Unweigerlich musste der weltweite Erfolg des mit 22 Millionen US-Dollar budgetierten Gruselschockers THE NUN (2018) zu einem Sequel führen – auch wenn dieser nun gut 100 Mio. $ unter den weltweit 366 Mio. $ des Originals zu stehen kommt. Wieder mit von der Partie sind Taissa Farmiga, Jonas Bloquet und Bonnie Arons, ansonsten ist seitens Crew beinahe jede Stelle neu besetzt worden. So auch auf Komponistenseite: Statt Abel Korzeniowski, der einen starken Horrorscore zu «Teil 1» hinlegte und dessen NOCTURNAL ANIMALS (2017) ich nach wie vor für einen der besten Scores jenes Jahres halte, hat Marco Beltrami das Zepter übernommen. Beltrami ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt, wenn es um Horrorfilme geht und so durfte man gespannt sein, was uns der kürzlich 57 Jahre alt gewordene Komponist hier bietet.
Eröffnet wird THE NUN II mit «The Nun’s Story», einer der besten Tracks des Scores, der auch eines der wichtigsten Themen beinhaltet, das etwa ab der Hälfte des Stücks zu hören ist. Ein weiteres Motiv, das Beltrami öfters einsetzt, wird in «The Nun Too» zunächst vom Chor gesungen, ehe es in einem kräftigen crescendo endet. Der Score macht einen dramatischen Bogen und beginnt mit «They Deliver, They Die» mehr und mehr ins atonal Suspense trächtige überzugehen mit col legno, Schagwerk, Chor und elektronischen Elementen («Crime Scene») – und den stets präsenten Streichern. Beeindruckend sind «It’s You Maurice», «Cucaracha Boca», «The Bell Tower» und «Nun or Goat» oder die mit den Themen arbeitenden «I’ll Have the Red» und «Release the Beast Maurice». Abgeschlossen wird THE NUN II «Goodbyes», das mit seiner ruhigen Art den Score zu einem Finale mit Durchschnaufeffekt und dennoch leiser Spannung kommen lässt.
Alles in allem: Das, was Korzeniowskis Score so besonders machte, die beachtliche Art des Einsatzes von Orchester und Chor, wird bei Beltrami weitaus traditioneller geführt was einen Horrorscore anbelangt. Oder man könnte auch sagen, Beltrami ist hier ein klein wenig den sichereren Weg gegangen – playing it safe, wie es so schön heisst – und so ist THE NUN II ein durchwegs routinierter, stellenweise starker und sicher überdurchschnittlicher Genrescore, der sich im Mittelteil etwas zähflüssig präsentiert. Ein bisschen mehr dürfte der Beltrami-Fan vielleicht erwartet haben, der eher traditionell gespulte Horrorfan wird hier aber bestens mit einem tollen orchestralen Gruselscore bedient. Schade ist die Musik bisher nur als Download erhältlich.
| Phil, 19.10.2023
THE NUN II
Marco Beltrami
WaterTower Music
57:00 | 20 Tracks