger.
Phil 29.8.2020
DRACULA 2000
Marco Beltrami
Varèse Sarabande VSD-00259
77:27 Min.
25 Tracks
Limitiert auf 1000 Stück