Kenneth Branagh macht einen Marvel-Film über den mächtigen Thor, der mit seinem ebenso mächtigen Hammer das Böse bekämpft. Ein überraschendes Engagement für den Shakespeare-Spezialisten, der dazu meint, dass viele Shakespeare Erzählungen ebenso mit Mystik und Übernatürlichkeit zu tun hätten. Zu Branagh gesellt sich sein Partner in crime, Patrick Doyle, von dem wir aus dieser Zusammenarbeit grossartige Werke wie Henry V oder Much Ado About Nothing geniessen konnten. Zuletzt ist Doyle allerdings recht bescheiden geworden was seine Scores betrifft, Sachen wie sein Harry Potter oder Last Legion waren eher enttäuschend, Eragon noch gerade okay. Ein schöner Doyle wie Nim’s Island ist zur Ausnahme geworden. Nun also Thor.
Schon der Eröffnungstrack Chasing the Storm lässt den Doyle Liebhaber zusammenzucken. Doyle meets MV, Zimmer & Co. Schweres Perkussionsgehämmere begleitet viele der Tracks und ein Stück wie To Jotunheim klingt in der Tat mehr nach Zimmer als nach Doyle, ja selbst wenn es mal dramatischer sein darf wie in The Banishment oder gefühlvoller wie in Science and Magic. Der Schotte haut hier mächtig auf die Pauke, auch wenn er in den Liner Notes schreibt: „I had to keep the „bigness“ constantly in check to stop going over the top.“ Naja, eigentlich ist der Score schon ganz schön over the top im Vergleich mit ernsthafteren, aber ebenfalls gross angelegten Werken des Komponisten. Es ist schade, dass auch Doyle nun in die Falle moderner Hyperscores getappt ist und fortissimo und kabumm über kompositorische Originalität, gute Ideen und packende Orchestrationen stellt. Aber welcher Score für eine Marvel Comicverfilmung kann das schon von sich behaupten?
Und um gegen die allgegenwärtigen Soundeffekte anzukommen, scheint zurzeit nur ein Mittel gegeben, das von Studio zu Studio gleichsam gefordert wird: Zimmer’sche Rhythmen. Die Frage ob man denn wenigstens ab und an die Handschrift von Doyle erkennt, kann man nur mit einem selten beantworten. Hie und da taucht sie ganz kurz auf, hie und da könnte man sich denken wohin Doyle uns führen würde, wenn er hätte „dürfen-können“ (der Beginn von Thor Kills the Destroyer etwa). Die „big memorable movie themes“ jedenfalls, die Branagh erwähnt, sucht man leider vergebens. Umso öfter wird von „contemoprary percussion and rhythm“ gesprochen und davon gibt es in den 72 Minuten in der Tat mehr als man sich wünscht.
Als Orchester stand Doyle das London Symphony Orchestra zur Verfügung. Leider unterscheidet sich die Einspielung nicht sonderlich von der eines Hollywood Orchesters, ich habe jedenfalls keinen Unterschied heraus gehört. Auch hier eben das übliche: Gross, grösser am grössten, aber mit zu wenig Charakter und Inhalt, als dass es zu einem Mehrfachanhör-Hit werden würde.
Auf Doyles Programm steht zurzeit Rise of the Planet of the Apesaber irgendwie erwarte ich davon nicht wirklich viel. Schade um einen so talentierten Komponisten, der in den 90ern zum Feinsten gehörte, was die Filmmusik zu bieten hatte.
THOR Patrick Doyle Buena Vista Records 71:55 Min. / 24 Tracks
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