King of Kings (Tadlow)

Um es gleich vorwegzunehmen: mit KING OF KINGS präsentieren Nic Raine und die Prager Philharmoniker die bis anhin perfekteste ihrer ansonsten schon mehr als beeindruckenden Rózsa-Einspielungen. Sie bildet den krönenden Abschluss ihrer Reihe der ganz grossen, epischen Filmmusiken des ungarischen Mæstros.

Tadlows Kickstarter-Projekt stand unter keinem sehr günstigen Stern. Zwar fanden sich termingerecht genügend spendenfreudige Fans, um die Finanzierung sicherzustellen, doch im Laufe der Produktion erlitt zunächst Produzent James Fitzpatrick ‒ was hinreichlich bekannt sein dürfte ‒ ein Burnout, dann wurde das Ganze zusätzlich durch die Corona-Pandemie verzögert. Aber das durchs Band weg sensationelle Endresultat entschädigt für das lange und geduldige Warten.

KING OF KINGS entstand 1961 unter der routinierten Regie von Nicholas Ray und überzeugt mit dem viel zu früh verstorbenen Jeffrey Hunter in der Titelrolle. Es mag akkuratere Jesus-Verfilmungen geben, und unter den zahlreichen gibt es auch einige mit grossartigen Scores, aber Miklós Rózsa ist und bleibt für viele der musikalische Massstab auf diesem Gebiet. Er zeigt sich hier auf der absoluten Höhe seines Könnens, und das betrifft jeden Aspekt dieses Scores. Meisterhaft der Umgang mit dem Spektakel, seien es römische Märsche und insbesondere der Höhepunkt «Jesus enters Jerusalem / Tempest in Judea / Defeat / Phalanx / False Promises». Die Exotika, insbesondere «Salome’s Dance», oder sein einziger Ausflug in die Zwölfton-Musik, der in «The Temptation of Christ» und «Casting out the Demon» zu begutachten ist. Und dann natürlich die ganze Tragik um die Kreuzigung, für die Rózsa sehr angemessene Klänge findet.

Die Hauptessenz von KING OF KINGS bildet indes das Religiöse, das Rózsa hier auf seine unnachahmliche Art in Perfektion darbringt. Das «Christ Theme» und «The Lord’s Prayer» bilden diesbezüglich das Grundgerüst, und wie sowohl Chor als auch Orchester beseelt das Spirituelle, das Universelle, die allumfassende Liebe dem dafür empfänglichen Hörer nahebringen, lässt auf einen tief gläubigen Komponisten schliessen. Da bedarf es dann auch keiner Worte mehr, sondern man lasse einfach diese tief resonierende Musik auf sich wirken.

Deshalb zusammenfassend das Wesentliche der insbesondere, aber nicht nur für Rózsa-Fans unverzichtbaren Doppel-CD: Tadlow kommt mit dieser Neuaufnahme des kompletten KING OF KINGS äusserst nahe an die Original-Filmeinspielung. Traditionsgemäss gibt sich in einem kleinen Bonus-Schmankerl Konzertmeisterin Lucie Svehlova zusammen mit dem Orchester im eigens von Leigh Phillips arrangierten «Theme from King of Kings» die Ehre.

Es ist mir ein Bedürfnis, nebst allen, die mit ihrer finanziellen Unterstützung dieses Kickstarter-Projekt überhaupt erst möglich gemacht haben, insbesondere und vor allem James Fitzpatrick von Herzen zu danken. Als einer der ganz grossen Förderer von Miklós Rózsas Musik werden ihm dessen Fans für immer verbunden sein, und sollte dies seine letzte Rózsa-Veröffentlichung sein, so hat er sich das Beste für den Schluss aufbewahrt. Zu allererst aber ‒ und da spreche ich wohl im Namen aller ‒ wünsche ich ihm eine rasche und vollständige Genesung.

Hinweis: Als Kickstarter-Unterstützer bekam der Rezensent sein Exemplar vorab. Offiziell sollte KING OF KINGS ab September 2020 erhältlich sein.

Andi 26.8.2020

 

KING OF KINGS

Miklós Rózsa

Tadlow 033

CD 1: 71:40 Min. / 23 Tracks
CD 2: 72:40 Min. / 16 Tracks