True Grit (2010)

Ein kleineres Wagnis gingen die Coen-Brüder mit der Neuverfilmung von True Grit ein, handelt es sich beim Original doch immerhin um den Film, der John Wayne seinen einzigen Academy Award einbrachte. Aber nicht nur die 10 Oscarnominationen bezeugen es: dies ist ein hervorragendes Remake, das näher an der Romanvorlage von Charles Portis bleibt als Henry Hathaways Version und sich vor allem einer vorzüglichen Besetzung rühmen darf. Nebst dem wie üblich untadeligen Jeff Bridges überzeugen auch Matt Damon und vor allem Hailee Steinfeld, die mit ihren gerade mal 14 Jahren erstaunlich reif und selbstbewusst spielt, was die Academy mit einer Nomination honorierte. Steinfeld ging aber ebenso leer aus wie Bridges, denn True Grit war mit einer Nullnummer der grosse Verlierer der diesjährigen Oscarverleihung.

In seiner bisherigen Karriere noch mit keiner einzigen Nomination bedacht wurde Carter Burwell, dabei hätte er diesmal gute Chancen gehabt, stand er nebst dem Coen-Western dank The Kids Are All Right doch mit einem weiteren Oscarfavoriten in den Startlöchern. In beiden Fällen kam es aber zu keiner Nomination, und während bei Letzterem die Begründung, dass die vielen Songs vom Underscore ablenken würden, schwer nachvollziehbar ist, ist die Nichtzulassung von True Grit wegen Benutzung von zu viel Fremdmaterial schon eher begreiflich.

Die zeitgenössischen Kirchenlieder, auf denen der Score thematisch aufgebaut ist, verwendet Burwell jedoch nicht aus Faulheit oder Ideenlosigkeit, sondern aufgrund des stark religiös geprägten Romans, auf dem True Grit basiert. Es sind dies in erster Linie das als Hauptthema dienende «Leaning On The Everlasting Arm», «Hold To God’s Unchanging Hand» für die oft auf die Probe gestellte Beziehung von Mattie Ross und Rooster Cogburn sowie das schmerzvolle und reflexive «Talk About Suffering». Das funktioniert im Kontext der Story erstaunlich gut und trägt viel zur authentisch wirkenden Atmosphäre des Films bei.

Der dezidierte Einsatz der Choräle wird mit flexiblen Orchesterkräften den jeweils herrschenden Stimmungen angepasst. Die sind oft ambivalent mit melancholischen, bedeckten, düsteren, bedrückten und elegischen Schattierungen. Am anderen Ende des Spektrums stehen tröstende, hoffnungsvolle, nostalgische und auch lebhaftere, westernkonformere Klänge.

Gewaltszenen werden akustisch nicht potenziert, sondern von Burwell mit Musik, die wie schwere Seufzer wirkt, abgemahnt. Ausnahmen wie der Beginn von Taken Hostage mit treibenden Snare Drums oder One Against Four bestätigen diese Regel. Das kann dann zuweilen ein wenig träge wirken und vielleicht nicht für alle einen optimales Hörgenuss garantieren. Aber weder diese Tatsache noch ein paar recht kurze Tracks vermögen den erfreulichen Gesamteindruck dieses Scores wesentlich zu trüben.

Am Beispiel von True Grit zeigt sich, dass es mit Herz und Verstand durchaus möglich ist, schon lange bestehendes, bekanntes und zweckentfremdetes Material zu einem stimmigen Ganzen zu formen. Carter Burwell hat einen ungewöhnlichen Westernscore mit unverfälschten Gefühlen geschaffen, der auf seine ureigene Art ein würdiger Nachfolger von Elmer Bernsteins Original ist.

Wer sich übrigens für die Download-Version entscheidet, kriegt als Bonus-Track noch Iris DeMents Vokalversion von «Leaning On The Everlasting Arm», die im Film während der End Credits erklingt.

Andi, 23.3.2011

 

TRUE GRIT

Carter Burwell

Nonesuch Records 526 752

35 Min. / 20 Tracks

 

 

 

 

 

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