The Horse Whisperer

Review aus The Film Music Journal No. 15, 1998

Robert Redfords seit langem erwartete Adaption von Nicholas Evans Roman THE HORSE WHISPERER wurde erst in zweiter Instanz von Thomas Newman mit Musik versehen. John Barry war zu Beginn im Rennen, fiel dann aber wegen gewissen Differenzen weg. Ähnlich erging es ja schon Elmer Bernstein bei Redfords A RIVER RUNS THROUGH IT, welcher von Mark Isham so meisterhaft untermalt wurde. Es waren also bereits gewisse Erwartungen an diesem Score vorhanden. Nachdem die Veröffentlichung ein bisschen auf sich warten liess, kann nun endlich Newmans Arbeit bewundert werden. Und verstehen wir uns recht, es ist ein Bewundern.

Etwas über 55 Minuten Musik sind auf der CD, jedoch wirkt sie in ihrer zeitlosen Präsentation irgendwie kürzer. Die Cues reichen von Country-Rough-Ridin› bis hin zu Gänsehaut-erregenden Tracks à la THE SHAWSHANK REDEMPTION. Angus ist denn auch, getragen von einer Gitarre, mit einem fetzigen und auch etwas frechem Drive durchtränkt, das Thema kehrt während der CD desöfteren wieder. Double Divide, geht da schon in eine andere, typischere Richtung. Ruhig, besonnen, ja schon fast andächtig präsentiert sich hier ein Americana, welches vielleicht in seiner schlichten Aufmachung auch ein klein wenig an Basil Poledouris superben WAR AT HOME erinnert. Das Thema ist, wie so häufig bei Arbeiten von Thomas Newman, irgendwo weit weg, bricht nur allmählich durch, ist aber, bei genauerem Hinhören, allgegenwärtig. There Was Snow (Opening) ist so leise, dass die Stille schon fast schmerzt. Der Schnee fällt, das Klavier fängt die trägen Flocken auf, verwandelt sie in Noten und lässt sie sanft zu Boden gleiten. Das Thema materialisiert wie eine Gestalt im Nebel, geisterhaft und verschwommen. Wir wissen aber, dass es da ist. Montane, wie könnte es nicht anders sein, beinhaltet ein eigenes, neues Thema. Es erinnert vielleicht an OSCAR AND LUCINDA, im Aufbau sogar ein bisschen an die Flucht aus THE SHAWSHANK REDEMPTION.

Das Americana wächst, bäumt sich auf, Bläser, Streicher, sie alle kommen zum Einsatz. Die Stimmung ist erhebend (oder ist das erbebend?), kräftig, majestätisch. Viel später treffen wir den direkten Verwandten: The Vast Continent. The Rhythm Of The Horse zelebriert mit wilder Intensität den Willen des Pferdes sowie das Verständnis für dieses starke Geschöpf. Romantisch und bezaubernd ist Ranchers Wife, ein Schuss Tragik macht den Cue noch interessanter. Newman arbeitet verhalten, verbirgt sein Talent hinter einem scheinbar minimalen Aufwand, trotzdem lässt der Komponist der Musik den Freiraum, die sie benötigt. Die Stille wird immer lauter, ohne dass die Nadel der Lautstärke mehr oder weniger ausschlägt. Flöten und Streicher bestimmen das Bild, ein Klavier dient als Gewürz und verleiht dem Ganzen den Charakter. THE HORSE WHISPERER erscheint streckenweise spröde und unnahbar, ist jedoch eher melancholisch, wortkarg. Wie an einem einsamen Novembermorgen auf dem Feld.

Steve  |  1998

 

THE HORSE WHISPERER

Thomas Newman

Hollywood Records

57:56 | 28 Tracks