Review aus The Film Music Journal No. 13/14, 1998
Es war ein Experiment, dass die Macher und Michael Kamen bei EVENT HORIZON (1997) eingegangen sind. Gelungen ist es leider nicht, denn der dauerhaft technoide Einschlag, mit dem man eine breite Zuhörerschaft erreichen wollte, war zu aufdringlich und als Hörerlebnis mühselig. Ganz anders präsentiert sich zum Glück der Score zu THE WINTER GUEST (1997).
Alan Rickman, ansonsten als meist mannigfaltiger Mime gerne gesehen, führte hier zum ersten Mal Regie und schrieb auch das Drehbuch. Erzählt wird die Geschichte einer kürzlich zur Witwe gewordenen Mutter, die mit ihrem Sohn von Schottland nach Australien ziehen will. Doch ein Besuch ihrer betagten Mutter nimmt einen unerwarteten Einfluss auf den Plan. Emma Thompson, Phyllidia Law, Sheila Reid agieren unter anderen vor der Kamera.
Kamen komponierte seinen Score fast ausschliesslich für Klavier mit etwas Synthesizer hie und da und sehr zurückhaltend ein Streicherensemble (so im Eröffnungsstück «The Long Cold Walk»). Also entwickelt THE WINTER GUEST eine entspannte, besonnene Atmosphäre, getragen von einem feinen Hauptthema, das nicht unähnlich dem Liebesthema von Kamens MR. HOLLAND’S OPUS ist. Am Klavier sitzt der Komponist selbst, mit Ausnahme des Stücks «Cush Macree» und des von Michael Kamen geschriebenen Songs «Take Me With You».
THE WINTER GUEST ist die perfekte Musik für einige ruhige, gefühlvolle, getragene Minuten – beeindruckend schön und im Vergleich mit einem anderen all-piano Score wie Basil Poledouris’ IT’S MY PARTY (1996) – beides ausgesprochen gelungene Werke – den bleibenderen Eindruck hinterlassend.
Varèses Präsentation ist gewohnt kurz und knapp gehalten, ob mehr Musik im Film zu hören ist, sei dahingestellt.
Phil | 1998
THE WINTER GUEST
Michael Kamen
Varèse Sarabande
31 Min. | 13 Tracks