Review aus The Film Music Journal No. 16, 1998
Eine Weile lang gab es nichts mehr von diesem Film zu hören oder zu sehen, denn VIDEODROME (1983) ist als Film sowohl in England als auch der BRD indiziert. Im gleichnamigen Berliner Kultladen konnte man natürlich trotzdem an eine Version des verstörenden Jenseitstrips – James Woods führt in einer seiner besten Rollen die Besetzung an – gelangen, doch die alte Varese-LP stand auch dort schon lange nicht mehr im Regal.
Obgleich die Wiederveröffentlichung von Howard Shores Filmmusik aufgrund des veralteten Elektronik-Equipments sicher noch weniger ungeteilte Zustimmung erfahren wird als etwa SILENCE OF THE LAMBS oder LOOKING FOR RICHARD, ist diese Komposition als frühes Dokument der mittlerweile zwei Jahrzehnte umfassenden Zusammenarbeit des Komponisten mit dem exzentrischen Regisseur David Cronenberg sehr willkommen. Zum einen deshalb, weil man sowohl die Kontinuität als auch die Verfeinerungen in Shores Personalstil während der vergangenen anderthalb Jahrzehnte studieren kann, zum anderen aber der ganz eigenen, psychedelischen Qualität der Musik wegen. Die gilt es gegen jenen Schlag von Kritikern zu verteidigen, welcher beständig nach faßlicher Rhythmik und leichtem Pulsschlag kräht, als seien das begrüssenswerte Qualitäten oder bereits Kriterien für die Beurteilung eines Formzusammenhangs. Beides kommt hier ebenso wenig zum Tragen wie in anderen „ernsten» Shore-Scores, man möchte sagen: „Shore Cuts». Der Synthesizer mag an die Kreidezeit erinnern; die synthetischen Stimm-Verwehungen, archaischen Klangfelder und -strudel binden den aufgeschlossenen Hörer allemal.
Matthias | 1998
VIDEODROME
Howard Shore
Varèse Sarabande
33:56 | 7 Tracks