Review aus The Film Music Journal No. 28, 2002
THE CELL (2002) ist vor allem eins: ein meisterhaft beherrschtes Chaos berauschender Klänge! Shore verzichtet weitgehend auf harmonische oder gar eingängige Melodieführung. Stattdessen bietet er einen orientalischen Einfluß, der sich hauptsächlich durch Percussion, aber auch durch andere Instrumente, wie Flöten, bemerkbar macht. Hauptsächlich begründet sich dieser Einfluß durch die bereits am Anfang des Films gezeigte Gedankenwelt eines Chomapatienten. Durch Weiterentwicklung dieser eingeschlagenen Stilrichtung schafft es Shore, die orientalische Note zwar nicht aus den Augen zu verlieren, sie aber dennoch so abzuwandeln, daß sie auch zum Rest der Handlung hervorragend paßt.
Böse Zungen würden diese Klangwelt einfach nur als Krach abtun. Wer aber für solche Klänge empfänglich ist, kann nicht anders, als dieses Album zu genießen. Viele der Stücke sind vielschichtig, wie komplexe und wirre Träume, ganz analog zu den dargestellten Gedankenwelten der Hauptpersonen. Orientalisches vermischt sich mit markanter Percussion und Orchester zu einem undurchdringlich scheinenden, aber eindringlichen und doch strukturierten Klangerlebnis, das einen bisweilen wie eine Flutwelle zu ergreifen scheint.
Zwar bietet der Film visuell enorm beeindruckende Szenen aus der unterbewußten Gedankenwelt. Ohne Shores brillante Untermalung aber wären diese Szenen längst nicht so eindringlich, da sie fast nur auf Optik ausgelegt sind und daher oft oberflächlich wirken. Er schafft es also, Musik und Bild perfekt miteinander zu verschmelzen und den Visionen des Regisseurs derartig Leben einzuhauchen, daß man glaubt, es mit echten, bildgewordenen Albträumen zu tun zu haben.
Aus Homogenitätsgründen sollte man übrigens auf Track 20 verzichten.
Klaus, 2002
THE CELL
Howard Shore
Silva Screen Records FILMCD 346
59:37 Min.
20 Tracks