The Mummy (1959)

Review aus The Film Music Journal No. 21, 2000

„This is Christopher Lee…!” Mit Grabesstimme meldet sich mitten im ersten Track eine der Ikonen des untergegangenen Hammer-Filmstudios, um die Originalsoundtrack-CD zu Terence Fishers THE MUMMY, 1959 als erstes Remake des gleichnamigen Karloff-Klassikers (1932) gedreht, einzuleiten. Noch hat man sich nicht entschieden, ob man sich ärgern soll, weil die grandiose Musik zerredet wird, oder freuen, weil der snobistische Mime ein Geleitwort für würdig erachtete; da wird einem die Entscheidung abgenommen: Track 2 bringt den «Main Title» nochmals, diesmal ohne Worte. Und so gilt es zunächst erst einmal alles zu vergessen, was man mit dem Musikstil des Hauses Hammer assoziiert: die nervtötenden Clusterketten vor allem, die James Bernard so gern verwendet, aber auch die oft bieder komponierten Begleitklänge für halbgare Horrorabenteuer.

Auftritt Franz Reizenstein, dem gewöhnlichen Filmmusikfan wohl kaum ein Begriff, sein Name klingt selbst wie der eines Gruselbarons aus der Hammer-Retorte. Und tatsächlich war diese erste in Farbe gedrehte Mumien-Verfilmung sein «Leinwanddebüt», ein klingendes natürlich. Zuvor hatte der 1911 in Nürnberg geborene, nach 1933 vor den Hakenkreuzen nach England entflohene Reizenstein Konzerte und Kammermusik komponiert. Alte Schule also, und das souverän bewältigte Handwerk spürt man in jedem Stück. Der besagte «Main Title» etwa wartet nach einem fulminanten Auftakt mit dem aus den Nähten platzenden Hauptthema auf, dessen Chorhintergrund ohne weiteres auf heutige Verwendungen solcher Genrekunstmittel (Young, Davis) vorausweist.

THE MUMMY ist aber insgesamt ein Score, dem man über die gesamte Strecke bestens zuhören kann: meist tonal, in formaler Hinsicht transparent, mit Motiven ausgestattet, die nicht überstrapaziert werden, aber gerade so häufig eingewoben sind, dass man sie freudig begrüßt, wenn sie wiederkehren.

Wie in fast jedem Score gibt es ein paar filmunabhängig nicht sehr aussagekräftige Stücke, aber insgesamt kann man Christopher Lees Einschätzung nur unterstreichen: dies ist die beste je für einen Hammer-Film komponierte Musik. Ich habe sie mittlerweile häufiger gehört als Goldsmiths gefeierte Partitur für den letztjährigen Neuaufguss des Stoffes.

Matthias  |  2000

THE MUMMY
Franz Reizenstein
GDI Records
57:45 | 28 Tracks