Diese Zusammenarbeit zwischen Regisseur Jonathan Liebesman und Komponist Javier Navarrete kam ordentlich überraschend. Während Liebesman bis anhin mit Komponist Brian Tyler (Darkness Falls(2003), The Killing Room (2008) und Battle L.A. (2010)) und Steve Jablonsky (The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning (2006)) gemeinsame Sache machte, war Navarrete bis dato eher mit ruhigeren Filmstoffen beschäftigt. Doch gemeinsam zogen sie nun mit Wrath of the Titans (2012) in die brachiale Fortsetzung der Götter-vs.-Titanen-Kämpfe. Gibt sich der Film gegenüber seinem Vorgänger kaum mehr Mühe, ist die Filmmusik von Navarrete durchaus gelungener ausgefallen als Ramin Djawadis Komposition zu Clash of the Titans(2010). Dem gängigen Blockbuster-Sounds konnte sich jedoch auch Navarrete nicht entziehen.
In letzter Zeit ist es nun schon ein paar Mal vorgekommen, dass etablierte Komponisten sich in Musikgefilde gewagt haben, die man ihnen so nicht wirklich zugeordnet hätte. So sorgte die Neuigkeit, dass Patrick Doyle die Musik für Thor (2011) schreibt, für einiges an Überraschung. Für ähnlich viele Spekulationen und Gespräche sorgen auch jetzt schon die anstehenden Filmmusiken von James Horner für The Amazing Spider-Man (2012) und Thomas Newman für den neuen James Bond-Film Skyfall (2012). Und auch Javier Navarretes Filmmusik zu Wrath of the Titans (2012) wurde mit grossem Interesse erwartet. Dürfen die Komponisten ihre bisherigen musikalischen Wege gehen und damit evtl. festgefahrene Genre-Musik-Stereotypen etwas brechen? Oder werden sie von diesen unterjocht?
Die bisher veröffentlichten Filmmusiken der oben genannten haben sich ziemlich exakt zwischen den gängigen Blockbuster-Sounds und den den Komponisten eigenen Stimmen angesiedelt. Damit konnten (wollten?) weder Doyle noch Navarrete vom lauten Bombast ablassen, doch weisen die Filmmusiken zu Thor und auch zu Wrath of the Titansdurchaus mehr Facetten und Neuerungen auf, als die sonst gängigen Popcorn-Kino-Partituren. Damit vermögen beide zu gefallen, aber der Oho-Effekt wie bspw. damals bei Howard Shore und seiner Lord of the Rings-Filmmusik, blieb bis anhin aus.
Navarrete hat von Djawadis Filmmusik für den Vorgänger eigentlich nichts übernommen, ausser dass auch hier der Grundton der Musik sehr episch, bombastisch und heroisch ausgefallen ist. So komponierte Navarrete auch ein neues Thema für den Helden Perseus, das dem Hörer im ersten Stücke, „Wrath of the Titans“, sogleich vorgetragen wird. Und dieses Thema gefällt. Die Melodie ist sehr eingängig und wird von Navarrete während des gesamten Albums mal mehr, mal weniger variiert eingestreut. Damit hat es sich mit den Themen aber eigentlich auch schon.
Zeus‘ Umgebung, die Unterwelt, wird mit Chorgesang in grausiger Abwärtsbewegung charakterisiert und das Grollen der Titanen scheint in regelmässig erklingenden, sehr kräftigen, tiefen und länger anhaltenden Blechbläser-Stössen ihr musikalisches Abbild gefunden zu haben. Auffällig ist der leichtfüssigere, in der Tat luftigere Ton im sehr gelungenen Stück „Pegasus“. Diese Elemente sind in ein deftiges Orchesterspiel eingebunden, das mit viel und lauter Perkussion dem Schlachtengetöse adäquat ausstaffiert wurde. Ruhigere Momente gibt es kaum und Passagen mit etwas atypischerer Instrumentierung oder ähnliche Wagnisse sind eher rar.
Doch ist es erfreulich, dass Navarrete von den rockigen bis Metal-Elementen von Clash of the Titans abgelassen hat und sich E-Gitarren-Einschübe auf den Remix (Track 16) und die Stücke „Cyclops“ und „Brother Ares“ beschränken. Und apropos Remix: der ist hier gar nicht so sehr anders ausgefallen, als der Rest vom Score. Also keine Disco-Beats oder Techno-Elemente, sondern einfach etwas härtere Elektro-Sounds, was durchaus verkraftbar ist.
Mit Wrath of the Titans hat Navarrete grundsätzlich eine ordentlich kurzweilige Filmmusik vorgelegt. Das Volumen der Musik ist auf eine Länge von 76 Minuten zwar fordernd ausgefallen, doch kann man sich auch einfach die Stücke 1, 2, 3, 5, 6 und 15 programmieren und hat dann eine ordentlich kurzweilige Blockbuster-Musik zum Anhören. Aber klar, feine musikalische Kolorierungen à la Pan’s Labyrinth (2006), Inkheart (2008) oder Fireflies in the Garden (2008) findet man hier nicht.
WRATH OF THE TITANS Javier Navarrete Water Tower Records 74:23 Min. / 16 Tracks
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