The Shoes of the Fisherman

Review aus The Film Music Journal No. 33/34, 2005

Trotz aufwändiger Ausstattung und einer herausragenden Darstellerriege, die von Anthony Quinn über Laurence Olivier und Oskar Werner bis zu John Gielgud reicht, war die Verfilmung von Morris Wests Buchbestseller THE SHOES OF THE FISHERMAN im Jahre 1968 ein sowohl kommerzielles wie auch künstlerisches Debakel. Kein Wunder, denn unter Michael Andersons einfallsloser Regie wirkte das überlange und dialogüberfrachtete 70mm-Epos so klinisch steril, daß die angesprochenen Konflikte nunmehr unglaubwürdig wirkten. Anthony Quinn agiert dabei als aus sibirischer Gefangenschaft entlassener Erzbischof Kiril, der in Rom zum Papst gewählt wird und versucht, den drohenden dritten Weltkrieg zu verhindern, indem er das Vermögen der Kirche den Armen zur Verfügung stellt.

Am besten aus der Affäre zog sich einzig und allein Alex North, der für den Film einen prunkvollen epischen Score komponierte, bei dem er auf eine Riesenbesetzung von 103 Mann und ein zusätzlich noch verstärktes Bläserensemble zurückgreifen konnte. Bisher waren rund 35 Minuten der Musik auf einer alten MGM-LP von 1968 verfügbar gewesen. FSM hat nun jedoch den kompletten Score auf einem CD-Doppelalbum herausgebracht, wobei die prall gefüllte erste CD 60 Minuten der sinfonischen North-Filmmusik enthält. Daran schließen sich 17 Minuten mit acht Alternativ-Tracks an, während alle Source Music- Cues, die auf der alten LP teilweise etwas störend zwischen die orchestralen Stücke gemischt worden waren, extrapoliert und damit an den Anfang der zweiten Scheibe gesetzt wurden. Meines Erachtens eine überaus sinnvolle Entscheidung, denn so kommt jetzt erstmalig Norths brillantes dramaturgisches Konzept vollzur Geltung, das der Musik den Rang einer in sich schlüssigen und autonom fungierenden sinfonischen Dichtung verleiht.

North mußte sich bereits bei THE AGONY AND THE ECSTASY (1964) mit den Themenkomplexen Papsttum und kirchliche Macht gegenüber weltlicher Macht auseinandersetzen, und so nimmt es nicht Wunder, daß in THE SHOES OF THE FISHERMAN ganz ähnlich angelegte religiöses Stimmungen mit feierlichen Blechakkorden und noblen Streichern zelebriert werden. Übernommen hat er zudem fast wortwörtlich das Main Theme aus seinem kurz vor dem FISHERMAN entstandenen abgelehnten Score zu Stanley Kubricks 2001 (1968). Mit den darin enthaltenen wuchtigen Bläserfanfaren, die streng architektonisch durchformt und mit den so unverkennbaren, schroffen North-Dissonanzen gespickt sind, malt er die schauprächtigen Szenerien rund um den Vatikan aus, sowie die päpstlichen Krönungszeremonien.

Das eigentliche Thema für die Figur des Kiril ist sehr getragen und melancholisch gehalten und besitzt eine stark russische Einfärbung, die North nur ungern auf Drängen des Produzenten einfügte, die aber sehr gut zum Stil des restlichen Scores paßt. Vor allem erweist sich dieses Thema als sehr wandlungsfähig und wird in allen Facetten variationstechnisch ausgereizt – sowohl von der großen Streicherbesetzung wie in der «Ouverture» oder im kammermusikalisch reizvollen Duett aus Balalaika und Akkordeon. Mit dem dritten, sehr romantischen Thema charakterisiert North die brüchige Beziehung des von David Janssen gespielten Fernsehreporters zu seiner Frau sowie überhaupt die moderne römische Gesellschaft. Während es am Ende der Ouvertüre in einer wie eine Art Stilbruch wirkenden Big Band-Einkleidung auftaucht, funktioniert es dagegen umso besser in den farbig funkelnden Scherzi und in dem wunderbar subtilen Track «Consolation», in dem North durch seine vielfach geteilten hohen Streicher und durch seine herbe Lyrik besonders nachhaltig zu berühren weiß.

Die gesamte Komposition ist somit ein Paradebeispiel für Norths sensationelles Talent, neben dem äußeren Pomp mit seiner Musik auch die Seelenzustände der Charaktere voller Mitgefühl auszuloten. Die Klangqualität der vorliegenden Doppel-CD ist bestechend und stellt eine eindeutige Verbesserung gegenüber dem alten Album dar. Und wer sich ärgert, wieso FSM den North-Score nicht auf eine einzige CD gepackt hat, dem sei gesagt, daß CD 2 nebst drei Demo-Tracks aus Michel Legrands ICE STATION ZEBRA (1969), den FSM ja bereits vor kurzem in voller Länge veröffentlicht hat, immerhin noch die Album-Einspielung von Ron Goodwins WHERE EAGLES DARE (1969) enthält. Da kann man nicht klagen.

Stefan  |  2005

THE SHOES OF THE FISHERMAN
Alex North
FSM Vol. 7 No. 6
CD1: 77:10 | 28 Tracks
CD 2: 74:50 | 39 Tracks