5 Minuten und 23 Sekunden. So viel mehr Musik bekommt der eingefleischte Fan beim Kauf von Varèses Club-CD, die diesen Goldsmith erneut an den Mann (und selbstverständlich auch an die Frau) bringen will. Klingt zwar auf den ersten Blick nicht gerade nach viel, aber im Vergleich mit der ein oder anderen, nur minimalst erweiterten Goldsmith-Wiederveröffentlichung der jüngeren Vergangenheit ist das gar nicht so schlecht. Und wenn man bedenkt, dass The Omen dem Komponisten trotz eines konkurrenzstarken Jahrgangs seinen einzigen Oscar einbrachte, dann ist das eine Expansion, die mir trotz des relativ knappen Zusatzmaterials mehr oder weniger gerechtfertigt erscheint, und sie dürfte dank des Kult-Status des Scores denn auch Käufer ausserhalb des fanatischen Goldsmith-Zirkels anlocken.
Die richtungsweisende Genre-Musik, die ausserordentlich viel zur beängstigenden Stimmung des Horror-Klassikers beiträgt, muss wohl nicht mehr gross näher vorgestellt werden. Insbesondere der auf lateinisch intonierende, mal normal singende, mal flüsternde, mal gebetsartig monoton rezindierende, mal seufzende, mal qualvoll schreiende, mal drohende, teufelsbeschwörende Chor (Ave Satani)vermag dem Hörer stets aufs Neue eiskalte Schauer den Rücken hinunterlaufen zu lassen. Dem in nichts nach steht das Orchester, das vom subtilen, von unheilvollen Vorahnungen geprägten Suspense über vorantreibende Action bis zu eruptiven Gewaltausbrüchen alles bietet, was das Horrorfilmmusik-Herz begehrt.
Als totalen Kontrast dazu, und um den unbehaglichen Klängen zwischendurch ein wenig Einhalt zu gebieten, ersann Goldsmith mit dem Family Theme ein herzerwärmendes Lullaby, das ‒ meist Klavier und Holzbläsern anvertraut ‒diverse Stimmungen durchläuft und als im Film selbst nicht verwendeter Song The Piper Dreams (ein Gemeinschaftswerk von Goldsmith und seiner Ehefrau Carol, die für Text und Gesang verantwortlich zeichnete) den Score abschliesst.
Die sechs neu dazu gekommenen, allesamt recht kurzen Tracks sind sicherlich nicht unentbehrlich, aber der Goldsmith-Fan weiss schon längst: auch in der Kürze kann die Würze liegen. In den meisten Fällen sind es Variationen von Ave Satani und Family Theme. Hervorzuheben sind hier das mysteriöse Father Spiletto, das mit seinen Streichern und Flöten einen Moment der Besinnung gestattet, und Mother’s Death, wo Chor und adrenalin-pumpendes Orchester unweigerlich auf ein blutgefrierendes Finale zusteuern.
Als Leckerli bietet die CD zudem die vom Teneriffa Filmorchester unter Diego Navarro im Jahre 2009 entstandene, schon aus früheren Einspielungen bekannte, rund 11-minütige The Omen Suite als Erstveröffentlichung. Diese Interpretation vermag dank der Leidenschaft und dem Herzblut, die Musiker und Sänger hineinstecken, zu gefallen. Allerdings sind die Tempi manchmal gar arg straff.
Bis auf die Filmversionen von The Altar und The Dog, von denen nur noch Alternates existieren, präsentiert sich The Omen nun komplett. Aber wer weiss, vielleicht tauchen diese ja dann rechtzeitig zum 50-Jahre-Jubiläum des Films auf wundersame Weise doch noch auf, was dann eine erneute Veröffentlichung rechtfertigen würde. Robert Townsons Booklet-Text erhielt gegenüber der 1991 erschienenen De-Luxe-Edition nur ein den zusätzlichen Tracks geschuldetes Update, und klanglich darf man im Vergleich mit dieser auch keinen Quantensprung erwarten. Eines aber bleibt sich gleich: an der Höchstnote für diesen Goldsmith-Meilenstein führt kein Weg vorbei.
THE OMEN Jerry Goldsmith Varèse Sarabande VCL 1016-1175 65:11 Min. / 27 Tracks Limitiert auf 3000 Stück