Als The Hurt Locker auf meinen Tisch flatterte, wusste ich mit dem Film kaum wenig anzufangen. Die Besetzung und die Regisseurin weckten aber doch einiges Interesse. Kathryn Bigelow, die Frau, die gerne in ihren Filmen mal wild um sich schiessen lässt, macht eigentlich grundsolide Filme mit ebensolchem Handwerk (Strange Days war bisher neben dem unterkühlten Blue Steel mein Bigelow-Favorit).
The Hurt Locker erzählt von den letzten Diensttagen einer Bombenentschärfungs-Einheit im Irak. Der neu zu ihnen gestossene Bombenspezialist, Seargent James, ist ein Draufgänger, der sich mit betonter Gleichgültigkeit wie ein Todeshungriger in dem lebensgefährlichen Umfeld bewegt. Seine zwei Kollegen sehen das freilich nicht gerne, denn 1. sollte das Team als Team funktionieren, was es mit James nicht tut und 2. möchten sie in 30 Tagen lebend und nicht in einer Holzkiste nach Hause!
Der Film zeigt die Arbeit der Spezialeinheit in einer trüben, niedergeschlagenen Atmosphäre, in einer Art Ausweglosigkeit und Ausgeliefert sein. Bigelow glorifiziert nicht, auch verzichtet sie auf moralisches Zeigefingerheben. Sie stellt unterschwellig unbequeme Fragen, bleibt kühl und distanziert beobachtend und zeigt Irak für den US-Soldaten als staubiges und ständig vom Tod umgebenes Trübsal. The Hurt Locker ist, wenn man den Vergleich denn haben muss, eine Art Platoon für den Krieg gegen den Terror in Irak.
Wieso dem Film bei uns keine Chance in den Kinos eingeräumt wurde, bleibt schleierhaft. Es ist aber eine Tatsache, dass gerade das europäische Publikum eher schlecht auf amerikanische Filme zum Thema Irak reagiert. Eigentlich schade, denn Bigelows Streifen ist überdurchschnittlich gut. Gut gespielt (Renner ist Klasse als Pott rauchender Bombenfreak), hervorragend gemacht und mit zwei, drei Überraschungen versehen. Auf alle Fälle ist der Streifen besser als vieles was 2009 aus Hollywood in die Kinos kam.
Sicherlich wird The Hurt Locker mit den vielen Oscarnominationen jetzt noch ein rechter Anteil Publicity bescherrt und die DVD dürfte sich ganz gut verkaufen. Interessanterweise riet Ex-Ehemann James Cameron Bigelow übrigens dazu, den Film zu machen. Nun sind Cameron und Bigelow nominiert und ihre Filme haben die meisten Nominationen für die Verleihung 2010 erhalten.
Bomben-Musik
Weshalb die Musik von Marco Beltrami und Buck Sanders mit einer Nomination bedacht wurde, ist mir allerdings etwas schleierhaft. Der Score ist eigentlich mehr Soundkonzept als Komposition, einen greifbar dramaturgischen Anteil an sich konnte ich nicht gross spüren (was freilich auch der falsche Weg für einen Film wie The Hurt Lockergewesen wäre). Umso mehr fliesst der Übergang Musik/Toneffekte eben nahtlos und gibt der Score die im Film vorhandene, beklemmende Paranoia wieder. Die Musik ist also sehr zurückhaltend, atmosphärisch und zum grössten Teil rein elektronisch. Aber mit den «besten Musiken 2009» genannt zu werden, da würde ich eher ein Fragezeichen setzen.
Für Beltrami ist dies nun bereits die zweite Nomination nach 3:10 to Yuma. Bei Sanders findet man diverse Credits als „score co-producer“ zB. für Beltramis Knowing, Live Free Die Hard, The Omen, Hellboyund für „additional music“, ebenfalls hauptsächlich bei Beltramis Werken und bei Max Payne teilten sich die beiden erstmals den „Music by“ Titel. Zeitig mit der Oscarnominierung ist bei Lakeshore der Score (zur Rezi von Basil Böhni) erschienen, der knappe 30 Minuten präsentiert – viel mehr dürften es auch im Film nicht gewesen sein.
Phil, 6.2.2010
THE HURT LOCKER Regie: Kathryn Bigelow Darsteller: Jeremy Renner, Anthony Mackie, Ralph Fiennes, Guy Pearce u.a. Musik: Marco Beltrami, Buck Sanders Verleih: Concorde (Warner)