The Young Americans

Island Records macht es einem nicht gerade leicht den Score zu bearbeiten, geschweige denn etwas Positives darüber zu sagen. Das Album enthält nur sechs Cues von David Arnolds Musik, die vermischt sind mit sieben Filmsongs, die wiederum teilweise mit Dialog-Passagen versetzt wurden. Als sensibler Filmmusikhörer läuft man Gefahr, einen voreiligen Verriss über das Scoring zu schreiben. Somit ist das Album per se schon mal misslungen. Allerdings nicht David Arnolds Komposition – betrachtet man diese von Album und Film separiert. Dazu gibt es die Möglichkeit sich die 2FAST 2FURIOUS Promo zu besorgen und siehe da: Am Ende dieses Albums glänzen die sechs THE YOUNG AMERICANS – Cues. Am Stück, ohne Dialoge, ohne Songs und in guter Qualität!

Für seinen ersten großen Film hat Regisseur Danny Cannon auf seinen Freund David Arnold zurückgegriffen, der schon Cannons Low Budget Filme vertont hat. Beide waren ein eingespieltes Team und es war für Cannon ein leichtes, die Produzenten zu überzeugen, dass Arnold der richtige für den Job sei. Und der Erfolg des Filmes und auch der Musik gibt beiden recht. THE YOUNG AMERICANS war für Arnold das entscheidende Sprungbrett nach Hollywood. Dean Devlin und Roland Emmerich befanden Komponist und Musik für gut und heuerten Arnold für die Vertonung von STAR GATE und anschliessend INDEPENDENCE DAY an. Beides sind ausgezeichnete Arbeiten und verschafften dem Komponisten einen festen Platz in Hollywoods Komponisten – Riege.

Zur Musik: Es sind zwar nur 20 Minuten Score veröffentlicht worden, doch jede Sekunde macht Spaß: Arnolds Handschrift kann am Hauptthema festgemacht werden. Viele andere Themen aus nachfolgenden Kompositionen kommen dieser Melodie nah (FOUR BROTHERS, ENOUGH), ohne dass man den Eindruck von plumpen Selbstzitaten hat. „Explosion“ und „He’s Watching Me“ ist einem Goldenthal-Klassiker entsprungen. Arnold nimmt Versatzstücke aus dem ein Jahr zuvor erschienenen Alien3-Scoring – als da wären die Elefantenbläser plus surreales Schlagwerk – und bastelt daraus zwei Suspense-Cues. Goldenthal war zur damaligen Zeit groß im Kommen und da Zeit und Geld ohnehin knapp waren, hat sich der Komponist hier gekonnt bedient. Eine Alien-Hommage im Rahmen einer Krimi-Vertonung – warum auch nicht?! Das nachfolgende „Christian´s Requiem“ ist der Höhepunkt der gesamten Filmmusik. Sie trägt wieder Arnolds Personalstil und besitzt Endlosschleifenquliät. Geistliche Musik mit eingängigem großen Seitenthema. Ein anderer Rezensent hat diesen Cue mit „Aftermath“ aus ID$ verglichen, aber dieser Vergleich hinkt! Aftermath klingt mehr nach Verzweiflung und Tod; während Arnolds Requiem einen Hoffnungsschimmer aufweist. Im Übrigen erinnert die Bauart des Themas, das Spiel der Streicher und die dezenten Paukenschläge ebenfalls an ALIEN 3. Hier sollte man mit Goldenthals „Adagio“ vergleichen! Übrigens musste auch Alan Silvesti unter Danny Cannon eine Totenmesse im ALIEN 3 – Stil vertonen, und zwar zum Film JUDGE DREDD.

Der Score endet mit „Leaving London“. Hier greift Arnold wieder das Hauptthema auf und präsentiert es ähnlich elegisch wie zuvor „Christian´s Requiem“. Nach 54 Sekunden spielt nahtlos der Song „Play Dead“ auf, mit Gesang der Isländerin Björk Gudmundsdóttir.

Fazit: Arnolds großes Erstlingswerk wurde zwar schlecht bezahlt und an nur einem Tag eingespielt, das merkt man der Musik aber nicht an. The Young Americans zeigt dem Filmmusikliebhaber, das Arnold von Anfang an einen eigenen Stil hat und keinen großen Hehl daraus macht sich anderswo inspirieren zu lassen. Die Mischung aus arnoldesquem Themenmaterial und goldenthalschem Suspense macht Spaß, auch wenn es noch nicht mal 20 Minuten sind.
Oliver, 14.7.2019

THE YOUNG AMERICANS

David Arnold

Island Records

44 Min.
13 Tracks