The Mean Season

Ein Serienkiller, der sich einem berufsmüden Zeitungsreporter anvertraut und ihm seine geplanten Morde ankündigt: ein Plot, der immer mal wieder für einen Psychothriller gut ist, aber 1985 noch relativ innovativ gewesen sein mag. Ich kenne The Mean Season nicht, aber der mit Kurt Russell, Mariel Hemingway, Andy Garcia, Richard Masur und vor allem dem viel zu früh verstorbenen Richard Jordan gut besetzte und im trendigen Miami angesiedelte Krimi soll ganz ordentlich sein, auch wenn er nicht ganz hält, was er zu Beginn verspricht.

Entstanden zu einer Zeit, als die elektronische Filmmusik in voller Blüte stand, dürfte Lalo Schifrins vorwiegend orchestraler Score im Filmkontext wohl etwas altmodisch wirken, wohingegen sich die Mischung aus Neo-Film-Noir, sensibler Romantik, von Bernard Herrman beeinflusster Dramatik und ein paar ansprechenden Source-Cues auf CD ganz gut macht.

«Mean Season» ist die Bezeichnung für jene Jahreszeit, in der Florida oft unter Hurricans leidet. Darauf dürfte Schifrin mit orchestralen Windbewegungen, welche die Trompete im Main Title umwehen, Bezug nehmen. Das vom Soloblech intonierte Hauptthema ist wohl dem Kurt-Russell-Charakter zugedacht, denn es wird sehr variationsreich verarbeitet und taucht sowohl in Begleitung des Liebesthemas als auch in atonalen Suspens- und dynamischen Actionpassagen auf.

Das Liebesthema, meist in Händen von Klavier und Holzbläsern, erfährt in Old Movie Strings eine reizvolle Golden-Age-Variante. In At The Top Of The Bridge und Everglades sind besagte Herrmann-Hommagen zu hören, wobei letzterer mit frenetischen Waldhörnern eindeutig auf On Dangerous Ground anspielt. In beiden Fällen kann man jedoch nicht von plumpen Plagiaten sprechen, denn Schifrins Handschrift behält stets die Kontrolle.

Ein paar kleine, prägnante Tracks erinnern daran, dass wir uns in der Welt des Journalismus befinden. Den wenigsten ist vielleicht bewusst, dass die aufregend tickenden News-Jingles, die uns allen vertraut sind, ihren Ursprung in einer kurzen Sequenz aus Cool Hand Luke haben. Wieso sollte also der Schöpfer nicht selbst Gebrauch von dieser Zweckentfremdung machen? So geschehen vor allem bei Telenews, das den Paul Newman-Film am deutlichsten in Erinnerung ruft.

Mit diesem Titel sowie dem gleichentags veröffentlichten Maxie von Georges Delerue präsentiert Intrada ein neues Format, das den Vorlieben aller Sammler gerecht werden soll. «The Album» offeriert einen möglichst optimalen Hörgenuss, «The Extras» erfreut vor allem diejenigen, die jeden Musik-Schnipsel begehren. Angesichts der Tatsache, dass die Extras praktisch nur aus sehr kurzen Tracks bestehen, kann man sich leicht ausmalen, dass der komplette Score ein ziemliches Stückwerk wäre. Wer über genügend Zeit und Geduld verfügt, kann sich diesen aber anhand der im Booklet abgedruckten Sequenzierung selbst zusammenbasteln.

The Mean Season ist ‒ und das lässt sich leider nicht über alle Schifrins aus den 1980er-Jahre sagen ‒ ein recht gehaltvoller Score, und damit hat Intrada einen guten Griff getan, um das Fan-Herz zu erfreuen.

Andi, 6.8.2010

 

THE MEAN SEASON

Lalo Schifrin

Intrada Special Collection Volume 138

77:52 Min. / 55 Tracks

Limitiert auf 1200 Stk.

 

 

 

 

 

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