The Great Gatsby (bluray)

Romeo & Juliet, Australia, Moulin Rouge… und schon schwant einem auf was man sich visuell einlässt. Wie übertrieben Baz Luhrmann The Great Gatsbyallerdings handhaben würde, hätte ich mir nicht träumen lassen, wenn auch die Ansage eine F. Scott Fitzgerald Literaturverfilmung als 3D Film in die Kinos zu schieben, Schweissperlen auf die Stirn trieb.

Schon die 1974er Verfilmung mit Robert Redford, Bruce Dern und Mia Farrow war ein üppiges Werk, nicht nur optisch, ganz besonders aber inhaltlich. Ausserdem hinterliess Jack Claytons Version einige mysteriöse Pfade, die dem Film gut getan haben. Baz Luhrmann will hingegen alles zeigen, dem Zuschauer für alles und jeden völlig unnötigerweise eine Erklärung geben. FSK ab… 6?

Doch es ist der überbordernde Luhrmann Stil, der die grosse Knacknuss bei Gatsby 2013 ist. Roaring Twenties. Sicherlich. Aber meine Güte, diese gestageden Tanzeinlagen, das musikalische Mischmasch aus orchestralem Score, hip-hopen period songs und was weiss ich noch alles. Alles ist gross und grösser. Die Farben, die Kostüme, so mancher Charakter, das Feuerwerk, New York. Wie angenehm, dass Leonardo Di Caprio fast schüchtern zurückhaltend spielt und seine Explosion im Plaza Hotel umso heftiger ausfällt.

Wenn aber 400 Leute choreographisch peinlichst genau zu modernen Klängen Charleston tanzen, wirkt das derart übertrieben, es bleibt eigentlich nur ein Kopf schütteln. Luhrmann und seine Produzenten, darunter ein beim jungen Publikum als Jay-Z sicher nicht Unbekannter, überschreiten Grenzen (ich frage mich ob man als Plus-40er schlicht zu limitiert bei der Aufnahme an optischen und tonalen Eindrücken ist? Uff!), weiten Genres aus (Musical-Literaturdrama-Kostümtanzfilm?) ohne Rücksicht.

Buchanans Affäre mit der Frau des Werkstattbesitzers gerät im ganzen Tohuwabohu an optischen Eindrücken (wieso erinnern mich die computerisierten Kamerafahrten bloss an Lord of the Rings?) und auflösenden Erklärungen ins Hintertreffen, anders als sie Clayton in seiner Version als wichtigen Erzählstrang einbaut. Die unwirtliche Gegend, in der die Werkstatt liegt, wird zwar optisch überdeutlich, aber auch fremdartig unrealistisch gezeigt.

Neben DiCaprio geht ein Bravo an Carey Mulligan als Daisy, dafür ein grosses Daumen runter für Tobey Maguire in der Rolle, aus deren Sicht der Film erzählt wird. Gerade die ersten 30 Minuten bestreitet Maguire als Augen rollender, naiv lächelnder „Peter Parker Klon“ – eine absolute Fehlbesetzung. Fast kriegt er gegen Ende die Kurve, die Eindrücke vom Anfang wiegen aber deutlich zu schwer.

Fazit: zu laut, zu knallig, zu fest aufs Auge gedrückte und weit, weit übertrieben gestaltete Adaption des amerikanischen Literaturklassikers. Hat man auf sowas keine Lust, krame man die 74er Verfilmung hervor!

Der arme Craig Armstrong, ist man fast genötigt zu meinen. Sein Score an sich geht völlig unter. Der Eindrücke sind derer zu viele, als dass man Armstrong haftend rausfiltern könnte, immerhin kann man sich den „Orchestral Score from Buz Luhrmann’s Film“ separat und abseits von Kanye West, Fergie und Beyoncé anhören. Bei uns als Download oder bei amazon.com als CD.

Phil, 29.10.2013

THE GREAT GATSBY

R: Baz Luhrmann

D: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan u.a.

Musik: Craig Armstrong

Verleih: Warner Home (blu-ray)