The Yards

Rezension aus The Film Music Journal No. 25, 2001

Howard Shores neues Werk in einem ungemein fleissigen und beeindruckenden Jahr 2000 (ESTHER KAHN, THE CELL) – und alle erschienen fast zum selben Zeitpunkt – ist sein leidenschaftlicher Score zu THE YARDS (2000), der subtil ins italienische greift, quer ab von Carmine Coppolas und Nino Rotas THE GODFATHER (1972) Universum.

Shores Orchesterarbeit ist nuanciert und eindringlich, mit feineren Klangstrukturen als mein bisheriger Shore-Favorit COP LAND (1997) und doch von tiefsinnigem Eindruck, wie es zu jener Zeit fast nur Howard Shore zu Wege gebracht hat. Seine Scores sind immer für eine Überraschung gut, manchmal fast unausstehlich fremdartig wie THE NAKED LUNCH (1991), dann wieder ungemein kraftvoll wie LOOKING FOR RICHARD (1997). Oder psychologisch verzwickt und den Hörer beinahe in depressive Zustände reissend wie SE7EN (1995).

Zu erwähnen ist hier, bei THE YARDS, der deutlich spürbare, klassische Musikstil, den Regisseur James Gray bereits direkt auf dem Set verwendete, indem er Ravel und Holst spielen liess. In Shores Partitur hat am deutlichsten Holsts «Saturn» aus «Die Planeten» überlebt, das in «Blackout» und «Familiy» eingeflossen ist. Mit der bedacht feingliedrigen und doch entschieden eingesetzten Holzbläsersektion über ausharrenden, gewichtigen Celli und Kontrabässen sowie einsilbigen, unsteten Violinen, ist THE YARDS an sich ein typischer aber eben auch klassisch klingender Shore. Das Hauptthema taucht gleich nach Saturns Einleitung im zweiten Stück «Queensborough Hall» auf. Es wird im ersten Teil der Partitur zumeist von einer Oboe intoniert, später von Violinen und Klarinetten («The Hearing»). Gerne wechselt Shore hier sein Instrumentarium – dazu gleich mehr. Ein zweites, Motiv taucht in «Hospital Mission» auf (Fagott), das der Komponist öfters aufgreift und seine Musik noch ein Stück schwerer, bleierner, erscheinen lässt. Diese zwei Themen hinterlassen den bleibendsten Eindruck in einem motivisch strengen Score.

Mit dem Fortgang der CD steigert Shore die Dramatik, beispielsweise in «Yardmaster», mit eindrucksvollen Hörnern und permanentem Kesselpaukenteppich. Was äusserst eindrucksvoll ist und THE YARDS auch für Nicht-Shore-Fans so «anhörbar» macht, ist der opernhafte Ansatz der Musik, der auch in der variantenreichen Orchestration für die oft verwendeten Themen deutlich wird. Alles, ohne dabei gross mit Tempi zu spielen, fast kommt einem der gesamte Score gleichbleibend «langsam» vor. Der Vergleich mag hinken, aber für mich hinterlässt THE YARDS einen Burwell’schen Eindruck à la THE SPANISH PRISONER (1997) – sicher nicht so quirlig wie Carter Burwells Musik, aber rein formal nicht ganz unähnlich. Shores bester in 2000 und ein Kandidat als Score of the Year.

Phil, 2001

 

THE YARDS

Howard Shore

Sony

40 Min.
20 Tracks