The Wonderful Country / The King and Four Queens

Review aus The Film Music Journal No. 31/32, 2004

Von diesen beiden Westernscores des Alex North, die innerhalb Varèses limitierter «Masters Film Music»-Reihe auf einem Doppelalbum präsentiert werden, erfuhr der eine schon mehrere Veröffentlichungen und hiermit wohl seine definitive Form, der andere kann jetzt zum ersten Mal von den Fans begutachtet werden.

In THE WONDERFUL COUNTRY (1959) agiert Robert Mitchum als Leibwächter einer reichen mexikanischen Familie, der sich auf Waffenschiebereien über den Rio Grande einlässt. Dass sich North in Mexiko ausgesprochen wohl fühlt und Mariachi-Musik wirkungsvoll zu dramatischen Zwecken einzusetzen weiss, hat er nachhaltig bewiesen. Bei diesem Score standen ihm neben einem Standardorchester sechs Gitarren, Mundharmonika, Akkordeon und ausgewähltes Schlagzeug wie Bongos, Wood Block, Temple Blocks, Gourd und Tambourin zu Diensten. Damit dürfte er zweifellos mitverantwortlich sein für einen neuen Typus von Westernmusik, dessen Merkmale von Komponisten wie Elmer Bernstein und Jerry Goldsmith übernommen wurden.

North wählt einen goldenen Mittelweg zwischen Tradition und Moderne, wobei er seitens der Moderne fast nie so weit geht wie in SPARTACUS, CLEOPATRA oder DRAGONSLAYER. Wer vor diesen wegen ihrer Sperrigkeit zurückschreckt, dem ist hier vielleicht wohler, denn der erste Teil, der vom exquisiten, über den ganzen Score nicht sehr oft eingesetzte «Main Title» eröffnet und von einer beschwingten Polka abgeschlossen wird, ist geprägt von lieblichen Melodien wie dem von Oboe und Mundharmonika dargebrachten «Helen’s Theme». In den folgenden, rhythmusbetonten Actiontracks blitzt zwar immer mal wieder das für North so typische harsche und abstrakte Scoring auf, wird jedoch durch das von Gitarren und Trompeten mitgetragene Lokalkolorit abgemildert. Am deutlichsten kommen im perkussiven «Indian Fight» Züge der oben genannten Werke zum Vorschein.

Die ersten 13 Tracks sind identisch mit bisherigen LP- und CD-Editionen, allerdings mit korrigierten Titeln. Es mag den einen oder anderen interessieren, dass beispielsweise «Ellen’s Theme» eigentlich «Helen’s Theme» heissen sollte, und der «End Title», der gar nicht wie ein solcher klingt, ist auch keiner, sondern ein für den Film nicht verwendeter Cue. Unter den angehängten vier Bonustracks, die hier erstmals zu hören sind, befindet sich dann das richtige Finale.

Raoul Walshs THE KING AND FOUR QUEENS (1956) ist der einzige von Clark Gable produzierte Film, und er spielt gleichzeitig auch die Hauptrolle, einen Draufgänger, der in einem Fünfmädelhaus seinen Charme spielen lässt, um an geraubtes Gold heranzukommen. Bei den Königinnen handelt es sich um die vier Schwiegertöchter der resoluten Jo Van Fleet.

Der «Main Title» ist ein wahrer Teufelsritt, der ein wenig in die Irre führt, denn man bereitet sich auf einen aufregenden, exaltierten Score vor. North wählt danach aber eine gemütlichere Gangart, von der er mit Ausnahme des währschaften «Square Dance» kaum mehr längerfristig abweicht. Seine romantische Musik – mit feinsinnigem Humor gewürzt – wartet mit viel Streichern und Holzblasinstrumenten auf, unter die sich gelegentlich Akkordeon und Gitarre mischen. Für die Mädchen gibt es langsame Walzer oder bluesige Streicher, die bibelschwingende Schwiegermama provoziert ein gottesfürchtiges Motiv. Das Hauptthema, im «Main Title» von kraftvollen Hörnern intoniert, kehrt in verschiedenen Stimmungen zurück und gibt sich deshalb nicht immer sofort zu erkennen. Als Bonus gibts zwei Tracks, in denen Gitarre und Akkordeon das Hauptthema und den Square Dance rekapitulieren.

Das Zugpferd dieser Veröffentlichung ist zwar THE WONDERFUL COUNTRY, der eine Klasse höher zu bewerten ist als THE KING AND FOUR QUEENS, aber da auch letzterer keineswegs anspruchslose Unterhaltung bietet und zudem Premiere feiert, gehört die Doppel-CD zumindest in jede gut sortierte North-Sammlung.

Andi | 2004

The Wonderful Country
The King and the Four Queens
THE WONDERFUL COUNTRY / THE KING AND FOUR QUEENS
Alex North
Varése SRS 2016
CD 1: 40:31 | 17 Tracks
CD 2: 47:23 | 20 Tracks